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USA: New York trotzt Trump – Experte warnt vor harten Konsequenzen

04.11.2025, USA, New York: Zohran Mamdani spricht nach seinem Sieg bei den Bürgermeisterwahlen. Foto: Yuki Iwamura/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
USA, New York: Zohran Mamdani spricht nach seinem Sieg bei den Bürgermeisterwahlen.Bild: AP / Yuki Iwamura
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New York trotzt Trump: Was Mamdanis Sieg für die US-Politik und die Demokraten bedeutet

Der demokratische Sozialist Zohran Mamdani wird Bürgermeister von New York. Der Wahlausgang ist weniger Triumphzug als Stimmungstest. Was er über die politische Lage im Land verrät, schätzen die Expert:innen Thomas Greven und Sudha David-Wilp gegenüber watson ein.
05.11.2025, 12:4205.11.2025, 12:42

Als Zohran Mamdani in Brooklyn vor seine Anhänger:innen tritt, spricht er nicht wie ein Lokalpolitiker. Er spricht wie jemand, der weiß, dass Washington zuhört. New York werde, so Mamdani, "in einem Moment politischer Dunkelheit das Licht sein". Der frisch gewählte Bürgermeister der Metropole richtet die Zeilen an den US-Präsidenten Donald Trump, der wenige Kilometer entfernt die Geschicke des Landes steuert.

Der 34-jährige Mamdani ist New Yorks erster muslimischer Bürgermeister und gilt als jüngster Amtsinhaber seit mehr als einem Jahrhundert. In der Stichwahl setzte er sich klar gegen den von Trump öffentlich unterstützten Andrew Cuomo durch – und ist damit nicht nur Symbolfigur für das progressive Lager, sondern auch ein Gegner, den Trump ausdrücklich verhindern wollte.

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Ex-Gouverneur Andrew Cuomo, Republikaner Curtis Sliwa und Demokrat Zohran MamdaniBild: POOL AP / Angelina Katsanis

Es war ein Wahlabend in einer Millionenstadt, der weit über die Stadtgrenzen hinaus strahlt. Denn Mamdanis Sieg hat zwei Ebenen: Er ist einerseits ein Signal in Trumps alte Heimat und offenbart andererseits die Bruchlinien in beiden Parteien.

Nun muss der Präsident mitansehen, wie New York mit öffentlicher Botschaft den politischen Gegenkurs einschlägt. Der Jubel in der Metropole ist groß, doch die Frage nach der Bedeutung dieses Wahlausgangs bleibt. Inwiefern wirkt sich das auf Trumps Einfluss aus? Was bedeutet das für die Demokraten?

New York als Dämpfer? Trump wird so weitermachen wie bisher

US-Experte und Politikwissenschaftler Thomas Greven (FU Berlin) betont, dass Trumps unmittelbare politische Stellung nicht geschwächt sei. "Wie er selbst sagt: Ich sehe mich um, und ich sitze im Oval Office," erklärt er auf watson-Anfrage. Schlechte Umfragen seien für Trump Fake News, schlechte Wahlergebnisse wiederum Betrug: "Er ist gewählt und wird so weitermachen wie bisher."

Noch vor der Wahl schrieb der US-Präsident in üblicher Manier auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social: Wenn Mamdani die Wahl gewinne, "ist es höchst unwahrscheinlich, dass ich meiner geliebten Heimatstadt mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbeträge an Bundesmitteln zukommen lasse".

Greven hält es für wahrscheinlich, dass Trump diese Drohungen wahrmacht. "Konsequenzen gibt es eher für New York, wenn er die Stadt für ihre Wahl bestraft", erläutert der Experte.

Diese Haltung zeigt, wie Trumps politisches System funktioniert: Kritik prallt ab, die eigene Immunität bleibt intakt. Ein New Yorker Bürgermeister, so Greven, wird diese Mechanik nicht durchbrechen – und kann Trumps nationale Machtbasis kaum ins Wanken bringen.

President Donald Trump gestures as he arrives on Air Force One, Thursday, Oct. 30, 2025, at Joint Base Andrews, Md., after returning from a trip to Asia. (AP Photo/Mark Schiefelbein)
Donald Trump hält seine harte Linie und gerät dabei regelmäßig mit dem Gesetz in Konflikt.Bild: AP / Mark Schiefelbein

Dennoch bleibt dieser Wahltag für die Republikaner spürbar: Die Aussicht auf die Zwischenwahlen trübt sich – auch, weil der Trend zeige, "dass die Amerikaner mit der Trumpschen Politik unzufrieden sind".

Als Konsequenz erwartet der Experte allerdings kein inhaltliches Umdenken, sondern verstärkte Anstrengungen der Republikaner, den Wahlausgang künftig mit härteren Mitteln zu beeinflussen – etwa durch Hürden für demokratische Wähler:innen oder Wahlkreis-Manipulationen.

Der Sieg Mamdanis ist also weniger eine Niederlage für Trump, als ein Indikator: Seine dominante politische Präsenz ruft erstmals substanziellen Widerstand hervor.

Progressive Energie: ein strategischer Balanceakt für die Demokraten

Für die Demokraten öffnet Mamdanis Erfolg dagegen ein strategisches Fenster und zugleich eine strategische Falltür.

Greven beschreibt den Spagat so: "Einerseits: Sie können noch gewinnen. Andererseits offenbart sich ein strategisches Dilemma: Um zu mobilisieren, schlagen sie vielerorts einen Kurs ein, der von Wählern der Mitte als zu links und/oder zu aggressiv angesehen wird."

Genau diesen Balanceakt betont auch Sudha David-Wilp, Vizepräsidentin für Außenbeziehungen und Senior Fellow vom German Marshall Fund. Sie weist auf Anfrage von watson darauf hin, dass New York politische Ideen testet, aber kein Modell für die USA liefert. "New York ist kein Frühindikator für das ganze Land, aber ein einflussreicher Experimentierraum. Die Demokraten können viel aus Mamdanis Kampagne lernen."

Hier kommen die weiteren demokratischen Erfolge ins Spiel. Denn am meisten Aufmerksamkeit hat in Europa zwar der designierte New Yorker Bürgermeister Zohran Mamdani erregt. Doch die Expertin erinnert an die zwei weiteren demokratischen Siege: Jenen von Abigail Spanberger, die zur Gouverneurin in Virginia gewählt wurde, und von Mikie Sherrill, die die Wahl in New Jersey für sich entscheiden konnte.

Beide zählen zu den moderaten demokratischen Kandidat:innen und feierten Erfolge, die für 2026 und 2028 nach Meinung der Expertin schwerer wiegen dürften. Sie dienen nicht nur der Parteimitte, sondern auch der politischen Verteidigung.

"Sie werden auch eine Verteidigung gegen Trump sein, der versucht, die Demokraten pauschal als Sozialisten darzustellen und Mamdanis Strategie zu kopieren", sagt David-Wilp. Diese Strategie geht bei den beiden Kandidatinnen nicht auf.

New York hat gezeigt, wie weit progressive Politik tragen kann, wenn eine Stadt sie trägt. Gleichzeitig bleibt sichtbar, dass die entscheidenden Schlachten woanders geschlagen werden: dort, wo Wähler:innen weniger nach Aufbruch fragen als nach Verlässlichkeit. Mamdani steht für Energie, Spanberger und Sherrill für Stabilität. Und Trump regiert weiter, fest im Amt, unbewegt von einem Wahlergebnis in seiner alten Heimat.

Die Demokraten feiern an zwei Fronten: links und in der Mitte. Erst die nächsten Wahlen werden zeigen, ob beides zusammengeht, oder ob die Partei am Ende wählen muss, welchen Ton sie lauter drehen will.

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