Deutschland
Das Verteidigungsministerium zu führen, dafür braucht
man ein dickes Fell. Der Posten gilt als Schleudersitz: Verantwortung
für 250.000 Soldaten und Zivilbeschäftigte, für gefährliche
Auslandseinsätze, Ausrüstungsmängel, jede Menge Ärger.
- CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer weiß, dass ihr Wechsel an die Spitze des Ressorts vielerorts Kopfschütteln ausgelöst hat. Und sie weiß, dass sie angesichts dieser Bedenken schnell liefern muss. Am Wochenende hat sie ihre ersten Forderungen geäußert.
- Das feierliche Gelöbnis von 400 Bundeswehrrekruten zum 75. Jahrestag des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler am Samstag war Kramp-Karrenbauers erster großer Auftritt als Verteidigungsministerin.
- Parallel dazu gab sie in einem langen Interview "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) Einblick in ihre Vorstellungen, was die Bundeswehr angeht, und in ihr Amtsverständnis.
Sie muss das nicht alleine tun, sondern hat zu ihrer Linken die Kanzlerin, rechts von ihr marschiert der oberste General der Bundeswehr, Eberhard Zorn.Bild: Christian Spicker/imago
AKK reagiert auf Zweifler
Möglichen Zweiflern, die vielleicht denken, das alles solle für sie
nur ein Karrieresprungbrett auf dem Weg in ein höheres Amt sein,
widerspricht die CDU-Chefin deutlich: "Ich würde nie in ein Amt
hineingehen aus dem Kalkül heraus, das kann mir nützlich sein oder
nicht", sagte sie der Zeitung.
In ihrer Rede an die Soldaten beim
Gelöbnis sagte die neue Oberbefehlshaberin: Der Dienst der Soldaten
verlange Respekt, Wertschätzung und Unterstützung, "und zwar von mir
zuallererst". Sie wisse, Deutschland könne sich auf die Soldaten
verlassen. "Und ich sage Ihnen: Sie können sich auf mich verlassen!"
Ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte es sich mit vielen
in der Bundeswehr verscherzt, als sie der Truppe ein
"Haltungsproblem" bescheinigte. Hintergrund waren mehrere Fälle von
Rechtsextremismus. Später entschuldigte sich von der Leyen für die
Pauschalkritik. Kramp-Karrenbauer grenzte sich in dem Interview klar
von ihr ab: "Es gibt keinen Generalverdacht gegen unsere Soldaten."
Diese setzten im Dienst ihr Leben aufs Spiel. Die Truppe habe das
Recht darauf, dass nicht einige wenige die gesamte Bundeswehr in
Verruf brächten.
AKK setzt das erste Thema, das in der GroKo für Zoff sorgt:
Schließlich packte Kramp-Karrenbauer noch ein Thema an, das nicht
gerade zu den Gewinnerthemen in Deutschland zählt: die Erhöhung der
Verteidigungsausgaben. Die Bundesrepublik habe dem Nato-Ziel, die
Ausgaben bis 2024 in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts
zu erhöhen, eine "klare Zusage gegeben", sagte sie. Es sei klar, dass
man den Weg dorthin auch wirklich gehen müsse. Dass dies Mehrausgaben
in zweistelliger Milliardenhöhe bedeuten würde, sagt sie nicht.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil ließ umgehend wissen, eine
Aufrüstung nach den Wünschen von US-Präsident Trump werde es nicht
geben. Das sei mit der SPD nicht zu machen, sagte er den Zeitungen der
Funke Mediengruppe. "Das haben wir in der Koalition bereits zigfach
geklärt."
AKK äußert sich zum Gerücht, dass Spahn Verteidigungsminister werden sollte
Zurück zum ersten großen Auftritt der neuen Ministerin vor ihren
Soldaten: Auf der Tribüne beim Gelöbnis im Bendlerblock saß neben
vielen anderen Ehrengästen auch einer, der vor ein paar Tagen selbst
noch als möglicher Verteidigungsminister gehandelt wurde:
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Kramp-Karrenbauer bestätigte,
dass das nicht nur Gerüchte waren. "Das war eine der Konstellationen,
die denkbar gewesen wäre", sagte sie im Interview.
Die Frage, wer dann auf die Idee kam, dass sie den Posten übernehmen
könnte – sie selbst oder Kanzlerin Merkel – beantwortete die
CDU-Vorsitzende nicht. Nur soviel: "Seit es sich abzeichnete, dass
Ursula von der Leyen nach Brüssel gehen könnte, waren wir in
permanentem Austausch."
(pb/dpa)
In der SPD tobt derzeit die K-Frage, die Diskussion über den nächsten Kanzlerkandidaten. Kanzler Olaf Scholz zeigt sich entschlossen, erneut anzutreten. Doch die Umfragen sprechen eine andere Sprache, zumindest zum aktuellen Zeitpunkt.