Ein Teilnehmer der Querdenken-Demo in Berlin Ende August.Bild: dpa / Paul Zinken
Deutschland
Das Landesamt für Verfassungsschutz in
Baden-Württemberg beobachtet als erstes in Deutschland die
"Querdenken"-Bewegung. Wie die Deutsche Presse-Agentur in Stuttgart
am Mittwoch erfuhr, stufte das Landesamt "Querdenken 711" als
Beobachtungsobjekt ein. Die Gruppe, die seit Monaten gegen die
staatlich verordneten Corona-Einschränkungen auf die Straße geht,
radikalisiere sich und sei durch Extremisten unterwandert, hieß es in
Sicherheitskreisen. Gründer der "Querdenken"-Bewegung ist der
Stuttgarter Unternehmer Michael Ballweg.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) und
Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube wollen am Mittwoch über den Umgang mit der "Querdenken"-Bewegung informieren, sagte ein
Ministeriumssprecher der dpa. Strobl hatte zuletzt vor dem
zunehmenden Einfluss von Extremisten und Verfassungsfeinden in Reihen
der "Querdenker" gewarnt. Die Bewegung speise sich aus Reichsbürgern,
Selbstverwaltern, Rechtsextremen und Verschwörungstheoretikern, die
die Demonstranten instrumentalisierten.
Von bürgerlich bis rechtsextrem
Der Stuttgarter "Querdenken"-Gründer Ballweg hat sich immer
wieder gegen die Vorwürfe gewehrt. Zuletzt hatte der Unternehmer Ende
vergangener Woche der dpa gesagt: "Wir sind eine friedliche Bewegung
und keine politische Partei." Extremismus, Gewalt, Antisemitismus und
menschenverachtendes Gedankengut hätten ebenso wenig Platz bei den
"Querdenkern" wie die Symbole dieser Denkweisen.
Anhänger der Initiative "Querdenken 711", das Kürzel kommt von
der Stuttgarter Telefonvorwahl 0711, und Ableger der Bewegung sind in
den vergangenen Monaten in zahlreichen deutschen Städten gegen
Beschränkungen in der Corona-Krise auf die Straße gegangen. Die
Mischung der Teilnehmer ist vielfältig: Sie reicht von eher
bürgerlichen Demonstranten, Esoterikern, Friedensbewegten bis hin zu
Reichsbürgern und offen Rechtsextremen. Zuletzt war es auch im Umfeld
der Demonstrationen immer wieder zu Gewalt gekommen.
Auch die Innenministerkonferenz will sich an diesem Donnerstag
mit dem Thema befassen. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius
(SPD) hatte bereits eine schnelle Beobachtung der Bewegung
gefordert.
FDP-Politiker: "Logische Konsequenz"
Der FDP-Obmann im Innenausschuss des Bundestages Benjamin Strasser erklärte in einem Statement, die Beobachtung durch den Verfassungsschutz sei die logische Konsequenz der Entwicklung von Querdenken in den vergangenen Wochen. "Die offensichtliche Radikalisierungsspirale von Querdenken hat nichts mehr mit normalem, demokratischen Protest zu tun."
Aus den Reihen dieser Truppe werde zum Sturm auf freigewählte Parlamente, zu Drohungen und Gewalt gegen staatliche Institutionen aufgerufen. "Das steht weit außerhalb unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung." Sobald aus Sicht des Bundesamtes für Verfassungsschutz die rechtlichen Voraussetzungen vorlägen, solle auch die bundesweite Beobachtung erfolgen.
(om/dpa)
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