Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder beraten am heutigen Dienstag über weitere Corona-Maßnahmen.Bild: imago images / bildgehege
Deutschland
Die Menschen in Deutschland müssen sich auf
eine Fortsetzung des Lockdowns bis in den Februar hinein einstellen.
Auch verschärfte Corona-Regeln sind möglich, wenn Kanzlerin Angela
Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder an diesem
Dienstag (14.00) erneut über das weitere Vorgehen beraten. Im
Gespräch waren zum Beispiel neue Vorgaben zu besser schützenden
Masken im öffentlichen Raum und für mehr Arbeit von zu Hause aus.
Bund und Länder wollen noch mehr die Zahl von Kontaktgelegenheiten
verringern. Die größten Sorgen bereiten derzeit neue, wohl deutlich
ansteckendere Varianten des Coronavirus.
In einer Experten-Anhörung vor den Beratungen plädierten laut
Medienberichten am Montagabend mehrere Wissenschaftler für härtere
Lockdown-Maßnahmen. Sie hätten die drohende Gefahr durch das mutierte
Virus beschrieben, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland
(RND) nach der Expertenrunde. Die einzige hilfreiche Konsequenz sei
die weitere Reduzierung der Kontakte und Einschränkung der Mobilität.
Auch der "Spiegel" berichtete darüber.
Die Corona-Maßnahmen könnten bundesweit nochmal schärfer werden.Bild: dpa / Oliver Berg
Der Ärzteverband Marburger Bund dringt auf eine weitere
Verlängerung des Lockdowns, um schwere Corona-Fälle nicht nur in
Intensivstationen abzuwenden. Die Vorsitzende Susanne Johna sagte der
Deutschen Presse-Agentur: "Die derzeitigen Kontaktbeschränkungen
scheinen mehr und mehr zu wirken." Der eingeschlagene Weg sollte
daher vorerst weiter beschritten werden, bis die Infektionszahlen ein
beherrschbares Niveau erreicht hätten. "Wir brauchen in den Kliniken
weiter dringend eine Entlastung." Gingen die Covid-19-Fälle zurück,
helfe das Ärzten, aber auch Patienten mit verschobenen Eingriffen.
Mehrheit der Deutschen steht hinter Lockdown-Verlängerung
Eine deutliche Mehrheit der Deutschen unterstützt eine
Verlängerung des Corona-Lockdowns über den 31. Januar hinaus. In
einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der
Deutschen Presse-Agentur sprachen sich 40 Prozent sogar für eine
Verschärfung der bestehenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie
aus, weitere 21 Prozent sind für eine Beibehaltung der bisherigen
Beschränkungen. Nur 13 Prozent plädierten für ein Ende des Lockdowns,
17 Prozent für eine Lockerung. 8 Prozent machten keine Angaben.
Der Deutsche Landkreistag stellte vor der Schalte das Ziel von 50
Infektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen infrage, das
Merkel und die Länderchefs immer wieder genannt haben. Dieser
Inzidenzwert könne nicht "die alleinige Größe für unseren Umgang mit
der Pandemie sein", sagte Landkreistagspräsident Reinhard Sager den
Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). "Diese
Orientierungsgröße sollten wir anreichern durch die Auslastung der
Intensivkapazitäten und den Impffortschritt." Bei beidem würden
aktuell Erfolge erzielt. Sager warnte davor, das Vertrauen der
Bevölkerung zu verlieren.
Im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte wird die Einhaltung der Einreiseregeln überwacht – touristische Einreisen sind hier verboten.Bild: dpa / Bernd Wüstneck
Auch der künftige Hauptgeschäftsführer der Deutschen
Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, warnte vor sinkender
Akzeptanz der Bevölkerung, wenn Bund und Länder den Corona-Lockdown
weiter verschärfen. "Wenn die Politik am Dienstag weitere
Verschärfungen beschließen möchte, müssen diese auch wirklich durch
Fakten belegbar sein, sonst wird man die Menschen dafür nicht
gewinnen können", sagte Gaß der "Rheinischen Post" (Dienstag).
Der Deutsche Städtetag forderte dagegen weitere Maßnahmen. "Was
wir alle bisher tun, ist wichtig, aber es reicht in der Summe nicht.
Der Lockdown wirkt nicht so stark wie erhofft", sagte Burkhard Jung,
Präsident des Deutschen Städtetages und Leipziger Oberbürgermeister,
der "Rheinischen Post". Man müsse jetzt auch die Gefahren durch die
mutierten Virusvarianten begrenzen. Es sei richtig, auch neu über
Ausgangssperren nachzudenken. Die Kommunen fordert er auf, städtische
Mitarbeiter verstärkt ins Homeoffice zu schicken.
Kritik an möglicher Homeoffice-Pflicht
Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael
Hüther warnte vor einer Homeoffice-Pflicht. "Dies ist eine
Scheindebatte, denn die Unternehmen haben einerseits seit langem die
Covid-19-Arbeitsschutzbedingungen zu beachten und andererseits
weitreichend das Homeoffice ermöglicht", sagte er den Zeitungen der
Funke Mediengruppe. "Das Menschen auch jetzt im Büro sind, hängt
nicht nur mit Arbeitsprozessen und Aufgaben zusammen, sondern ebenso
mit den Bedingungen der Beschäftigten zu Hause und dem Wunsch nach
geordneten Arbeitsmöglichkeiten."
Auch IG-Metall-Chef Jörg Hofmann hält nichts von Plänen, die
Unternehmen zu Homeoffice-Regelungen zu verpflichten. "Je kleiner der
Betrieb und je weniger gut vorbereitet auf die Digitalisierung, desto
schwieriger sind die Homeoffice-Möglichkeiten für Beschäftigte. Denn
manche kleineren und mittleren Betriebe sind weder technisch, noch
organisatorisch, noch mental in der Lage, das Thema Homeoffice
umzusetzen", sagte er der "Welt".
Debatte um Ausgangssperre und Schulschließungen
Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery,
sprach sich gegen eine abendliche Ausgangssperre aus, die ebenfalls
im Gespräch ist. "Ich kann einer Ausgangssperre abends nichts
abgewinnen, weil ich nicht weiß, was das bringen soll. Draußen sind
die Ansteckungsmöglichkeiten sehr viel geringer als drinnen", sagte
er den Funke-Zeitungen. "Restaurants, Kneipen und Kinos sind ohnehin
zu - was soll eine Ausgangssperre da bringen?"
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rief die
Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten auf, die Schließungen von
Schulen und Kitas zu verlängern. "Die Infektions- und Sterbezahlen
bewegen sich weiter auf einem hohen Niveau, zudem sind die Risiken
durch Mutationen des Coronavirus aktuell nur schwierig
einzuschätzen", sagte GEW-Chefin Marlis Tepe dem RND. Der Präsident
des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, forderte klare
Pläne für den Schulbetrieb. "Wir erwarten von der
Ministerpräsidentenkonferenz und der Bundeskanzlerin, dass endlich
ein an Infektionszahlen gebundener Hygienestufenplan für den
Schulbetrieb vorgelegt wird", sagte er der "Rheinischen Post".
Die FDP will laut einem Medienbericht unterdessen die
Bundesregierung per Gesetz dazu verpflichten, die Zustimmung des
Bundestags für Coronamaßnahmen vor Beratungen mit den Bundesländern
einzuholen. "Beabsichtigt die Bundesregierung bundesweit einheitliche
infektionsschutzrechtliche Maßnahmen der Länder im Rahmen der
Bund-Länder-Koordination herbeizuführen, ist sie verpflichtet, die
Zustimmung des Deutschen Bundestages zuvor einzuholen", zitiert das
RND aus einem Gesetzentwurf der FDP-Bundestagsfraktion. Und weiter:
"Kann eine Zustimmung wegen Gefahr im Verzug nicht erlangt werden,
ist unverzüglich die nachträgliche Genehmigung durch den Deutschen
Bundestag einzuholen."
(lau/dpa)
Nach bald drei Jahren hat die Ukraine kaum noch Optionen, um den Krieg gegen Aggressor Russland militärisch zu gewinnen. Besiegt ist das geschundene Land deswegen aber nicht.
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