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Deutschland
27.06.2019, 19:0827.06.2019, 19:45
Der Fall des getöteten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke bewegt Deutschland. Anfang Juni war der CDU-Politiker mit einer Schussverletzung im Kopf auf der Terrasse seines Wohnhauses gefunden worden. Er starb kurze Zeit später im Krankenhaus.
Der 45-jährige Stephan E. hat die Tat gestanden. Über sein Motiv sagte er laut "Spiegel", seine Tat sei eine Reaktion auf Lübckes Äußerungen über Flüchtlinge im Oktober 2015 im hessischen Lohfelden gewesen.
Doch was geschah an jenem Abend, der mittlerweile fast vier Jahre her ist?
Walter Lübcke sprach 2015 auf Info-Abend zu Erstaufnahmeeinrichtung
Lübcke trat damals auf einem Info-Abend zu einer Unterkunft für Geflüchtete im nordhessischen Lohfelden auf. Es war Oktober 2015, Hunderttausende Geflüchtete waren in den Monaten zuvor nach Deutschland gekommen.
Etwa 800 Bürgerinnen und Bürger waren an jenem Abend in das Bürgerhaus in Lohfelden gekommen, konnten Fragen stellen und Befürchtungen äußern. Die Veranstaltung war eine von vielen ähnlichen in diesem Herbst in Hessen, doch die Stimmung war an diesem Abend aufgeheizt.
Laut Medienberichten unter anderem der "Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen" sollen Anhänger von Kagida, einem Kasseler Pegida-Ableger, dafür verantwortlich gewesen sein, die im Publikum saßen.
Es habe alles ganz normal angefangen an dem Abend, erinnert sich Lübckes Pressesprecher Michael Conrad jetzt im "Spiegel":
"Es wurde aber schnell klar, dass sich die Stimmung anders entwickelte."
Video zeigt die Szene
Ein Video zeigt die Szene, die später in rechten Kreisen für heftige Aufregung sorgte. Der CDU-Politiker reagiert erst auf einen Zwischenruf, dankt ehrenamtlichen Helfern und lobt die örtliche Schule, in der Werte vermittelt würden. "Ich würde sagen, es lohnt sich, in unserem Land zu leben.
Dann sagt Lübcke den vielzitierten Satz, der für Wirbel sorgt: "Wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen."
Was in dem Video nicht zu hören ist – und was Lübcke danach bereute
Nicht im Video zu hören sind die Zwischenrufe, mit denen Lübcke an diesem Abend dauernd konfrontiert wurde. Es habe "scheiß Staat"- und "scheiß Regierung"-Rufe aus dem Publikum gegeben, erinnert sich Lübckes Pressesprecher Conrad im "Spiegel". Die Fragen, die gestellt wurden, seien außerdem provozierend und polemisch gewesen.
Lübcke selbst sagt nach der Veranstaltung, dass im vorderen Bereich des Saals Beleidigungen gefallen seien, und räumte einen methodischen Fehler ein: "Ich habe einen Fehler gemacht und bin darauf eingegangen, ohne die Anwesenden über Lautsprecher darüber zu informieren, was vorn für Beleidigungen gefallen sind." So hätten sich anfangs alle im Saal angesprochen gefühlt. (lokalo24)
Dass das Publikum offenbar nicht erkannte, dass Lübcke mit seinen Worten auf Beleidigungen vorne im Saal reagierte, zeigt sich auch im Video. Gleich nach der Äußerung des CDU-Politikers geht ein deutlich hörbares Raunen durch den Saal, Menschen lachen höhnisch, es folgen Pfiffe und Buhrufe. Einer – dem Eindruck nach könnte es die Person sein, die die Szene auf Video festgehalten hat – brüllt: "Verschwinde!"
Klar ist: Nicht alle im Saal teilen die Ansichten Lübckes, im Gegenteil. Das Video geht noch am selben Abend online, wird in rechten Gruppen geteilt und hasserfüllt kommentiert.
Später verteidigt Lübcke seine Aussagen
Laut "Spiegel" habe Lübcke seinen Pressesprecher gefragt, ob seine Aussagen "irgendwie daneben" gewesen seien. Der erinnert sich, dass er ihm geantwortet habe: "Ich bin total stolz auf Sie."
Zwei Tage später, Lübcke erhielt inzwischen Morddrohungen, verteidigte der Regierungspräsident in der "HNA" seine Aussagen: Er habe sie an die Zwischenrufer und jene, die diesen applaudierten, gerichtet und bleibe dabei. Mit den Werten habe er christliche Werte gemeint, auf denen das Zusammenleben hierzulande beruhe – Verantwortung und Hilfe für Menschen in Not.
"An diese christlichen Kernbegriffe hatte ich erinnert, als ich immer wieder […] unterbrochen wurde.""
Am 2. Juni 2019, fast vier Jahre nach dem Abend im Bürgerhaus von Lohfelden, betritt eine Person die Terrasse von Walter Lübckes Haus, richtet eine Waffe auf dessen Kopf und drückt ab.
Nach dem umfangreichen Geständnis des dringend Tatverdächtigen Stephan E. sind mittlerweile zwei weitere Männer festgenommen worden. Wie der Generalbundesanwalt mitteilte, soll der aus dem Kreis Höxter in Nordrhein-Westfalen stammende Elmar J. (64) Stephan E. 2016 die spätere Tatwaffe mit dem Kaliber .38 verkauft haben. Den Kontakt zwischen den beiden soll der aus Kassel stammende Markus H. (43) hergestellt haben. Ihre Wohnungen wurden durchsucht. Elmar J. und Markus H. wird Beihilfe zum Mord vorgeworfen.
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Video: watson
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine war nie eine reine Angelegenheit zwischen zwei Ländern. Schon von Anfang an waren im Westen die Nato-Alliierten als Waffenlieferanten und Finanziers involviert. Dasselbe gilt für die Freunde Putins. Ohne Supermacht China sowie Paria-Staaten wie der Iran wäre die Invasion kaum denkbar.