Sorgt gern für Recht und Ordnung – Polizist und AfD-Kandidat Sebastian Wippel.
Deutschland
Görlitz gilt als Hochburg der AfD, dort will die Partei nun erstmals in Deutschland einen Oberbürgermeister stellen. Die CDU spricht von einer "Richtungswahl für ganz Deutschland".
Görlitz an der Neiße ist eine gespaltene Stadt. Nicht
nur, weil der polnische Teil – Zgorzelec – am anderen Flussufer
liegt. Auch durch die Bevölkerung geht hier ein Riss. Denn in Görlitz
mit seinen rund 56.000 Einwohnern ist die AfD besonders stark. Zur
Bundestagswahl holten die Rechtspopulisten hier 32,9 Prozent der
Zweitstimmen und lagen damit 6 Prozentpunkte vor der Union.
Bei der
Oberbürgermeisterwahl am Sonntag werden dem AfD-Kandidaten Sebastian
Wippel nun gute Chancen auf den Chefsessel im Rathaus eingeräumt – es
wäre der erste OB-Posten für die AfD in Deutschland. Dass Wippel in
einer Umfrage zuletzt deutlich hinter dem CDU-Bewerber Octavian Ursu
(51) lag, muss nicht zwingend etwas heißen: Viele Wähler – rund ein
Drittel – waren laut Umfrage zuletzt noch unentschlossen.
Die AFD Politiker Tino Chrupalla (l.), Sebastian Wippel (M.) und Jörg Urban, Vorsitzender, AfD Sachsen,
CDU spricht von Richtungswahl
Stephan Meyer, Parlamentarischer Geschäftsführer der sächsischen
CDU-Landtagsfraktion, spricht von einer "Richtungswahl für ganz
Deutschland". Es gehe darum, ob Görlitz weiter von "proeuropäischen
Menschen" gestaltet werde oder ein eher "antieuropäisches Signal"
aussende.
AfD-Mann Wippel, ein 36 Jahre alter Polizeioberkommissar, gibt sich
europäisch und sieht Görlitz als Tor zu Osteuropa. "Die Grenzlage ist
mehr Chance als Bürde." Die Einwohnerschaft auf beiden Seiten der
Neiße wachse auch durch Partnerschaften zusammen. "Wir müssen Görlitz
als Gesamtstadt betrachten", sagt Wippel. Mit dem Bürgermeister von
Zgorzelec habe er sich schon getroffen.
Über positive Schlagzeilen konnte Görlitz bisher nicht klagen. Die
Kommune, die sich selbst Europastadt nennt, besitzt schon heute einen
hohen Bekanntheitsgrad. Seit Hollywood die Stadt immer mal wieder als
Kulisse für Produktionen nutzt, trägt sie den Namen Görliwood. Die
historische Altstadt ist ein Architekturmuseum mit allen wesentlichen
Baustilen von der Gotik bis zum Jugendstil. Von mehr als 4000 Kultur-
und Baudenkmalen ist die Rede. Die Stadt steht deshalb bei Touristen
hoch im Kurs und wirbt gezielt um westdeutsche Senioren, damit sie
bei vergleichsweise niedrigen Mieten ihren Lebensabend in Görlitz
verbringen.
Kommt es zur Stichwahl zwischen AfD und Grünen?
Jetzt, wo neben dem EU-Parlament auch der Görlitzer Stadtrat und das
Stadtoberhaupt gewählt wird, haben Touristen ein paar Fotomotive
mehr. Die Stadt ist voller Wahlplakate. Außer für Ursu und Wippel
wird auch für die Grünen-Politikerin Franziska Schubert und Jana
Lübeck (Linke) geworben. Schubert vereint ein breites Bürgerbündnis
hinter sich. In der jüngsten Umfrage lag die 51-Jährige auf Platz 3,
viele trauen ihr aber die Stichwahl am 16. Juni zu. Nur
Linke-Politikerin Lübeck, Jahrgang 1984, scheint bei der Wahl
chancenlos. Schubert meint, dass am Sonntag ganz Deutschland auf
Görlitz blicke.
Franziska Schubert (Grüne) bekommt Unterstürtzung von ganz oben.Bild: www.imago-images.de
Wichtiges Wahlkampfthema ist die Kriminalität. In einer Grenzstadt
wie Görlitz ist sie größer als anderswo, laut Wippel sogar doppelt so
hoch wie im Landesdurchschnitt. Vor allem mit dem Wegfall der
Grenzkontrollen nach dem EU-Beitritt von Polen 2004 seien Diebstähle
und die Drogenkriminalität in die Höhe geschnellt. Wippel glaubt,
dass "denen in Berlin" das egal sei: "Wir sind die Opfer für ein
großes politisches Ziel."
Im Wahlkampf wirbt er mit dem Slogan "Mit Grenzen lebt sich's
besser". Auch Ursu will mit dem Thema Sicherheit punkten. Auf
Plakatwänden ist er mit Videoüberwachungskameras zu sehen. Am Sonntag
sind Kameras vor allem auf das Rathaus gerichtet.
(ts/dpa)
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