Zwölf Gäste für ein Land, das sich öffnen wollte. Mehr braucht es nicht, um den Abstand zwischen politischem Wunschbild und realem Echo zu messen. In Nordkorea steht ein Resort, das gebaut wurde, um ein Versprechen zu verkörpern: Wohlstand, Internationalität, Modernität. Doch wo keine Welt hineindarf, bleibt selbst das glänzendste Symbol leer.
Kim Jong-un ließ sich feiern, als er das Wonsan Kalma Coastal Tourist Resort im Juni eröffnete. Er nannte es ein "erstklassiges touristisches und kulturelles Reiseziel". Auf Plänen finden sich 43 Hotels, ein Wasserpark, ein Theater, Campingplätze, sogar eine künstliche Lagune. Bereits seit Ende Juni ist das Resort auch für nordkoreanische Gäste zugänglich
Die Realität ist kleiner: Eine russische Reisegruppe mit zwölf Personen kam am 7. Juli, zum ersten Mal überhaupt. Zwei weitere Gruppen sind angekündigt. Aus China, dem anderen angepeilten Herkunftsland, bietet bislang kein Veranstalter Reisen an.
"Als das Wonsan-Touristengebiet ursprünglich geplant wurde, war die Idee, etwa eine Million Touristen in das Gebiet zu locken, während es eine abgeschlossene Zone bleiben sollte", sagt Ri Jong Ho der "BBC".
Er ist ein hochrangiger nordkoreanischer Wirtschaftsbeamter, der an der frühen Planungsphase des Resorts beteiligt war und 2014 übergelaufen ist: "Die Absicht war, Nordkorea ein wenig zu öffnen." Das Ziel: dringend benötige Devisen ins Land bringen.
Die architektonische Inspiration für das Projekt kam 2017 aus Spanien: Eine nordkoreanische Delegation besuchte damals Benidorm, den ikonischen Badeort an der Costa Blanca, um touristische Großanlagen zu studieren.
Bereits 2018 standen laut Satellitenanalysen rund 80 Prozent der Anlage. Dann stagnierte der Fortschritt, bis nach einem Treffen zwischen Kim und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im Juni 2024.
Die Zusage, russische Touristen zu schicken, reichte offenbar aus, um die Bauarbeiten wieder aufzunehmen. Ob alle 43 Hotels tatsächlich fertiggestellt und betriebsbereit sind, lässt sich nicht verlässlich bestätigen.
Gebaut wurde aber vor allem unter harten Bedingungen. Die Vereinten Nationen weisen auf den Einsatz sogenannter Schockbrigaden hin. "Es gibt Berichte, wonach das Resort mit sogenannten Schockbrigaden gebaut wurde", sagt James Heenan vom UN-Menschenrechtsbüro in Seoul gegenüber der BBC.
Diese Brigaden bestehen aus Zwangsarbeitern, die extremen Belastungen ausgesetzt sind. Der ehemalige Brigadeleiter Cho Chung Hui erinnert sich: "Das Prinzip hinter diesen [Brigaden] war, dass man die Aufgabe unter allen Umständen erledigen musste – selbst wenn es das eigene Leben kostete."
Neben der Arbeit war auch der Ort umstritten. Anwohner:innen berichten von Zwangsumsiedlungen, oft ohne Entschädigung. "Sie reißen einfach alles ab und bauen etwas Neues – besonders, wenn der Standort gut ist", sagt Kang Gyuri, eine geflüchtete Nordkoreanerin der "BBC". "Das Problem ist: So ungerecht es sich auch anfühlt, die Menschen können nicht offen sprechen oder protestieren."
Satellitenbilder belegen den Abriss alter Gebäude entlang der Zufahrtsstraße, ersetzt durch größere Hochhäuser. Die Reise zum Resort kostet rund 1800 US-Dollar pro Person, etwa 60 Prozent eines durchschnittlichen russischen Monatseinkommens.
Das Preisniveau sowie die schwache touristische Infrastruktur im Land selbst gelten als weitere Gründe für das bislang geringe Interesse, zusätzlich zur restriktiven Reiseorganisation.
Der Russland-Nordkorea-Experte Andrei Lankov glaubt deswegen auch nicht an große Nachfrage: "Russische Touristen können problemlos in Länder wie die Türkei, Ägypten, Thailand und Vietnam reisen, die allem, was Nordkorea entwickeln kann, weit überlegen sind."