Auf Deutschland kommen "schwere Monate" zu, fürchtet Bundeskanzlerin Angela Merkel.Bild: ap / Markus Schreiber
Deutschland
26.10.2020, 06:4926.10.2020, 11:39
Deutschland steht bei der Bekämpfung der
Corona-Pandemie nach Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor
einer schwierigen Phase. "Es stehen uns sehr, sehr schwere Monate
bevor", sagte die CDU-Politikerin laut "Bild"-Zeitung vom
Sonntagabend in einer Schaltkonferenz mit den CDU-Fraktionschefs der
Bundesländer. Die Kanzlerin gehe von weiter stark steigenden
Infektionszahlen aus und rechne damit, dass mindestens bis Februar
auch draußen keine größeren Veranstaltungen mehr möglich seien.
Über die bevorstehende Ministerpräsidentenkonferenz, die von
Mittwoch bis Freitag unter Vorsitz Berlins geplant ist, zeigte sich
Merkel laut "Bild" besorgt. Sie habe "kein so gutes Gefühl", sagte
die Kanzlerin demnach. "So kann es nicht weitergehen."
Am Montag berät Merkel erneut mit den zuständigen Bundesministern
im Corona-Kabinett. Am Freitag kommen die Regierungschefs der
Bundesländer zu ihrer Jahreskonferenz zusammen, den Vorsitz hat seit
Anfang Oktober Berlin inne. In den vergangenen Tagen hatte es immer
wieder Appelle für mehr Einheitlichkeit bei den Corona-Auflagen
bundesweit gegeben, etwa von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte der
"Rheinischen Post" (Montag): "Wir brauchen einen einheitlichen
Maßnahmenkatalog. Die Bürger wollen Transparenz, sie wollen wissen,
was passiert, wenn ihr Landkreis rot, gelb oder grün eingestuft ist."
Schulstart in acht Bundesländern nach den Herbstferien
Gleich acht Bundesländer starten nach den Herbstferien wieder in
den Schulbetrieb. Während der unterrichtsfreien Zeit stiegen die
Infektionszahlen stark. Corona-Auflagen gelten vielerorts weiter oder
wurden noch verschärft. So müssen in Berlin Schüler der Oberstufe
sowie aller Berufsschulen und Oberstufenzentren Masken auch im
Unterricht tragen.
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, die
rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD), hatte
unlängst betont, Schulen und Kitas seien keine Treiber der Pandemie.
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Hans-Peter Meidinger,
mahnte hingegen, der Einfluss der Schulen auf das Infektionsgeschehen
könne größer sein als viele glaubten.
Studien legten nahe, dass dies bei Kindern unter zehn Jahren der
Fall sei, sagte Meidinger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland
(RND/Montag). Es sei aber fahrlässig so zu tun, als gelte das
automatisch auch für 13- oder 14-jährige Schüler, die bald schon
Erwachsene seien und dazu noch zahllose Kontakte hätten. "Der
Schulbetrieb ist die größte tägliche Massenveranstaltung in
Deutschland mit über 10 Millionen Teilnehmern. Ich rate zu großer
Vorsicht", sagte Meidinger.
Kann ein Teil-Lockdown die Ausbreitung des Virus bremsen?
Merkel hatte am Wochenende erneut betont, Gebot der Stunde sei
für alle, die Zahl der Kontakte zu reduzieren. Der
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach sich in der "Passauer
Neuen Presse" (Montag) für einen "sehr kurzen, zeitlich eng begrenzen
Teil-Lockdown" zur Eindämmung des Virus aus. "Weniger Freunde
treffen, weniger Restaurantbesuche, weniger ins Kino und zu
Sportveranstaltungen gehen. Die Einhaltung von Abstand, Hygiene und
das Tragen von Masken allein, ohne die Zahl der Kontakte zu
begrenzen, reicht nicht mehr aus. Die Bürgerinnen und Bürger sollten
auf größere Treffen und Feiern in ihren Wohnungen verzichten", sagte
Lauterbach. "Zum jetzigen Zeitpunkt könnten wir den deutlichen
Anstieg der Infektionszahlen noch eindämmen. Das Fenster schließt
sich aber deutlich", sagte Lauterbach.
Mehr Homeoffice für Arbeitnehmer
Habt weniger Kontakte - das predigt auch die SPD-Spitze. "Wir
appellieren eindringlich an die Bevölkerung, Kontakte so weit wie
möglich zu reduzieren und sich an die bekannten Hygienemaßnahmen zu
halten", erklärten die Parteichefs Saskia Esken und Norbert
Walter-Borjans sowie Lauterbach in einem gemeinsamen Statement
gegenüber dem RND. Schulen, Kitas und Betriebe müssten offen bleiben.
"Damit das gelingt, müssen auch hier die Kontakte so weit wie möglich
begrenzt werden, in den Schulen durch reduzierte und entzerrte,
digital gestützte Unterrichtsmodelle und im Beruf durch verstärktes
Homeoffice."
Aufruf zur Eigenverantwortung
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) formulierte zwei Appelle.
GdP-Vize Jörg Radek rief die Bürger in der "Rheinischen Post"
(Montag) zu mehr Eigenverantwortung auf, sie sollen sich
zurückzunehmen, an die Auflagen halten und nicht bei der "kleinsten
Gereiztheit" nach der Polizei rufen. Und die Verwaltung solle
"widerspruchsfreie Auflagen" formulieren, "sonst wird die Arbeit der
Polizei unnötig erschwert", mahnte Radek.
Warnung vor neuem Kurs bei Kontaktverfolgung
Angesichts der rapide steigenden Infektionszahlen geraten viele
Gesundheitsämter an ihre Grenzen, bei der Kontaktverfolgung kommen
sie kaum noch hinterher. Überlegungen, sich dabei nur noch auf
Risikogruppen zu konzentrieren, treffen beim Vorsitzenden der
Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, auf scharfen
Widerspruch.
Eine Aufgabe der Kontaktverfolgung durch
Gesundheitsämter wäre ein "öffentlicher Offenbarungseid", sagte
Brysch der "Rheinischen Post" (Montag). Er forderte, dass sich der
Bundestag mit dem Thema befasst. "So muss hier auch geklärt werden,
warum es nicht gelingt, den öffentlichen Gesundheitsdienst krisenfest
zu machen", sagte Brysch.
(pcl/dpa)
Das Thema Abtreibung hat noch nie eine so große Rolle im US-Wahlkampf gespielt, wie dieses Mal. Denn vor zwei Jahren kippte der oberste Gerichtshof in Washington das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche.