
Angela Merkel verkündet am Abend, worauf sich die Ministerpräsidenten geeinigt haben. Der Bund hat jedenfalls schon konkrete Vorstellungen.Bild: AP POOL / Markus Schreiber
Deutschland
Wegen der Corona-Pandemie gelten seit etwa einem Monat strikte
Regeln: Abstand halten, nur im kleinsten Kreis treffen, die Schulen
und viele Geschäfte sind zu. Jetzt könnte das öffentliche Leben
wieder anlaufen – in vorsichtigen Mini-Schritten.
Erste Geschäfte sollen nach dem Willen des Bundes
wieder öffnen, die Kontaktbeschränkungen im Kampf gegen die
Corona-Pandemie aber verlängert werden. Diesen Vorschlag will der
Bund nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur den
Bundesländern unterbreiten.
Kontaktbeschränkungen bis zum 3. Mai, enge Abstimmung bei Schulöffnungen
Wie die "Bild"-Zeitung zuerst berichtete,
sollen die seit Wochen geltenden Kontaktbeschränkungen in Deutschland
grundsätzlich mindestens bis zum 3. Mai in Kraft bleiben. Kanzlerin
Angela Merkel (CDU) beriet am Mittwochnachmittag mit den
Ministerpräsidenten über das weitere Vorgehen im Kampf gegen das
Corona-Virus.
Bei einer möglichen schrittweisen Öffnung von Kitas, Schulen und
Hochschulen fordert der Bund ein abgestimmtes Vorgehen der Länder.
Die Bundesregierung mahnte zu größter Umsicht. "Der Pfad, den wir
also in den nächsten Wochen gehen müssen, ist ein schmaler zwischen
vorsichtiger, schrittweiser Lockerung und Bewahrung unserer
Fortschritte im Kampf gegen die Epidemie", sagte Regierungssprecher
Steffen Seibert nach einer Sitzung des Corona-Kabinetts am Mittag.
Welche Geschäfte zuerst wieder öffnen
Dessen Beschlussvorlage für Merkeks Beratungen mit den
Ministerpräsidenten am Nachmittag sieht vor, dass Geschäfte bis zu
einer Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern womöglich schon am
kommenden Montag wieder geöffnet werden könnten. Das entspricht etwa
der Größe eines mittelgroßen Supermarkts. Es soll aber Auflagen zur
Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von
Warteschlangen geben. Unabhängig von der Verkaufsfläche könnten
Kfz-Händler, Fahrradhändler und Buchhandlungen wieder öffnen.
Beim Handel stießen die Pläne für eine schrittweise Öffnung auf
Widerstand. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland
(HDE), Stefan Genth, bezeichnete sie in einer Mail an Merkel als
"nicht sachgerecht und wissenschaftlich nicht fundiert". Nötig seien
einheitliche, nicht diskriminierende Vorgaben für den gesamten
Einzelhandel. Die Geschäfte seien in der Lage, Hygienestandards und
andere Maßnahmen einzuhalten und umzusetzen. Gerade in großflächigen
Betrieben sei es wesentlich einfacher, zum Beispiel Abstandsgebote
einzuhalten.
Restaurants und Bars sollen zu bleiben
Nach den Vorstellungen des Bundes sollen unter Auflagen auch
Kultureinrichtungen wie Bibliotheken und Archive sowie Zoos und
botanische Gärten wieder zugänglich sein. Friseure könnten sich trotz
der körperlichen Nähe darauf vorbereiten, unter bestimmten Auflagen
sowie "unter Nutzung von persönlicher Schutzausrüstung den Betrieb am
4. Mai wieder aufzunehmen". Restaurants, Bars und Kneipen dagegen
sollen wie bisher grundsätzlich geschlossen bleiben.
Nach den Vorstellungen des Bundes sollen auch Zusammenkünfte in
Kirchen, Moscheen und Synagogen sowie andere religiöse
Feierlichkeiten untersagt bleiben. Hotels sollten auch weiterhin "nur
für notwendige und ausdrücklich nicht touristische Zwecke zur
Verfügung" stehen.
Was ist mit Schulen und Kitas?
Der Bund will den Ländern zudem vorschlagen, Prüfungen und
Prüfungsvorbereitungen der Abschlussklassen des laufenden Schuljahres
nach entsprechender Vorbereitung unmittelbar wieder durchzuführen.
Die Notbetreuung in den Kitas werde auf weitere Berufs- und
Bedarfsgruppen ausgeweitet, heißt es in dem Papier zudem. Dadurch
solle besonders Eltern in zentralen Wirtschaftsbereichen eine
Rückkehr in den Arbeitsalltag ermöglicht werden.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) schlug vor, Kinder
von Alleinerziehenden und Vorschulkinder zuerst wieder in die
Kita-Betreuung aufzunehmen. "Das ist ein ganz wichtiger Punkt, dass
die in den letzten Monaten vor der Grundschule vorbereitet werden,
aus pädagogischen Gründen, und einem Vorschulkind kann man auch
erklären, wie Händewaschen geht", sagte sie.
Die Schulen sollen nach den Vorstellungen des Bundes ab dem 4. Mai prioritär für Schüler der Abschlussklassen und der Jahrgänge geöffnet werden, die im nächsten Schuljahr ihre Prüfungen ablegen. Zudem soll
die letzte Klasse der Grundschule wieder in die Schule dürfen. Die
Kultusministerkonferenz soll bis zum 29. April ein Konzept für
weitere Schritte vorlegen, wie der Unterricht unter besonderen
Hygiene- und Schutzmaßnahmen insgesamt wieder aufgenommen werden
kann.
Die in der Corona-Krise eingeführten Grenzkontrollen dagegen werden
um weitere 20 Tage verlängert. Menschen, die weder Deutsche noch
dauerhaft hier ansässig sind, dürfen wegen der Corona-Pandemie seit
Mitte März nur noch aus einem "triftigen Reisegrund" nach Deutschland
kommen. Seither werden deshalb die Grenzen zu Österreich, Frankreich,
Luxemburg, Dänemark und der Schweiz überwacht. An den Übergängen nach
Belgien und in die Niederlande wird hingegen nicht kontrolliert.
(hau/dpa)
Wer sich an den verschiedenen Kandidat:innen für das Bundeskanzleramt noch nicht satt gesehen hat, bekommt dieser Tage gleich mehrfach die Möglichkeit für exklusives Material. Insgesamt sieben TV-Duelle stehen vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 noch an.