Die rechtsextreme Vergangenheit eines CDU-Kommunalpolitikers aus Sachsen-Anhalt hat nicht nur die schwarz-rot-grüne Koalition in eine Krise gestürzt, sondern beschäftigt mittlerweile auch die Parteien auf Bundesebene.
Auslöser der Kontroverse waren Vorwürfe gegen den CDU-Kommunalpolitiker Robert Möritz.
Der Streit in der Koalition eskalierte, nachdem die Grünen wegen Möritz einen Beitrag mit dem Titel "Wie viele Hakenkreuze haben Platz in der CDU?" veröffentlicht hatten. Daraufhin stellte die CDU in Sachsen-Anhalt das Regierungsbündnis infrage. Sie argumentiert, Möritz habe sich glaubhaft von seiner Vergangenheit distanziert. SPD und Grüne hatten Zweifel daran.
Und diese Zweifel bleiben. Nun hat die SPD Bedingungen für die weitere Regierungszusammenarbeit gestellt. Geschäftsgrundlage der Kenia-Koalition sei der Einsatz "für Demokratie, gegen Rechtsextremismus und Rassismus", heißt es in einem Beschluss des SPD-Landesvorstands vom Montagabend. "Wir erwarten, dass die CDU dafür glaubhaft einsteht."
In dem einstimmig gefassten Beschluss der Landes-SPD heißt es weiter, zur Geschäftsgrundlage der Koalition gehöre ein konsequentes Vorgehen gegen Rechtstendenzen in den eigenen Reihen "ebenso wie die Umsetzung der Beschlüsse des CDU-Bundesparteitags gegen jede Form der Zusammenarbeit mit der AfD". Wenn die CDU "eine Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten vorbereitet, gibt es für die Fortführung der Koalition keine Grundlage", warnte der SPD-Landesvorstand.
Auch die neue Co-Vorsitzende der SPD hat sich zu dem Streit in Sachsen-Anhalt geäußert. Aus Sicht der SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken sollte sich auch die CDU-Bundesspitze einschalten.
Wenige Wochen nach dem rechten Terroranschlag von Halle sei es schockierend, wie sich die CDU in Sachsen-Anhalt vor klaren Konsequenzen drücke, sagte Esken.
In der Fraktionssitzung am Montag soll sich laut "Spiegel" auch erstmals Ministerpräsident Reiner Haseloff zu Wort gemeldet haben. Haseloff stehe demnach hinter der Entscheidung des Kreisverbandes, Möritz im Vorstand zu halten. Der CDU-Landrat von Anhalt-Bitterfeld, Uwe Schulze, soll Haseloff versichert haben, dass es sich bei Möritz um einen glaubhaften Aussteiger aus der rechten Szene handle.
Die Bundes-CDU hat sich derweil im Koalitionsstreit hinter den CDU-Landesverband gestellt. "Nazis haben keinen Platz in der CDU", heißt es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur und der "Rheinischen Post" in einer am Montagabend verschickten Nachricht der CDU-Bundeszentrale an alle Landesverbände der Partei. "Deshalb sind ALLE in der CDU in der Pflicht sicherzustellen, dass totalitäres Denken in unseren Reihen ausgeschlossen ist." Das habe der CDU-Landesverband Sachsen-Anhalt klar gemacht.
Zugleich betont die Bundes-CDU in ihrem Schreiben, jeder Mensch habe das Recht auf Erkenntnis und Besserung. "Wer politisch radikal war und sich zum Bruch mit dieser Szene entscheidet, den sollten wir bei diesem Weg unterstützen. Das entspricht übrigens den Grundwerten der CDU." Dabei sei jeder Einzelfall genau zu betrachten und zu prüfen. "Das geschieht am besten aus nächster Nähe vor Ort, denn dort kennt man die betroffenen Menschen." Selbst dann könne es im Einzelfall noch zu Fehleinschätzungen kommen, die schnell und unnachgiebig zu Konsequenzen führen müssten.
Bereits am Montag hatte CDU-Bundesgeschäftsführer Stefan Hennewig die Landesverbände seiner Partei zu einer klaren Abgrenzung gegen Rechtsaußen aufgefordert. "Nazis haben keinen Platz in der CDU", schrieb Hennewig an die Landesverbände. "Deshalb sind alle in der CDU in der Pflicht sicherzustellen, dass totalitäres Denken in unseren Reihen ausgeschlossen ist."
Bundestagspräsident Schäuble sagte am Dienstag der Sendung "Frühstart" auf RTL und ntv: "Mit Neonazis können demokratische Parteien und insbesondere die Partei, der ich angehöre, nichts zu tun haben." Er betonte: "Da gibt es keine Kompromisse." Schäuble räumte zugleich ein, den Fall Möritz "nicht besonders gut zu kennen".
Ministerpräsident Reiner Haseloff von der CDU regiert seit 2016 mit SPD und Grünen, dies war die erste sogenannten Kenia-Koalition in Deutschland. Das Bündnis durchlebte bereits mehrere schwere Krisen.
(ts/dpa/afp)