Wenn es um die Fragen nach Integration geht, dann verhalten sich die Deutschen seltsam widersprüchlich. Während es im Fernsehen, in der Politik und bei Demonstrationen nur noch um das eine große Problem zu gehen scheint, findet die breite Masse zuhause auf der Couch: In Wahrheit ist doch alles gar nicht so schlimm.
Das mag an zweierlei liegen:
Frauen, Westdeutsche, Türkeistämmige und Zuwanderer aus anderen Nicht-EU-Staaten nehmen das Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturen dagegen heute als weniger konfliktreich wahr als 2015.
Das sagt zumindest das Integrationsbarometer 2018, den der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration auf Basis einer repräsentativen Umfrage erstellt hat.
Hier seine wichtigsten Ergebnisse:
Der Barometer fragte die Menschen nach dem "Integrationsklima" – auf einer Skala von Null (sehr negativ) bis 100 (sehr positiv).
Aussiedler und Menschen mit türkischen Wurzeln haben eine leichte Verbesserung wahrgenommen.
Dass der Anteil der
Integrationsskeptiker im Osten deutlich höher ist als im Westen lässt
sich laut Untersuchung zumindest teilweise erklären.
Auch hier fällt die Antwort der Deutschen ambivalent aus.
Die meisten Menschen haben das Gefühl, dass die Kommunen die Unterbringung der Asylbewerber und Flüchtlinge recht gut bewältigt haben.
In Ballungsgebieten, in denen bezahlbarer Wohnraum schon vorher Mangelware war, hört man aber auch kritische Töne. Und zwar vor allem von Menschen ohne Migrationshintergrund, die in Berlin, Hamburg oder Bremen leben.
Trotzdem gibt es für eine auch von etlichen Pädagogen angemahnte bessere Verteilung der Kinder ausländischer Herkunft auf die Schulen bisher keinen Rückhalt durch die Landesregierungen.
Als Gegenargument wird gerne
vorgebracht, lange Anfahrtswege seien nicht zumutbar. Wenn es
allerdings darum geht, den eigenen Nachwuchs von den Problemen der
Brennpunktschulen abzuschotten, erscheint manchen bürgerlichen Eltern
kein Weg zu weit.
Im Gegensatz zu den Neuen Rechten, die Zuwanderung als Bedrohung für die deutsche Identität empfinden, stimmt die Mehrheit der Menschen der Aussage zu, die aufgenommenen Flüchtlinge "werden Deutschland kulturell langfristig bereichern".
Deutsche ohne Migrationshintergrund vertreten diese Meinung sogar noch etwas häufiger (71,5 Prozent) als die Zuwanderer.
Das islamische Kopftuch wird von Menschen, die strengere Regeln für Migration und Einbürgerung wollen, gerne als Gradmesser für Integration herangezogen. Vielleicht weil es sichtbar und daher leichter zu quantifizieren ist als etwa die Wertvorstellungen der Zuwanderer.
Knapp 58 Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund sind dagegen, dass Lehrerinnen im Unterricht ein Kopftuch tragen dürfen. Unter den Türkeistämmigen ist nur jeder Vierte für ein Verbot.
Von den Befragten ohne Migrationshintergrund sind rund 60 Prozent dafür, weiterhin Flüchtende aufzunehmen, selbst wenn Deutschland das einzige EU-Land sein sollte, dass dazu bereit ist.
Allerdings wünscht sich etwas mehr als die Hälfte von ihnen eine "Obergrenze" für die Asylzuwanderung. Wo diese Grenze liegen sollte, fragte der Barometer nicht.
(mbi/dpa)