In Chemnitz sind nach einem tödlichen Streit am Sonntag Hunderte Menschen durch die Innenstadt gezogen.
Steffen Seibert sagte in Berlin: "Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft, oder der Versuch, Hass auf den Straßen zu verbreiten, das nehmen wir nicht hin."
An dem Streit sind laut Polizei nach ersten Ermittlungen maximal zehn Personen mehrerer Nationalitäten beteiligt gewesen. Das 35-jährige Opfer starb im Krankenhaus an seinen Verletzungen. Zwei weitere verletzte Männer im Alter von 33 und 38 Jahren wurden ebenfalls ins Krankenhaus gebracht.
Mehrere Medien berichteten zunächst, dass eine Belästigung der Auslöser für die Auseinandersetzung gewesen sei. Die "Bild" schrieb etwa, das Opfer des Messerangriffs habe Frauen helfen wollen, bevor er tödlich verletzt wurde. Die Polizei Sachsen stellte jedoch klar, dass es für diese Behauptung bislang keine Anhaltspunkte gebe.
Die Polizei hat zwei 22 und 23 Jahre alte Männer vorläufig festgenommen, die sich vom Tatort entfernt hätten. Zu deren Nationalität wollten die Beamten zunächst keine Aussage machen, da noch geprüft werde, ob und wie diese in die Auseinandersetzung involviert gewesen seien. Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln wegen Totschlags.
Laut der Polizei hatte es am Sonntag mehrere Aufrufe im Internet gegeben, sich in der Innenstadt einzufinden. Auch die Chemnitzer AfD hatte für eine "Spontandemo gegen Gewalt" auf ihrer Facebook-Seite mobilisiert. Den Angaben nach hatten sich daraufhin zunächst gegen 15 Uhr rund 100 Menschen versammelt. Diese Zusammenkunft sei störungsfrei verlaufen. Diese Versammlung ging auf einen Aufruf der Alternative für Deutschland (AfD) zurück.
Dem folgte eine weitere Versammlung um 16.30 Uhr. Zu dieser Versammlung hatte laut Medienberichten die rechte Ultragruppe "Kaotic Chemnitz" aufgerufen. Bei der zweiten Versammlung nahmen laut Polizei rund 800 Personen teil.
"Die Personengruppe reagierte nicht auf die Ansprache durch die Polizei und zeigte keine Kooperationsbereitschaft", teilten die Beamten mit. Die Gruppierung habe sich plötzlich in Bewegung gesetzt. Die Polizei sei zunächst nur mit geringen Kräften vor Ort gewesen, hieß es weiter. Weitere Einsatzkräfte kamen zu diesem Zeitpunkt aus Dresden und Leipzig.
Die gesamte Nacht über waren verstärkt Einsatzkräfte im Stadtgebiet unterwegs. "Es war ruhig. Es gab keine besonderen Ereignisse in der Nacht", sagte ein Sprecher der Polizei.
Die rechtsextreme Gruppe "Pro Chemnitz" rief dazu auf, sich am Abend erneut zu versammeln. Ein Aufruf zu der rechtsextremen Versammlung wurde in den Sozialen Medien über Nacht mehrere tausend Mal geteilt.
Antifaschisten haben unterdessen eine Gegendemonstration angekündigt und mobilisierten auch aus den sächsischen Großstädten Dresden und Leipzig.
"Wenn ich sehe, was sich in den Stunden am Sonntag hier entwickelt hat, dann bin ich entsetzt", sagte Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) dem MDR. "Dass es möglich ist, dass sich Leute verabreden, ansammeln und damit ein Stadtfest zum Abbruch bringen, durch die Stadt rennen und Menschen bedrohen – das ist schlimm."
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wollte die Vorfälle in Chemnitz zunächst nicht kommentieren. "Ich möchte zunächst einen authentischen Bericht der Verantwortlichen", sagte er am Montag am Rande eines Termins im bayerischen Freilassing. Er warnte die Politik in dem Zusammenhang davor, Dinge zu schnell beurteilen zu wollen.
(gam/pb/fh/dpa/rtr)