Tausende Landwirt:innen protestieren dieser Tage gegen die Agrarpolitik der Ampelregierung, gegen die Streichung von Subventionen, gegen all das, was in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten schiefgelaufen ist. Die Wut legte viele Orte lahm. Lange Trecker-Konvois zogen sich durch die Städte, blockierten Autobahnauffahrten.
Gemessen an den Teilnehmerzahlen fanden vor allem in Großstädten größere Demonstrationen statt. Hunderte Traktoren und andere Zugmaschinen sorgten aufgrund ihrer Größe für beeindruckende Bilder, viel Aufmerksamkeit – und etliche Verkehrsbehinderungen. Zu den Landwirt:innen gesellten sich auch Vertreter:innen anderer Zünfte, etwa Bäcker:innen oder Handwerker:innen.
Von Anfang an sorgten die Proteste auch für Kritik. Der Vorwurf: Sie würden von Rechten unterwandert und letztlich instrumentalisiert. Und tatsächlich blieb der Protest nicht überall harmlos. Zahlreiche Trecker hatten nicht nur kritische Botschaften an Bord, sondern auch unverhohlene Drohungen an die Ampel-Mitglieder. Etwa Ampelmännchen-Puppen, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) ähnelten – und an Galgen hingen. Oder der Aufruf zur Jagd auf die Ampel-Parteien.
Bayerns Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) stellt sich wie viele Politiker:innen im Freistaat an die Seite der Landwirt:innen. In Aiwanger-Manier schießt er allerdings einmal mehr über das Ziel hinaus und polarisiert mit einer spalterischen Ansprache an die Regierung.
Zu Unterstützer:innen der Proteste gehörten mancherorts auch Personen aus dem extremen Spektrum, die in der Vergangenheit beispielsweise auch bei Demos gegen Corona-Maßnahmen oder sogenannten Montagsspaziergängen aufgefallen waren. Die rechtsextreme Partei "Freie Sachsen" legte eine Demonstration in Dresden auf denselben Tag. Mehrere tausend Menschen nahmen nach Polizeiangaben daran teil. Auf Bannern wurden das Ende der Regierung sowie eine Neuwahl gefordert. Bauernverbände gingen vorab auf Distanz zu solchen Aktionen aus dem rechten Spektrum.
Anders sah das allerdings in der bayrischen Oberpfalz aus. Genauer gesagt in Cham. Das zumindest vermeldet Aiwanger auf X, früher Twitter. In populistischer Art macht er in einem Tweet Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) darauf aufmerksam, dass in Cham alles gesittet abgelaufen sei. Er schreibt:
Eine Aussage, die offensichtlich große Sprengkraft hat. Unter dem Beitrag finden sich zahlreiche Kommentare, die Aiwanger scharf kritisieren – aber der Politiker wird offensichtlich auch von vielen gefeiert. "Die Bauern sind die Mitte der Gesellschaft. Wird Zeit, dass die Freien Wähler in die Bundesregierung einziehen!", schreibt ein User etwa. "Starker Tweet", lobt ein anderer. Ein weiterer "verehrt" Aiwanger gar für diesen Tweet.
Fans Aiwangers stammen offensichtlich auch aus der rechten Ecke. So etwa der Account "Der Exorzist", der laut Selbstauskunft auf X Deutschland "säubern" möchte, von "Lügenpresse, Parteien und Politikern, die dieses Land MUTWILLIG zerstören, Genderwahnsinn und Realitätsverlust!!!!"(sic!), schreibt: "Lieber Herr Aiwanger......ein wahres Wort gelassen ausgesprochen......aber aufpassen.....sonst werden Sie (wie wir ALLE) sooofort in die rechte Ecke gerückt.....wie IMMER! NICHT dass MICH das stören würde...."
Aber auch die Empörung über die spalterischen Aussagen ist groß. So schreibt einer: "Schon interessant, dass der stellvertretende Ministerpräsident eines Bundeslandes scheinbar genervt ist von den Regeln des Demonstrationsrechts. Demokratie ist schon lästig, gell! Und ich habe große Sympathien für die Proteste der Bauern. Aber 0 Toleranz für Politik-Clowns."
Andere kommen auf die Flugblatt-Affäre zu sprechen, die Aiwanger kurz vor der Landtagswahl in Bayern in die Bredouille brachte. Der Verdacht: Aiwanger könnte als Jugendlicher antisemitische Flugblätter verteilt haben. Letztlich konnte der Politiker die Vorwürfe auf seinen Bruder abwälzen, bei der Wahl haben sie ihm zudem nicht geschadet. Nun schreibt eine Userin:
Andere werfen Aiwanger vor, nicht mehr alle Latten am Zaun zu haben oder zu hetzen.