Er war derjenige, der nicht beim Corona-Reigen mitspielen wollte und mit seinen Aussagen für viel Aufruhr gesorgt hatte: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte angekündigt, nach dem Auslaufen der bislang zwischen Bund und Ländern vereinbarten Beschränkungen ab dem 6. Juni auf landesweite Corona-Auflagen in Thüringen verzichten zu wollen und diese allenfalls regional anzuwenden, wenn das Infektionsgeschehen es erfordere.
Ramelow hatte erklärt: "Wir haben in Thüringen nur noch 245 Infizierte und das heißt: Für Thüringen empfehle ich die Aufhebung der Maßnahmen." Einen konkreten Beschluss dazu fasste das rot-rot-grüne Landeskabinett allerdings noch nicht.
Am Donnerstagabend wollte der Linken-Politiker sein Vorhaben bei Markus Lanz genauer erläutern. "Wir wissen, wo die Erkrankten sind, sie sind namentlich erfasst", erklärte Ramelow die gefühlte Sicherheit in seinem Bundesland. Die Gesundheitsämter würden auch die Nachverfolgung sehr ernst nehmen und dafür sorgen, dass sich das Virus nicht weiter ausbreite.
Und dann wurde er deutlicher und erklärte genervt: "Ich bin es leid, dass wir das alles im Krisenmodus machen". Er wolle raus aus dem Notverordnungs-Modus. Die infizierten Menschen würden sich an alle Regeln halten, der R-Faktor hätte sich zudem verringert. Punkte, die ihn in seinem Vorhaben bestärkten.
Sein Ansatz:
Masken im öffentlichen Personennahverkehr halte Ramelow allerdings nach wie vor für sinnvoll. Er sei "missverstanden" worden, wenn Menschen glauben würden, dass er die Maskenpflicht abschaffen wolle oder das Virus gar für ungefährlich halte. Überhaupt hätte er das Virus nie verharmlosen wollen, dafür hätte er zu viele Begegnungen mit stark Coronakranken und deren Angehörigen gehabt. Kitas und Schulen würde er aber trotzdem schnell wieder öffnen wollen.
Seine Forderung – und seine Sorge: "Wir müssen wieder in ein normales Leben kommen. Sonst werden wir die Angst über allem schweben lassen."
Der von Lanz schon mehrfach einberufene Star-Virologe Hendrick Streeck sollte Ramelows Fahrplan hinsichtlich der Öffnung von Kitas und Schulen bewerten. Wann könnten die wohl wieder öffnen, wollte der Gastgeber wissen? Eine eindeutige Antwort wollte Streeck nicht geben, verwies auf eine Studie: "Die Mehrheit der Daten suggeriert, dass Kinder etwas weniger infiziert sind als Erwachsene."
Ein guter Ansatzpunkt für Lanz, nach einem sich quasi aufdrängenden Thema zu fragen: die viel diskutierte Studie von Streecks Kollegen Christian Drosten. Zur Erinnerung: Die "Bild"-Zeitung hatte diese mit Verweis auf Reaktionen von Wissenschaftlern kritisiert und als "grob fahrlässig" bezeichnet. Drosten unterstellte der Zeitung "tendenziöse Berichterstattung", einige Wissenschaftler distanzierten sich daraufhin von ihren Beanstandungen.
Habe er diese denn gelesen, wollte der Gastgeber wissen. "Natürlich habe ich die gelesen", entgegnete Streeck leicht pikiert. "Es gibt eine inhaltliche und eine mediale Ausprägung [...]. Was ich von der Seite der Kritiker gelesen habe, war erst einmal einleuchtend." Der mediale Umgang mit der Studie sei allerdings "wirklich unangenehm". Und dann zeigte sich Streeck emotional, brach eine Lanze für Christian Drosten, auch wenn er einige Punkte auf inhaltlicher Ebene kritisch sah:
Er hätte ähnliche Erfahrungen gemacht, erklärte: "Man fühlt sich da schon sehr bedrängt und falsch verstanden." Die Kritik an seiner eigenen Studie in der Vergangenheit hätte ihn "verletzt". Zur Erinnerung: Tatsächlich hatte auch Drosten selbst vor einigen Wochen Kritik an Streecks Heinsberg-Studie verlauten lassen. Was Markus Lanz tatsächlich auch nicht müde wurde, zu betonen. Streeck aber gab sich weiter versöhnlich und stellte sich mit seiner letzten Erklärung hinter den Virologen:
"Am Ende sind wir ein Team in der Wissenschaft, auch wenn es Querelen geben sollte."
(ab/mit dpa)