Dominique Emerich (links) ist große Befürworterin von Friedrich Merz (rechts).Bild: privat
Deutschland
15.01.2021, 15:0415.01.2021, 22:40
Als der große Frauen-Versteher gilt er gemeinhin nicht: CDU-Politiker Friedrich Merz, der am Samstag zum neuen Parteivorsitz gewählt werden könnte, hat schon einige Kontroversen in Hinblick auf die Geschlechtergleichstellung ausgelöst.
Immer wieder wird Merz mit dem Vorwurf konfrontiert, 1997 gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe gestimmt zu haben. Damals hatte sich eine Mehrheit aus SPD, Grünen, PDS (einer Vorläuferpartei der Linken) sowie aus einigen Abgeordneten von CDU und FDP dafür ausgesprochen, dass Vergewaltigung in der Ehe als Straftat ins Strafgesetzbuch kommt. Merz stimmte dagegen. Nur zwei Jahre zuvor, 1995, hatte Merz gegen das "Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz" votiert, dass eine Liberalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen vorsah.
Und obwohl Merz anlässlich des Weltfrauentags am 8. März sagte, dass seiner Erfahrung nach gemischte Teams aus Frauen und Männern besser zusammenarbeiteten, hat er sich letztlich gegen eine weibliche CDU-Generalsekretärin entschieden, die er ursprünglich einstellen wollte. Stattdessen will er – falls er zum Parteichef gewählt wird – am amtierenden Paul Ziemiak festhalten: "Gut acht Monate vor der Bundestagswahl den Parteivorsitzenden und den Generalsekretär auszutauschen, ist ein viel zu großes Risiko. Das sollte man ohne Not nicht tun", sagte Merz der Deutschen Presse-Agentur.
Auch Frauen unterstützen Friedrich Merz
Trotz starken Gegenwinds vor allem von weiblicher Seite bedankte sich Merz am Mittwoch auf Twitter für die Unterstützung vieler Frauen, die er erfahre und die maßgeblich für seinen Erfolg mitverantwortlich seien:
Und auch, wenn viele Menschen sich Frauen in den Reihen seiner Unterstützer nicht vorstellen können, gibt es sie doch. Eine von ihnen ist Dominique Emerich: Die CDU-Politikerin ist bei der Landtagswahl im März in Baden-Württemberg Kandidatin für den Landkreis Bodensee und hat die Aktion "Wir Frauen für Merz" ins Leben gerufen. Privat ist die 37-Jährige übrigens liiert mit Tilman Kuban, dem Bundesvorsitzenden der Jungen Union, die sich ebenfalls für Merz als Parteivorsitz positioniert hat.
Watson hat mit Emerich darüber gesprochen, warum Merz auch Unterstützung von weiblicher Seite erlebt, was es mit der Kritik um die Abstimmung zur Vergewaltigung in der Ehe aus ihrer Sicht auf sich hat und ob der CDU-Politiker ein Kanzler für die Frauen wäre.
"Ich höre immer wieder die Leute, die sagen, die Frauen seien per se gegen Merz."
watson: Am Samstag wird über den neuen Parteivorsitz abgestimmt, zur Wahl stehen mit Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen nur Männer. Inwiefern fühlen Sie sich als Frau da gut vertreten?
Dominique Emerich: Wir haben ja jetzt seit 20 Jahren eine Parteivorsitzende, seit 16 Jahren eine Kanzlerin und stellen die EU-Kommissionsvorsitzende – von Angela Merkel über Annegret Kramp-Karrenbauer bis hin zu Ursula von der Leyen. Deswegen ist es jetzt auch nicht so schlimm, wenn mal wieder ein Mann zur Abwechslung an die Spitze kommt.
Sie haben im vergangenen Frühjahr die Aktion "Wir Frauen für Merz" ins Leben gerufen. Wie kam es dazu?
Ich höre immer wieder die Leute, die sagen, die Frauen seien per se gegen Merz: Landläufig heißt es ja, Frauen hätten keinen Bezug zu ihm oder er würde ihre Interessen nicht vertreten. Das sind Behauptungen, die so einfach nicht stimmen und ich kenne sehr viele Frauen, die das überhaupt nicht so empfinden.
Mit meiner Aktion wollte ich mit diesem Klischee aufräumen, dass Frauen sich nicht für einen Kandidaten wie Merz positionieren können. Gestartet bin ich mit "Wir Frauen für Merz" Ende Februar vergangenen Jahres, kurz vor Beginn der Pandemie. Anfangs habe ich jeden Tag die Statements mehrerer Frauen gepostet, die erklärt haben, warum sie Merz unterstützen. Wegen der Pandemie unter der Verschiebung des Parteitages habe ich es dann etwas heruntergefahren, mittlerweile poste ich wieder täglich einige Statements von Frauen.
"Ich glaube, die CDU braucht gerade ein bisschen mehr Mut, auch mal anzuecken, und einen Parteivorsitzenden, der ein klares Ja oder Nein formuliert, nicht immer nur etwas dazwischen."
Warum sollten Frauen Merz unterstützen?
Was ich an ihm schätze, ist, dass er so schnörkellos und geradlinig agiert. Merz spricht auch mal unbequeme Wahrheiten aus. Ich glaube, die CDU braucht gerade ein bisschen mehr Mut, auch mal anzuecken und einen Parteivorsitzenden, der ein klares Ja oder Nein formuliert, nicht immer nur etwas dazwischen. Das erwarten die Menschen schließlich von Politikern. Röttgen und Laschet sind natürlich auch gute Kandidaten und sie machen auch einen guten Job. Aber wenn es mit Merz klappte, wäre es natürlich besonders toll.
Dominique Emerich wird am 14. März bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg antreten. Jörg Bluhm
Die Frauen-Union hat sich vergangene Woche geschlossen gegen Merz positioniert. Was halten Sie davon?
Die Frauen-Union hat sich in diesem Sinne nicht explizit gegen Merz ausgesprochen, sondern für Röttgen und Laschet.
Aber es sind ja nur drei Kandidaten.
Ich finde es nicht korrekt - zumal diese Festlegung auf Röttgen und Laschet auch nicht ganz demokratisch abgelaufen ist.
Weshalb?
Es gab keine Abstimmung innerhalb der Frauen-Union, die zu dieser Wahlempfehlung gekommen ist. Ich finde, man hätte eher die Basis befragen sollen, und nicht die Wortmeldungen des etwas mehr als 20-köpfigen Vorstands der Frauen-Union zählen sollen. Ich sage immer: Man soll einfach für seinen Lieblings-Kandidaten werben und gut ist. Wir haben drei Kandidaten, auf die wir stolz sein können, deswegen muss man keinen von ihnen gezielt ausschließen.
Dominique Emerich und Friedrich Merz.Bild: Instagram / Dominique Emerich
"Wir haben drei Kandidaten, auf die wir stolz sein können."
Merz steht immer noch in der Kritik wegen der Abstimmung gegen den Strafbestand der Vergewaltigung in der Ehe von 1997. Das ist für viele Frauen ein Grund, gegen ihn beziehungsweise auch gegen die CDU zu stimmen, sollte Merz auch Kanzlerkandidat werden. Was halten Sie von der Kritik?
Mit dieser Kritik wurde ich natürlich schon häufig konfrontiert, auch im Rahmen von "Wir Frauen für Merz". Aber jeder, der sich mit dem Sachverhalt beschäftigt hat, weiß: Es stimmt einfach nicht.
Was genau stört Sie an der Kritik?
Friedrich Merz hat damals nicht gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe gestimmt. Bei der Abstimmung ging es um eine Versöhnungs- oder Widerspruchsklausel. Letztere hätte den mutmaßlichen Opfern sexueller Gewalt die Möglichkeit eingeräumt, ein eingeleitetes Strafverfahren gegen den Ehepartner zu stoppen. Aus seiner beruflichen Erfahrung als Richter beziehungsweise Anwalt heraus hatte Merz damals für die Widerspruchsklausel gestimmt.
Wäre die Konsequenz, wenn alle wie Merz abgestimmt hätten, nicht gewesen, dass das Gesetz abgelehnt worden wäre?
Die Vergewaltigung innerhalb der Ehe war ja bereits bis 1997 als Nötigung oder als Körperverletzung gemäß verschiedener Vorschriften innerhalb des Strafgesetzbuches strafbar. Zur konkreten Entscheidung über die Ausgestaltung des Vergewaltigungsparagraphen hat Friedrich Merz ja bereits mehrfach Stellung genommen und auch klargemacht, dass er heute anders entscheiden würde. Das gilt sicherlich auch für Volker Kauder oder Horst Seehofer, die ja damals genauso gestimmt haben.
"Ich glaube nicht, dass er polarisiert."
Neben der Aktion "Wir Frauen für Merz" äußern sich Frauen in den sozialen Medien unter dem Hashtag #WirFrauengegenMerz auch gegen den Politiker. Warum, glauben Sie, polarisiert Merz so?
Ich glaube nicht, dass er polarisiert. Ich gehe davon aus, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen, die sich unter #WirFrauengegenMerz äußern, sowieso nicht die CDU wählen würden. Kein CDUler würde mit so einer Heftigkeit gegen einen Kandidaten für den Parteivorsitz werben. Es ist ja teilweise schockierend, wie persönlich Merz und seine Unterstützer da angegriffen werden. Zudem repräsentiert ein Hashtag wie #WirFrauengegenMerz eher Teile der Twitter-Bubble als die breite Bevölkerung.
Wenn er am Ende Bundeskanzler werden will, muss ihn aber auch die breite Bevölkerung wählen können. Wie sehen Sie da seine Chancen?
Auf alle Fälle hat Merz gute Chancen, Bundeskanzler zu werden. Das ist allerdings ein Thema, das ich jetzt noch nicht so sehr im Vordergrund sehe. Erst nach dem Parteitag wird gemeinsam mit der CSU entschieden, wer der Kanzlerkandidat wird. Aber natürlich traue ich es Merz zu, Bundeskanzler zu werden.
Würde er in die großen Fußstapfen der aktuellen Kanzlerin treten können?
Er würde seine Aufgaben genauso gut wahrnehmen wie Merkel. Vor allem in den kommenden Jahren, in denen uns die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie beschäftigen werden, glaube ich, dass jemand mit einer Expertise wie Merz genau die richtige Wahl wäre – vor allem auch für jüngere Generationen.
"Es kann nicht sein, dass die jungen Menschen von heute später die Zeche zahlen müssen für staatliche Hilfen, die während der Pandemie ausgezahlt wurden. Um das zu verhindern, möchte ich jemanden wie Merz."
Ein Kanzler Friedrich Merz wäre also ein guter Vertreter für die Interessen junger Menschen?
Der Staat tätigt wegen der Corona-Krise gerade enorme finanzielle Ausgaben. Das bedeutet eine wirtschaftliche Belastung, die nicht auf zukünftige Generationen abgewälzt werden darf. Es kann nicht sein, dass die jungen Menschen von heute später die Zeche zahlen müssen für staatliche Hilfen, die während der Pandemie ausgezahlt wurden.
Um das zu verhindern, möchte ich jemanden wie Merz, der lange Zeit erfolgreich in der Wirtschaft zu Hause war, an der Spitze dieses Landes sehen. Zudem glaube ich auch, dass Merz es gut schaffen würde, ökonomische und ökologische Interessen, die für viele junge Menschen im Vordergrund stehen, miteinander zu verknüpfen sowie komplexe Sachverhalte nachvollziehbar zu erklären.
Was würde es für die Frauen hierzulande bedeuten, wenn Merz Kanzler wird? Was würde er für sie verändern?
Ich finde diese Diskussion eigentlich immer etwas skurril. Wo haben Frauen andere thematische Interessen als Männer? Die sehe ich nicht. Dann wird immer auf die Frauenquote in der CDU verwiesen, um nur ein Beispiel zu nennen: Merz ist ja nicht per se gegen eine Frauenquote, wie manch einer ihm unterstellen würde.
Sondern?
Er sagt, das ist nicht der beste Weg, um für Gleichstellung zu sorgen. Wichtiger wäre es, Anreize zu schaffen, um Menschen und vor allem Frauen für die Politik zu begeistern. Zum Beispiel, indem man für junge Mütter, die nicht immer mobil sind, die Möglichkeit schafft, digital an einer Parteisitzung teilzunehmen und sie so inkludiert. Insofern würde ein Kanzler Merz dafür sorgen, mehr Frauen für das politische Geschehen zu begeistern.