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Nach Corona-Quarantäne: Merkel-Minister: "Junge Leute zuerst wieder auf die Straße"

Bundeskanzlerin Angela Merkel L, CDU, und Helge Braun R, Chef des Bundeskanzleramts, aufgenommen im Rahmen der woechentlichen Sitzung vom Kabinett in Berlin, 05.02.2020. Berlin Deutschland *** Federal ...
Kanzlerin Angela Merkel und Kanzleramtsminister Helge Braun.Bild: www.imago-images.de / Florian Gaertner/photothek.net via www.imago-images.de
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Kanzleramtsminister zu Zeit nach Quarantäne: "Junge Leute zuerst wieder auf die Straße"

Für seine Chefin ist es Neuland, aber Kanzleramtsminister Helge Braun wagte sich trotzdem vor: Auf "Jodel" stellte er sich einem "ask me anything" und beantwortete eine Stunde lang dutzende Fragen der Community zur Corona-Krise.
25.03.2020, 17:1931.03.2020, 11:25
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Etwas ungewohnt wirkte es am Anfang noch, wie das eben so ist, wenn sich etablierte Politiker aus der eher gehobenen Altersklasse auf die neuen Kommunikationsmöglichkeiten des Internets einlassen. Dann kam Helge Braun, Kanzleramtsminister, aber gut in Fahrt und verriet in vielen dutzend Videos zeitweise sogar private Details.

Nachmittags konnten auf der Internetplattform "Jodel" eine Stunde lang Fragen an Helge Braun gestellt werden, über die dann von der Community abgestimmt wurde. Die Fragen mit den meisten Likes beantwortete der Kanzleramtsminister anschließend.

Unter anderem erklärte Braun, wie eine Lockerung des Kontaktverbots und somit ein Ende der Corona-Quarantäne eingeleitet werden wird: Demnach sollen zuerst wieder die jungen Menschen vermehrt auf die Straße gehen dürfen. Aktuell hänge viel davon ab, ob die Infektionskurve mit den beschlossenen Maßnahmen flach gehalten werden könne. "Das zeigt sich in den nächsten zwei Wochen", sagte Braun. Dann könne man hoffentlich auch die Frage nach einem Ende der Einschränkungen beantworten.

Auch eine Frage von watson wurde beantwortet. Hier sind die wichtigsten Infos aus dem "ask me anything".

In dutzenden kleinen Videobotschaften beantwortete Helge Braun auf der App "Jodel" Fragen zur Coronakrise
In dutzenden kleinen Videobotschaften beantwortete Helge Braun auf der App "Jodel" Fragen zur CoronakriseBild: Screenshot / jodel

Hat die Bundesregierung zu spät mit Gegenmaßnahmen gegen Corona begonnen?

"Wir haben einen guten Zeitpunkt erwischt, um mit den Maßnahmen anzufangen. Hätten wir während des Fasching schon angefangen, hätten wir bei einer niedrigen Infiziertenanzahl schon alle Leute nach Hause geschickt. Das wäre nicht richtig gewesen."
Kanzleramtsminister Helge Braun

Wie geht es nach der Kontaktbeschränkung weiter?

"Junge Menschen, die nicht zur Risikogruppe gehören, dürfen dann wieder auf die Straße. Dann müssen wir aber konsequent testen und die Kontaktpersonen von Infizierten herausfinden, damit die Erkrankungen nicht wieder exponentiell ansteigen."
Kanzleramtsminister Helge Braun

Wie kann man Inflation verhindern?

"Wir müssen uns auf die Notenbank verlassen und aufpassen, dass wir jetzt nicht zu viele finanzielle Versprechungen machen."
Kanzleramtsminister Helge Braun

Wie hoch ist die Dunkelziffer?

"Das weiß niemand. Aber das Verhältnis von Toten zu Infizierten zeigt, dass die Dunkelziffer in Deutschland relativ niedrig ist."
Kanzleramtsminister Helge Braun

Warum hat man nicht schon früher auf das Robert-Koch-Institut gehört?

Schon 2013 hatte das Robert-Koch-Institut in Berlin einen Plan entworfen, in dem der Fall durchgespielt wurde, dass Deutschland von einer Grippe-Epidemie heimgesucht wird. Auch dem Bundestag wurde der Plan vorgelegt. Umgesetzt wird und wurde er allerdings nicht. Auf die Frage von watson, weshalb man diesen Plan nicht genutzt hat, antwortet Helge Braun:

"Wir setzen ihn schon um, aber er passt nicht auf die Situation, weil er auf eine Influenza-Epidemie abzielt. Deshalb müssen wir ihn etwas anpassen."
Kanzleramtsminister Helge Braun

Wie geht es an Schulen und Unis weiter?

Auch wollten viele User wissen, wie es für die Schulen und Unis nach Ostern weitergehen wird. Ob Schulen dann wieder geöffnet sein werden und das Sommersemester an den Unis stattfindet, wird laut Braun in zwei Wochen entschieden werden, sobald man die Auswirkungen der derzeitigen Quarantäne absehen kann. "Wir arbeiten an einer Exitstrategie."

Wo liegt die Belastungsgrenze für unser Gesundheitssystem?

"Wir rechnen damit, dass ungefähr 1 Prozent der Infizierten eine Versorgung auf der Intensivstation benötigen. Wir versuchen aktuell unsere Kapazität von 24.000 Intensivbetten auf 48.000 zu erhöhen. Dann kann man sich ja ausrechnen, wo die Belastungsgrenze an Erkrankten für uns liegt."
Kanzleramtsminister Helge Braun

Wird es eine Corona-Impfpflicht geben?

"Das hängt sehr davon ab, ob nicht alle Menschen bereit sind, sich sowieso impfen zu lassen. Ältere Menschen müssen diese Impfung in Anspruch nehmen."
Kanzleramtsminister Helge Braun

Wer regiert Deutschland, wenn die Bundeskanzlerin länger wegen Corona ausfällt?

"Wir sind guter Hoffnung, dass sie nicht an Corona erkrankt ist." Wenn sie doch länger ausfallen sollte, gebe es eine Vertretungsreihenfolge, laut der der Vize-Kanzler, Olaf Scholz, die Regierungsgeschäfte übernimmt.
Kanzleramtsminister Helge Braun

Geht uns das Klopapier aus?

"Es wird aktuell eineinhalbmal so viel Toilettenpapier produziert als normal. Gutscheine oder Rationierungen brauchen wir nicht."
Kanzleramtsminister Helge Braun

Wird nach der Krise mehr Geld in das Gesundheitssystem fließen?

"Wir werden in der Krise das Gesundheitssystem erheblich aufbauen. Vieles davon wird auch nach der Krise nachwirken."
Kanzleramtsminister Helge Braun

Ist Helge Braun mit Helge Schneider verwandt?

Die Frage wurde tatsächlich gestellt und - umso interessanter - auch von Helge Braun beantwortet. Nicht ganz humorfrei sagt der Kanzleramtsminister: "Das weisen wir beide mit Entschiedenheit von uns."

Auch eine Frage zu seinem persönlichen Umgang mit der Corona-Pandemie beantwortet Braun. Auf die Frage, wie die aktuelle Krise seinen Alltag verändert habe, sagt er: "Ich arbeite fast den ganzen Tag in Telefonschalten statt in Sitzungen. Fast alle Abendveranstaltungen finden nicht statt, so dass ich abends tatsächlich zuhause bin."

Am Ende nutzte er den Kontakt zu den Usern noch für eine persönliche Bitte an alle Arbeitgeber: "Alles, was im Homeoffice zu erledigen ist, sollte auch bitte im Homeoffice gemacht werden."

(lw)

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