
Bundesinnenminister Horst Seehofer.Bild: www.imago-images.de / Reiner Zensen
Deutschland
21.07.2020, 16:5121.07.2020, 16:51
Als Reaktion auf die Ausschreitungen in
Frankfurt am Main möchte Bundesinnenminister Horst Seehofer
gewalttätige Übergriffe gegen die Polizei erforschen lassen. "In
Deutschland reden ja gerade viele über Polizei-Studien. Wir bräuchten
nach meiner Überzeugung eine Studie über Gewalt gegen Polizeibeamte",
sagte er dem "Münchner Merkur" (Dienstag). Der Respekt vor dem
staatlichen Gewaltmonopol scheine immer mehr zu schrumpfen, beklagte
der CSU-Politiker. "Wir erleben einen Trend, der davon geprägt ist,
Gewalt gegen Polizeibeamte auszuüben - und dafür von umstehenden
Passanten noch angefeuert zu werden."
In der Nacht zum Sonntag war es auf dem Frankfurter Opernplatz zu
Ausschreitungen gekommen. Nach Polizeiangaben wurden die
Einsatzkräfte aus der Menge mit Flaschen angegriffen. Mindestens fünf
Beamte wurden verletzt, mehrere Polizeifahrzeuge beschädigt.
Bei der hessischen Gewerkschaft der Polizei (GdP) stößt die von Seehofer angeregte Studie aber trotzdem auf Skepsis. Eine solche Studie halte er derzeit nicht für notwendig, sagte GdP-Landeschef Andreas Grün am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Sicherlich wäre eine Studie gerade zu soziologischen Hintergründen von Übergriffen hilfreich, "aber das ist jetzt glaube ich momentan nicht unbedingt das, was wir dringend brauchen", sagte Grün mit Blick auf die andauernde Drohmail-Affäre in Hessen und Rechtsextremismus- sowie Rassismusvorwürfe gegen die Polizei.
Kritik aus der Opposition
Kritik kam auch aus der Opposition. FDP-Bundestagsfraktionsvize Stephan Thomae will eine
wissenschaftliche Aufarbeitung zumindest nicht ausschließen. "Dass
Seehofer allerdings eine Studie über Gewalt gegen Polizeibeamte
fordert, gleichzeitig aber eine Studie zum "Racial Profiling"
verweigert, ist zynisch", sagte Thomae der dpa in Berlin.
Hintergrund ist die Debatte um Polizeieinsätze, bei denen
Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Haarfarbe oder anderer äußerer
Merkmale, aber ohne konkreten Anlass kontrolliert werden. Noch im
Juni hatte das Innenministerium eine Studie über das sogenannte
Racial Profiling in Aussicht gestellt, doch Seehofer nahm die
Ankündigung seines Ressorts später wieder zurück, wofür er bis heute
in der Kritik steht.
Das Innenministerium hatte Seehofers Entscheidung unter anderem damit begründet, dass Racial Profiling in der polizeilichen Praxis verboten ist. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ireene Mihalic, die von Beruf Polizistin ist, schrieb auf Twitter, dass dieser Logik folgend eine Studie über Gewalt gegen Polizeibeamte ebenso überflüssig sei.
Seehofer verteidigt diese Entscheidung erneut: "Wir haben in der Polizei kein strukturelles Problem mit Rassismus, davon bin ich überzeugt", versicherte er im "Merkur"-Interview. "Die Beamten haben mein uneingeschränktes Vertrauen, und ich glaube, ich kann mir nach 50 Jahren in der Politik dieses Urteil erlauben: Unsere Sicherheitsbehörden sind ein Juwel." Deshalb mahnte er auch einen Grundkonsens im Umgang mit Polizisten an: "Die schlägt man nicht, bespuckt man nicht, beleidigt man nicht."
Auf Twitter kritisierten Nutzer außerdem, dass Zahlen zu Gewalt gegen die Polizei bereits erhoben werden. Zuletzt veröffentlichte das BKA Anfang Juni eine Statistik unter dem Namen "Bundeslagebild Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte 2019".
(lau/dpa)
Die Koalitionsbildung biegt auf die Zielgerade ein. Am Mittwoch stellten Union und SPD den gemeinsamen Koalitionsvertrag vor, es gilt nicht gerade als der große Wurf. Genau auf den hofft Grünen-Chefin Franziska Brantner im Hinblick auf Friedrich Merz aber.
Nun müssen nur noch die Parteigremien der Zweck-Ehe zwischen Union und SPD zustimmen und den gemeinsamen Ehevertrag absegnen. Natürlich könnte es, etwa durch Protest der Jugendverbände Jusos und Junge Union, noch zu einem Platzen von Schwarz-Rot kommen, doch wahrscheinlich ist das nicht.