Armin Laschet und Markus Söder demonstrierten Geschlossenheit im Wahlkampf.Bild: www.imago-images.de / Malte Ossowski/SVEN SIMON
Deutschland
Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet und CSU-Chef
Markus Söder haben sich knapp 100 Tage vor der Bundestagswahl
kampfbereit und optimistisch für den Wahlkampf gezeigt. "Es sind
jetzt noch 98 Tage, und jetzt geht es in den Endspurt", sagte Laschet
am Montag bei seinem Eintreffen zur Klausur der Unionsspitze zum
gemeinsamen Wahlprogramm. Auf die Bemerkung einer Reporterin, er sehe
nun entspannter aus, antwortete er: "Es ist ja auch Grund zur
Entspannung." Wie die Deutsche Presse-Agentur am Montagmittag aus
Teilnehmerkreisen erfuhr, beschlossen die Parteispitzen das
Wahlprogramm einstimmig. Die Präsidiumssitzung dauerte damit nur gut
zwei Stunden.
Teilnehmer berichteten aus der Sitzung, dass Laschet und Söder erneut
die Gemeinsamkeit beider Parteien betont hätten. "Jeder der versucht,
uns auseinanderzubringen, wird scheitern", wurde etwa Söder zitiert.
Er und Laschet verstünden sich "sehr gut".
Ziel des Wahlprogramms "Stabilität und Erneuerung"
Laschet sprach bei seiner Ankunft von einem sehr konkreten Programm.
Es sei sozial ausgewogen, und es zeige den Weg, wie Deutschland zu
einem klimaneutralen Industrieland werde, ohne Arbeitsplätze in der
Industrie zu verlieren. Söder erklärte, die Union wolle Stabilität
und Erneuerung vereinen. Die Menschen könnten sich darauf verlassen,
dass die Union auch künftig auf neue Herausforderungen reagieren
werde. Dabei würden die Bürger aber nicht von einer Regierung
oberlehrerhaft behandelt.
Laschet und Söder wollten das gut 140 Seiten starke Manifest mit dem
Titel "Das Programm für Stabilität und Erneuerung. Gemeinsam für ein
modernes Deutschland" am frühen Nachmittag in Berlin offiziell
vorstellen. Der erste größere gemeinsame öffentliche Auftritt der
Parteichefs nach dem Unions-Machtkampf um die Kanzlerkandidatur wurde
mit Spannung erwartet. Söder hatte in den vergangenen Worten immer
wieder mit Sticheleien gegen Laschet auf sich aufmerksam gemacht.
Söder fordert Angleichung von Mütterrente
Söder betonte, er gehe davon aus, dass die von seiner Partei
verlangte Mütterrente am Ende in einem Koalitionsvertrag Realität
werde. Die CDU hatte die Aufnahme der Forderung ins Wahlprogramm aus
Finanzierungsgründen abgelehnt. Bislang bekommen Mütter oder Väter,
die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, in der Regel nur 2.5
Rentenpunkte pro Kind anerkannt. Bei den danach Geborenen sind es 3
Rentenpunkte. Die CSU strebt hier eine Angleichung an. Die Ausweitung
der Mütterrente dürfte sich im CSU-Programm für Bayern wiederfinden.
In dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Entwurf, der am
Vorabend nach einer Präsidiumsklausur an die Parteivorstände verteilt
wurde, schließen CDU und CSU trotz der massiven Staatsverschuldung
wegen der Corona-Krise Steuererhöhungen aus. Zugleich betonten sie
aber, den Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen und die
Schuldenbremse beibehalten zu wollen.
Die Union kündigt in dem Papier zudem unter anderem an, sie wolle ein
Konzept entwickeln, um eine neue Form der kapitalgedeckten
Altersvorsorge zu etablieren. "Dafür kann eine Generationenrente für
eine Altersvorsorge von Geburt an ein guter Baustein sein", heißt es
in dem Papier. Aus Teilnehmerkreisen hieß es am Vormittag, es habe
über Nacht noch Änderungen an einigen Punkten des Entwurfes gegeben.
Merkel: "Wir sind in einem Epochenwechsel"
Kanzlerin Angela Merkel, die nach knapp 16 Jahren an der Regierung
nicht mehr zur Wahl antritt, sagte in der Sitzung nach Angaben von
Teilnehmern, Deutschland stehe angesichts der Corona-Pandemie vor
tiefgreifenden Umbrüchen. Es sei wichtig, dass die Union im ersten
Kapitel ihres gemeinsamen Programms von einem Epochenwechsel spreche.
"Wir sind in einem Epochenwechsel", betonte sie demnach. Dieser werde
getrieben durch Innovation und Digitalisierung.
Merkel sagte demnach, seit 2007 sei eine Herausforderung nach der
anderen für das Land gekommen. Mit der Pandemie würden die Karten auf
der Welt noch einmal neu gemischt. Die offenen Demokratien hätten
sich beim Umgang mit Corona schwerer getan als die autokratischen
Systeme. "Wir haben mehr aufzuholen", wurde die Kanzlerin zitiert.
Bei den USA sehe man, "mit welcher Wucht sie es nun anpacken - auch
wirtschaftlich". Das chinesische Bruttoinlandsprodukt habe sich mehr
als versechsfacht. China sei sehr erfolgreich trotz eines
autokratischen Systems. Europa sei an vielen Stellen nicht führend:
nicht bei den Quantencomputern, den Computerchips oder der
Batterieforschung. Dies müsse man angehen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte beim
Eintreffen zur Klausur, das Regierungsprogramm wolle dem Land neuen
Schwung und neue Dynamik geben. Eines der wichtigsten Versprechen
sei, dass es mit der Union keine Steuererhöhung geben wird.
Es gehe darum, Klimaschutz so zu organisieren, dass er für die
Menschen bezahlbar sei und die Wirtschaft im Land halte.
Umweltschutz nur zusammen mit der Industrie
Saar-Ministerpräsident Tobias Hans sagte, der Entwurf spreche die
breite Mitte der Gesellschaft an, wie dies von einer Volkspartei
erwartet werde. Er sei froh, dass die Union einen großen Akzent auf
die Industriepolitik setze. Es sei wichtig, das Deutschland
Industrieland bleibe und auch Arbeitsplätze in diesem Bereich. Klima-
und Umweltschutz könnten nur zusammen mit den Interessen der
Industrie umgesetzt werden. Das sei ein Riesenunterschied etwa
gegenüber den Grünen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, im
Wahlprogramm würden auch die ersten Lehren aus der Pandemie gezogen.
Am Sonntagabend hatten Laschet und Söder zum Auftakt der Klausur
Geschlossenheit demonstriert und Grüne und SPD scharf attackiert.
Laschet warnte vor einem rot-rot-grünen Bündnis oder einer
Ampel-Koalition aus Grünen, SPD und FDP. Er betonte: "Es darf kein
Bündnis gegen die Union gebildet werden." Söder sagte, der Machtkampf
um die K-Frage belaste weder das Verhältnis der Parteien noch das von
ihm und Laschet persönlich. "Zwischen uns ist die Welt heil."
(nb/dpa)
Die Küche ist ihr Revier. Hier zaubern sie Brot, Eintöpfe und Torten. Mit einer Schürze schützen sie ihre schönen Kleider; das Haar ist kunstvoll frisiert.