Die Zahl der rechtsextremen Verdachtsfälle in der Bundeswehr hat zugenommen. Bild: dpa
Deutschland
26.01.2020, 16:3426.01.2020, 19:36
Die Bundeswehr hat ein Problem mit rechtsextremen Soldaten – und es wird größer. Das geht aus Untersuchungen des Militärischen Abschirmdiensts (MAD) hervor.
- Gegen etwa 550 Soldaten der Bundeswehr laufen Ermittlungen wegen des Verdachts auf Rechtsextremismus, sagte der MAD-Chef Christof Gramm im Interview mit der "Welt am Sonntag".
- Allein im vergangenen Jahr seien 360 neue Verdachtsfälle hinzugekommen.
- Besonders betroffen ist demnach die Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK).
Dem Militärgeheimdienst MAD waren nach dem Bekanntwerden einiger Vorfälle in der Bundeswehr schwere Versäumnisse beim Ermitteln gegen Rechtsextreme vorgeworfen worden. Der Anstieg der Zahlen sei auch darauf zurückzuführen, dass seine Behörde inzwischen genauer hinsehe, erklärte Gramm weiter.
Beunruhigend ist, dass gerade in der Elitetruppe KSK besonders viele Verdachtsfälle auftauchen. Aktuell bearbeite man rund 20 Verdachtsfälle im Bereich Rechtsextremismus allein im KSK – Anfang 2019 sei es noch etwa die Hälfte gewesen. Im Verhältnis zur Personalstärke gebe es in der Einheit damit etwa fünf Mal so viele Fälle wie im Rest der Truppe. MAD-Präsident Gramm zeigte sich dennoch überzeugt, dass die Vorgesetzten in der KSK alles täten, "um politische Bildung voranzutreiben, Verfassungstreue durchzusetzen" und gegebenenfalls auch personelle Konsequenzen zu erwirken.
Terrorverdacht und Schattenarmee
Das Thema Rechtsextreme in der Bundeswehr erhielt erstmals 2017 öffentliche Aufmerksamkeit, nachdem der rechtsextreme Bundeswehr-Soldat Franco A. aufgeflogen war. Der hatte sich als Syrer ausgegeben und wird sich demnächst wegen Terrorverdachts vor Gericht verantworten müssen. Eine Recherche der "taz" ergab zudem Hinweise auf ein rechtsextremes Netzwerk in der Bundeswehr. Die Mitglieder eine Schattenarmee sollen sich darauf vorbereiten, einen "Tag X" herbeiführen zu wollen – inklusive Machtergreifung.
Entdecke ein Soldat bei Kameraden verfassungsfeindliche Bestrebungen, sei es seine Pflicht, dies zu melden, betonte Gramm im Interview. Es gehe jedoch nicht um eine generelle Gesinnungsprüfung. Die Soldaten hätten Meinungsfreiheit, wenn auch stärker eingeschränkt als beim Normalbürger. Ein Soldat dürfe beispielsweise auch die AfD wählen. "Das geht uns überhaupt nichts an“, sagte Gramm.
Reaktionen aus der Politik:
Der Linken-Abgeordnete André Hahn sagte der "Welt am Sonntag" mit Blick auf die hohe Zahl an Verdachtsfällen auf Rechtsextremismus: "Viel zu lange ist nicht richtig hin- oder sogar weggeschaut worden." Das Zeigen von Neonazi-Symbolen oder das Abspielen einschlägiger Musik sei verharmlost worden.
Die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger zeigte sich überzeugt, dass der Großteil der Menschen in der Bundeswehr seinen Dienst mit einer "beeindruckenden Haltung" leiste. Die vielen Verbindungen in die rechtsextreme Szene seien jedoch eine große Gefahr, sagte sie dem Blatt.
FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae hob ebenfalls hervor, dass "die ganz große Mehrheit unserer Soldaten" fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe. "Gerade für diese ist es wichtig, dass gegen Extremisten konsequent vorgegangen wird", sagte Thomae der Nachrichtenagentur AFP.
(om/afp)
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