"Der neue starke Mann in der SPD", so stellte Sandra Maischberger in ihrem Wochenrückblick am Mittwochabend in der ARD den Juso-Chef Kevin Kühnert vor.
Der 30-jährige Kühnert hatte die beiden neuen designierten SPD-Chefs, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, unterstützt – und gilt Kommentatoren und Journalisten nun schon als "Strippenzieher" im Willy-Brandt-Haus.
Mit dieser These ging Maischberger in das Interview mit Kühnert und geriert sehr schnell mit dem Juso-Chef aneinander.
Konfrontativ ging es weiter. Habe Kühnert nicht den Jusos gesagt, wen sie wählen sollten, fragte Maischberger weiter. "Ich habe denen überhaupt nicht gesagt, was sie machen sollen. Das ist auch nicht mein Verständnis von Politik", sagte Kühnert, während im Hintergrund eine Montage der "Maischberger"-Redaktion zu sehen war, in der der Juso-Chef die Strippen zog.
Tatsächlich hatte der Bundesvorstand der Jusos eine Wahlempfehlung für Esken und Walter-Borjans ausgesprochen. "Aber stellen Sie sich ein Juso-Mitglied doch nicht so vor: Was funkt mir Kevin Kühnert heute. Sondern vielleicht gucken die sich tatsächlich an: Wer ist das? Wofür stehen die? Und kann ich die unterstützen?", entgegnete Kühnert auf eine erneute Nachfrage von Maischberger.
Maischberger machte weiter: "Gehorchen die beiden Ihnen jetzt?", fragte sie Kühnert mit Blick auf die neuen SPD-Chefs.
"Ich verstehe natürlich, wie so ein Bild zustande kommt", gab Kühnert zu, betonte aber: "Ich finde das gefährlich." Das Bild des Strippenziehers vermittle ein Bild von Politik à la "House of Cards". Das Votum der Mitglieder sei eine Abstimmung gegen einen "Weiter so"-Kurs gewesen. Es sei eine inhaltliche Entscheidung gewesen, wollte Kühnert damit erklären.
Nächster Konflikt zwischen den beiden: Wollen die neuen SPD-Chefs jetzt raus aus der GroKo oder nicht?
Maischberger las Kühnert den Satz von Esken vor, die GroKo habe keine Zukunft, die SPD müsse da raus. "Die Menschen, die Frau Esken gewählt haben, glauben: Die macht das jetzt", betonte die Moderatorin.
Kühnert allerdings sagte: Jeder Satz des Duos Esken/Walter-Borjans über einen Ausstieg sei immer verknüpft gewesen mit der Aussage "Der Parteitag entscheidet". "Sie zitieren sie (Esken, Anm.) in einer Weise, die einfach nicht stimmt", warf Kühnert Maischberger vor.
Nächster Streitpunkt war wieder ein Zitat. Maischberger erwähnte das Zitat "Nikolaus ist GroKo-Aus" und schrieb es pauschal "den Jusos" zu. Kühnert kritisierte: "Das hat eine Delegierte gesagt. Wir müssen schon bei der Sache bleiben."
Maischberger aber machte weiter und kritisierte Kühnert nun auch direkt: "Jetzt tun Sie so, als ob Sie nie gewollt hätten, dass die große Koalition aufhört."
Kühnert: "Nein, ich tue nicht so. Sie legen mir Sätze in den Mund, denen ich widerspreche, weil sie falsch sind."
Der Juso-Chef betonte noch einmal: Er sei immer noch gegen die GroKo. Aber auf den richtigen Zeitpunkt für einen Ausstieg, eben nach Verhandlungen mit der Union, komme es an.
Eine klare Attacke fuhr der Juso-Chef dann noch gegen die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Die will die Grundrente erst einmal auf Eis legen, bis sich die SPD für einen Verbleib in der GroKo entschieden hat. Für Kühnert eine "Erpressungsnummer".
Hatte Kühnert seine Position jetzt klar gemacht? Offenbar nicht für jeden.
Einer der eingeladenen Gäste von Maischberger, der frühere ZDF-Moderator Peter Hahne, trat nach dem Auftritt von Kühnert noch einmal nach und sprach von einer "Kurz-Entzauberung" des Juso-Chefs. Bei jeder Regionalkonferenz sei bei Esken und Walter-Borjans der Eindruck entstanden, sie wollten raus aus der GroKo. "Die Politikverdrossenheit kann größer gar nicht sein", sagte Hahne.
Der letzte Moment der Sendung gehörte dann einem anderen Moderator: Thomas Gottschalk.
Anfang der Woche war bekanntgeworden, dass der bald 70-Jährige seine Radioshow und seine Literatursendung beim Bayerischen Rundfunk (BR) aufgibt. Für Aufsehen hatte seine Wortwahl "aus gesundheitlichen Gründen" gesorgt, die Gottschalk später zurücknahm und zum Scherz erklärte.
In der Sendung am Mittwoch erklärte er nun: "Die wahren Gründe, nämlich dass ich nun andere Pläne habe, wollte ich, wie das in solchen Fällen notwendig ist, nicht vorschnell, irgendwo verkünden, weil sie noch nicht spruchreif sind."
Also habe er gesagt, sein Arzt habe gesagt, er dürfe das Bett nicht mehr verlassen. "Das habe ich als Ausrede benutzt und es hat sich wie eine Lawine entwickelt", sagte Gottschalk bei Maischberger. Später erklärte Gottschalk noch: "Ich höre in München auf und fange woanders wieder an."
Die Pläne verriet Gottschalk allerdings nicht.
Er sagte aber noch etwas anderes: Er sei beeindruckt gewesen von Kühnert. "Hier saß ein junger Kerl, der hat glänzend argumentiert, der hat eine Vision, der weiß, was er will." Das vermisse er bei einigen älteren Politikern.
(ll/mit dpa)