Ist es an der Zeit, die kostenlosen Corona-Bürgertests zu stoppen? Vertreter von Ärzteorganisationen haben sich jedenfalls für ein Ende der kostenlosen Schnelltests bei Symptomlosen ausgesprochen. "Richtig wäre es, anlasslose Bürgertests zu stoppen", sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, der "Ärzte Zeitung". "Alternativ sollten die verlässlichen PCR-Tests vollumfänglich gefördert werden."
Unterstützung kam von anderen Verbänden. Die Stiftung Parteienschutz wandte sich gegen den Vorstoß. Die Partei Die Linke unterstützt eine Ausweitung der PCR-Tests. Elke Bruns-Philipps vom Bundesverband der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) sagte den Zeitungen, Tests nur nach Anlass "würden die Zahl der zu übermittelnden Testergebnisse deutlich reduzieren".
Die Amtsärztin forderte zudem, die Ämter von Bürokratie zu entlasten. So sollten die nötigen Isolationsanordnungen für Infizierte entfallen. Auch sei das Übermitteln von Testergebnissen zum "Freitesten" entbehrlich, da jeder positive Test erneut aufwändig bearbeitet werden müsse. Ein Sprecher des Verbands Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) sagte der Zeitung:
Bürger ohne Symptome haben derzeit noch nach Paragraf 4a der Corona-Testverordnung Anspruch auf kostenlose Schnelltests. Anfang der Woche hatte bereits der Ärztliche Pandemierat der Bundesärztekammer gefordert: "Bürgertests und anlasslose Massentestungen haben im aktuellen Testkonzept keinen Platz."
Kritik kam von der Deutsche Stiftung Patientenschutz. "Nur Ignoranten können heute die Einstellung der Bürgertests fordern", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Nachrichtenagentur AFP. "Denn der Blick für die Realität braucht Fakten." Dazu gehörten weiterhin hohe Inzidenzen, "eine exorbitante Positivquote bei den PCR-Tests und eine erschreckend hohe Anzahl von Toten".
"Bürgertests sind oft die Einflugschneise für eine faktenbasierte Pandemiebekämpfung", sagte Brysch weiter. "Beim Wegfall der kostenlosen Testmöglichkeiten wird die Vorfeldbeobachtung in der Pandemie abgeschaltet." Auch weil die aktuellen Impfstoffe nicht umfassend gegen die Omikron-Variante schützten, sei eine solche Forderung "absurd".
Auch der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, plädierte für die Beibehaltung der Bürgertests. Die Inzidenzen gäben ein Bild über das Infektionsgeschehen ab, sagte er der "Ärzte Zeitung". "Deshalb plädieren wir auch weiterhin für niedrigschwellige Testangebote, zum einen, um Bürgerinnen und Bürgern Klarheit über ihren eigenen Corona-Status zu geben, zum anderen, um früh erkennen zu können, wenn sich das Infektionsgeschehen massiv ändert."
Das Bundesgesundheitsministerium will nach Angaben eines Sprechers prüfen, ob die derzeit bis Juni befristeten Bürgertests entfallen können. Zur Zeit werde abgestimmt, "inwieweit gegebenenfalls Nachbesserungsbedarf besteht", sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin. Gegenüber der "Ärzte-Zeitung" erklärte das Ressort: "Aktuell verzeichnen wir noch eine sehr hohe Positivrate von über 90 Prozent für die PCR-Bestätigungstests der Antigentestungen".
Der Linken-Abgeordnete Ates Gürpinar erklärte, die verlässlichen PCR-Tests seien ein zentraler Baustein einer guten Pandemiebekämpfung. "Dass nach rund zwei Jahren Corona die PCR-Testkapazitäten noch immer nicht systematisch ausgebaut sind, zeigt das Versagen der Bundesregierung in der Pandemie-Bekämpfung – gerade auch im Vergleich zu anderen Staaten."
Unterdessen sei die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz laut Robert Koch-Institut auf 733,4 gestiegen. Binnen 24 Stunden wurden 161.718 Neuinfektionen erfasst. Darunter dürften allerdings auch Nachmeldungen wegen des Oster-Wochenendes sein.
(ast / afp)