Auch in der Nähe der Flüchtlingslagers Vathi auf der griechischen Insel Samos gab es Feuer. Das Lager ist auf die Aufnahme von 650 Flüchtlingen ausgelegt. Derzeit sind es rund 7000.Bild: imago images / ANE Edition
Deutschland
Die Absicht der Bundesregierung, nach der
Brandkatastrophe von Moria 1553 zusätzliche Flüchtlinge von fünf
griechischen Inseln aufzunehmen, stößt bei der Opposition auf Kritik.
Der Deutsche Städtetag begrüßte hingegen die Verständigung. Auf der
Insel Samos brach unterdessen am Dienstagabend in der Nähe eines
Flüchtlingslagers ein Feuer aus. Das Lager selbst geriet aber nicht
in Gefahr.
Der verheerende Brand im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos hatte
mehr als 12.000 Migranten obdachlos gemacht und vor allem in
Deutschland eine Debatte über die Aufnahme von Menschen von dort
ausgelöst. Union und SPD verständigten sich am Dienstag darauf, 1553
Flüchtlinge von fünf griechischen Inseln aufzunehmen. Es handelt sich
dabei um 408 Familien mit Kindern, die in Griechenland bereits als
schutzbedürftig anerkannt wurden. Am Abend sprach Merkel mit dem
griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis am Telefon
darüber, wie es in knappen Mitteilungen von Regierungssprecher
Steffen Seibert und des Büros des griechischen Premiers hieß.
Im Gegensatz zu 2015: Seehofer und Merkel agieren gemeinsam
Die Aufnahme ist ein zweiter Schritt, nachdem Bundesinnenminister
Horst Seehofer (CSU) am Freitag mitgeteilt hatte, Deutschland werde
von insgesamt 400 unbegleiteten Minderjährigen bis zu 150 Jugendliche
aufnehmen. Die 400 Minderjährigen sollen auf europäische Länder
verteilt werden. In einem dritten Schritt sollen laut Bundesregierung
gegebenenfalls weitere Menschen aufgenommen werden, sollte es dazu
Vereinbarungen mit weiteren europäischen Staaten geben.
In der Unionsfraktion hatten am Dienstag sowohl Merkel als auch
Seehofer für den neuen Kompromiss geworben. Auf dem Höhepunkt der
Flüchtlingskrise seit 2015 hatten sich Merkel und der damalige
CSU-Chef Seehofer erbitterte Auseinandersetzungen über die
Ausrichtung der Migrationspolitik geliefert. Nun waren sich beide
schnell einig. "Es war nach sehr kurzer Zeit klar, dass wir keinen
Dissens haben, nicht einmal den geringsten Dissens", betonte Seehofer
am Dienstagabend in Berlin. Die Unionsfraktion stellte sich hinter
die Pläne. Es habe einige kritische Stimmen gegeben, die vor einem
deutschen Alleingang gewarnt hätten, hieß es am Dienstagabend aus
Teilnehmerkreisen.
In der Krise vereint: Bundesinnenminister Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel.Bild: imago images / Christian Spicker
Städterat begrüßt Kompromiss der großen Koalition
Der Deutsche Städtetag begrüßte den Kompromiss in der Koalition.
"Ich bin froh, dass sich Deutschland nach dem Brand in Moria dafür
entschieden hat, allein mutig voranzugehen. Auf die schon lange
stockende Reform des europäischen Asylsystems zu warten, wäre ein
Fehler gewesen", sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung den
Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). Doch müsse diese Reform
endlich gelingen, mahnte der Leipziger Oberbürgermeister. Jung ging
davon aus, dass die Flüchtlinge nach dem sogenannten Königsteiner
Schlüssel unter Berücksichtigung von Bevölkerungszahl und
Steuereinnahmen auf die Bundesländer verteilt werden. "Anschließend
sollten besonders die Städte berücksichtigt werden, die ihre
Bereitschaft zur Aufnahme erklärt haben."
"Völlig ungenügend": Grüne und Linke fordern mehr
Grünen und Linkspartei geht die Einigung der Koalition nicht weit
genug. In einem am Dienstagabend verbreiteten Papier prominenter
Grünen-Politiker aus Bundestag und Europaparlament wird das deutsche
Angebot als "völlig ungenügend" bezeichnet. Es liege weit unter dem,
was Bundesländer und Kommunen an Unterbringungsmöglichkeiten zur
Verfügung stellen können.
Alle Geflüchteten aus Moria müssten jetzt
zügig von der Insel Lesbos evakuiert und in europäische Länder
verteilt werden. Den Wiederaufbau geschlossener Lager lehnen die
Grünen ab. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion,
Jan Korte, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch): "1500
sind natürlich besser als nichts. Das ist aber trotzdem für eines der
reichsten Länder der Europäischen Union inakzeptabel."
FDP kritisiert Verständigung in Koalition
Kritik an der Verständigung in der Koalition kommt auch von der
FDP. Fraktionsvize Stephan Thomae nannte die Zahlen der
Bundesregierung "aus der Luft gegriffen". Thomae forderte in der
"Augsburger Allgemeinen" eine Nothilfe nach sachlichen
Kriterien statt Zahlenvorgaben. "Unbegleitete minderjährige
Flüchtlinge unter 14 sowie Erkrankte und ihre Familien müssen
unverzüglich nach Deutschland und andere EU-Mitgliedstaaten evakuiert
werden", sagte Thomae.
Der CDU-Innenexperte Armin Schuster verteidigte den Kompromiss,
mit dem die Union "ihren Weg einer Balance zwischen Humanität und
Ordnung" konsequent fortsetze. "Für die Union hat Priorität, dass
sich eine Situation wie 2015 nicht wiederholen darf und wir unsere
europäischen Partner nicht vor den Kopf stoßen", sagte er dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Mittwoch. Seehofer hatte von
einer "verantwortbaren Lösung" gesprochen, "die sicherstellt, dass
sich das Jahr 2015 nicht wiederholt."
Der Parlamentarische Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU)
bezeichnete die Absicht zur Aufnahme von mehr als 1500 Migranten als
"Vorschlag an die griechische Regierung". Parallel dazu werbe man
"weiterhin auf allen Ebenen und aus voller Überzeugung für weitere
Willige innerhalb der EU", sagte Mayer der "Passauer Neue Presse" am Mittwoch.
Erneut Flammen in der Nähe von Flüchtlingslager
Auf der griechischen Insel Samos brach am Abend oberhalb des
Flüchtlingslagers Vathy ein Feuer aus. Der Wind trieb es weg vom
Lager den Berg hinauf und war am späten Abend halbwegs unter
Kontrolle, wie das Insel-Onlineportal "Samos Today" berichtete. Das
Lager sei nicht in Gefahr, sagte Bürgermeister Giorgos Stantzos dem
Radiosender Thema 104.6. Auch habe es erste Festnahmen wegen des
Verdachts auf Brandstiftung gegeben.
Im Flüchtlingslager Vathy auf Samos leben laut dem griechischen
Migrationsministerium rund 4600 Migranten, das Lager hat jedoch nur
Platz für rund 650 Menschen.
(vdv/dpa)
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