Die Bundeskanzlerin berät am Montag mit den Länderchefs über die Corona-Maßnahmen.Bild: dpa / Markus Schreiber
Deutschland
Angesichts hoher Corona-Infektionszahlen
müssen sich die Menschen in Deutschland auf eine grundsätzliche
Verlängerung des Lockdowns bis weit nach Ostern einstellen.
- Ein Beschlussentwurf aus dem Kanzleramt für die Bund-Länder-Runde an diesem Montag (14.00 Uhr) nennt als Datum dafür den 18. April.
- Zudem müsse die Anfang März beschlossene Notbremsregelung "konsequent umgesetzt werden", heißt es weiter.
- Betont wird, zusätzliche Öffnungen würden bei exponentiellem Wachstum der Infektionszahlen auch unterhalb einer Inzidenzschwelle von 100 ausscheiden.
Das Papier, das
der Deutschen Presse-Agentur aus mehreren Quellen vorlag, hat den
Stand 21. März, 17.30 Uhr.
Eine Passage des Entwurfs, über die noch heftig gestritten werden
dürfte, sieht weitere Verschärfungen für Landkreise mit mehr als 100
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche vor. In diese
Kategorie fällt eine stetig steigende Zahl an Wohnorten. Bei den
Verhandlungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den
Regierungschefs der Länder sind wie immer weitreichende Änderungen an
dem Papier möglich. Einen Beschluss gibt es erst ganz am Ende. Am 12.
April sollen Bund und Länder laut Entwurf erneut zusammenkommen.
Seit der Bund-Länder-Runde am 3. März hat sich die Lage drastisch
gewandelt. Anfang März ging es vor allem um einen Stufenplan für
mögliche Lockerungen – jedoch nicht als Einbahnstraße. Festgelegt
wurde damals ein Mechanismus für die Rückkehr zu Beschränkungen:
Diese "Notbremse" soll gezogen werden, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz
in einer Region oder in einem Bundesland an drei aufeinander
folgenden Tagen über die Schwelle von 100 steigt. Bundesweit lag
diese Inzidenz laut Robert Koch-Institut (RKI) am Sonntag bei 103,9.
Am Samstag waren es noch 99,9 gewesen und am Freitag 95,6.
Diese Punkte enthält der vom Kanzleramt verschickte Beschlussentwurf:
Zusätzliche Maßnahmen
Die Passage, die wegen des exponentiellen
Wachstums weitere Verschärfungen für Landkreise mit einer Inzidenz
von mehr als 100 vorsieht, steht in eckigen Klammern. Das bedeutet,
dass sie besonders strittig ist. Unter anderem ist die Rede von einer
nächtlichen Ausgangsbeschränkung bis 05.00 Uhr, "sofern dem nicht
gewichtige Gründe entgegenstehen". Die Anfangsuhrzeit ist hier offen
gelassen - auch sie müsste verhandelt werden. Zudem wird ins Gespräch
gebracht, Schulen und Kitas zu schließen oder gar nicht zu öffnen,
sofern Erzieher, Lehrer und Schüler oder betreute Kinder nicht
zweimal pro Woche getestet werden könnten. Ab einer Inzidenz von 200
könnte es demnach eine Schließung von Schulen und Kitas geben.
Reisen
Angesichts der bevorstehenden Ostertage heißt es im
Entwurf: "Bund und Länder appellieren weiterhin eindringlich an alle
Bürgerinnen und Bürger, auf nicht zwingend notwendige Reisen im
Inland und auch ins Ausland zu verzichten". Und weiter: "Das
Auftreten von verschiedenen Covid-19-Varianten und deren weltweite
Verbreitung haben gezeigt, dass der grenzüberschreitende Reiseverkehr
auch weiterhin auf das absolut erforderliche Mindestmaß begrenzt
werden muss." Dieser Passus könnte sich auf die derzeit besonders
umstrittenen Reisen von Deutschen nach Mallorca beziehen.
Noch völlig offen ist demnach, ob es künftig für alle Reisenden
aus dem Ausland unabhängig von dortigen Inzidenzen eine Quarantäne-
und eine Testpflicht geben soll. Dieser Punkt steht ebenfalls in
eckigen Klammern und zudem unter einem "Prüfvorbehalt".
Auch das von den SPD-Ländern ins Gespräch gebrachte Konzept eines
"kontaktarmen Urlaubs" im eigenen Bundesland steht noch in eckigen
Klammern und bedarf weiterer Gespräche. Es zielt auf die Möglichkeit,
Urlaub in Ferienwohnungen oder -häusern, Appartements oder
Wohnmobilen zu machen, sofern diese über eigene sanitäre Anlagen
verfügen und Urlauber sich dort auch mit Essen versorgen können. Aus
der Union hieß es hierzu bereits skeptisch, dass das dafür notwendige
Beherbergungsverbot schon einmal juristisch für Ärger gesorgt habe.
Fluggäste mit dem Reiseziel Mallorca stehen am Schalter an.Bild: dpa / Moritz Frankenberg
Befristete Modellprojekte
Im Rahmen von zeitlich befristeten
Modellprojekten sollen die Länder nach dem Entwurf in je einer Region
mit einer niedrigen Inzidenz testen können, wie unter strengen
Auflagen und mit einem Testkonzept einzelne Bereiche des öffentlichen
Lebens wieder geöffnet werden könnten. "Zentrale Bedingungen dabei
sind lückenlose negative Testergebnisse als Zugangskriterium,
IT-gestützte Prozesse zur Kontaktverfolgung und ggf. auch zum
Testnachweis, räumliche Abgrenzbarkeit auf der kommunalen Ebene, eine
enge Rückkopplung an den Öffentlichen Gesundheitsdienst und klare
Abbruchkriterien im Misserfolgsfalle", heißt es weiter.
Impfungen und Gesundheitswesen
Ohne "deutlich einschränkende
Maßnahmen" werde die Zahl der Neuinfektionen so schnell steigen, dass
bereits im April eine Überlastung des Gesundheitswesens
"wahrscheinlich ist", betonte der Entwurf. Da der Fortschritt bei den
Impfungen noch nicht so groß ist, setzt das Papier auf "eine strenge
Eindämmung des Infektionsgeschehens in den nächsten Wochen". Dies
führe zu einer "früheren Rückkehr zur Normalität und zu insgesamt
kürzeren Beschränkungen. Sie ist damit aus gesundheitlichen,
wirtschaftlichen und sozialen Gründen geboten."
Testangebote
Gerade in der aktuellen Phase der Pandemie sei es
wichtig, dass Unternehmen das Arbeiten von zu Hause ermöglichten,
heißt es im Entwurf weiter. Wo dies nicht möglich sei, sollten den
Mitarbeitern mindestens einmal und bei entsprechender Verfügbarkeit
zwei Mal pro Woche Testangebote gemacht werden. Tests von
Beschäftigten im Bildungsbereich und von Schülerinnen und Schülern
sollten weiter ausgebaut werden. Ziel seien "mindestens zwei
Testungen pro Woche". Auch in den Kitas sollten die Beschäftigten
mindestens zwei Mal in der Woche getestet werden.
Corona-Warn-App
Die App soll im April um weitere Funktionen
erweitert werden, unter anderem um eine anonyme "Eventregistrierung".
Damit sollen sich Nutzer bei einer Veranstaltung wie einer privaten
Geburtstagsfeier oder im Restaurant digital einchecken können. Bei
einem positiven Corona-Fall sollen im Anschluss an die Veranstaltung
alle Teilnehmer gewarnt werden.
Forderungen von Intensivmedizinern, Gastgewerbe und Lehrern
Intensivmediziner pochen angesichts der Zahlen auf einen
strengeren Lockdown mit Verschärfungen des Kontaktverbots. "Ich
erwarte von den Ministerpräsidenten und der Kanzlerin, dass sie sich
an diesem Montag auf bundesweit einheitliche und ganz einfache
Verschärfungen einigen", sagte Christian Karagiannidis, Präsident der
Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und
Notfallmedizin (Divi), der "Rheinischen Post" (Montag).
Die Chefin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga),
Ingrid Hartges, forderte in der Zeitung Öffnungen für die Branche.
"Hotels und Gaststätten in Deutschland brauchen endlich eine
Perspektive, wann wir unter welchen Voraussetzungen öffnen können",
sagte sie.
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter
Meidinger, kritisierte in der "Rheinischen Post": "Wenn es den
Bundesländern ernst damit gewesen wäre, Schulen trotz stark
steigender Inzidenzzahlen offenzuhalten, hätte man dafür sorgen
müssen, dass jetzt Lehrkräfte geimpft und Schulen mit Schnelltests in
ausreichender Zahl ausgestattet sind. Davon sind wir aber an 9 von 10
Schulen noch meilenweit entfernt."
(om/dpa)
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