Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet forderte Parteimitglieder zu Offenheit auf, wenn sie ähnliche Geschäfte gemacht hätten wie Löbel. Bild: dpa / Bernd von Jutrczenka
Deutschland
09.03.2021, 08:0510.03.2021, 15:21
Nach Privatgeschäften von Unionsabgeordneten
mit Corona-Masken sind Rufe nach umfassenden Konsequenzen laut
geworden. Der Deutschlandchef von Transparency International, Hartmut
Bäumer, forderte den Bundestag auf, die Geschäftsordnung zu ergänzen,
um bestimmte Formen von Lobbyismus zu sanktionieren. Die Fraktionen
sollten ähnliche interne Regelungen aufstellen, "mit einem
abgestuften Sanktionsmechanismus von der Abmahnung bis zum
Fraktionsausschluss", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe
(Dienstag). Direkte Nebenverdienste wie von Bundestagsabgeordneten
als Lobbyisten für ein bestimmtes Produkt, das von Ministerien
gekauft werde, sollten seiner Meinung nach ganz unterbunden werden.
Masken-Affäre in der CDU: Löbel tritt zurück
Kurz vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und
Rheinland-Pfalz am 14. März stehen zwei Unionspolitiker auch intern
massiv in der Kritik: Die Firma des CDU-Politikers Nikolas Löbel soll
Provisionen von rund 250.000 Euro kassiert haben, weil sie
Kaufverträge über Corona-Masken zwischen einem Lieferanten und zwei
Privatunternehmen vermittelt hat. Nach heftiger Kritik trat Löbel am
Montag aus der CDU aus und zog sich umgehend aus dem Parlament
zurück.
Der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein soll ebenfalls eine
sechsstellige Euro-Summe für die Vermittlung von Lieferverträgen für
FFP2-Masken an den Bund und die bayerische Staatsregierung kassiert
haben. Gegen ihn ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München
wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit
dem Kauf von Masken. Er hatte zunächst sein Amt als
Vize-Fraktionschef der Unionsfraktion im Bundestag niedergelegt und
angekündigt, nicht noch einmal für den Bundestag kandidieren zu
wollen. Am Wochenende trat er ganz aus der Fraktion aus. Zudem
verließ er nach Angaben von CSU-Generalsekretär Markus Blume vom
Montag auch die Partei.
"Wir haben Fehler gemacht, nicht genug hingeschaut" - CDU/CSU plant Verhaltenskodex
Die Führung der Unionsfraktion kündigte den Abgeordneten am
Montag umfangreiche Maßnahmen an, um eine Wiederholung solcher
Vorgänge zu verhindern. "Wir werden uns als Fraktion einen
Verhaltenskodex geben, der über das, was rein rechtlich von
Mitgliedern des Deutschen Bundestages erwartet wird, deutlich
hinausgeht", heißt es in einem Schreiben von Fraktionschef Ralph
Brinkhaus und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt an die
Abgeordneten der Union. Im ZDF-"heute journal" räumte Brinkhaus ein:
"Wir haben da Fehler gemacht, wir haben nicht genug hingeschaut, das
muss besser werden."
CDU-Parteischef Armin Laschet sagte am Montagabend in den
ARD-"Tagesthemen", sollte noch irgendjemand in der CDU ähnliche
Geschäfte gemacht haben wie Löbel, habe diese Person jetzt Zeit, ihm
das persönlich zu sagen, bevor es auffalle. Es sei jetzt die Zeit,
reinen Tisch zu machen, "wenn nicht, machen wir das", machte er klar.
Aufklärung noch vor Bundestagswahl gefordert
FDP-Chef Christian Lindner forderte die Einrichtung eines
Sonderermittlers, um die Affäre um Provisionen von
Bundestagsabgeordneten bei der Beschaffung von Corona-Schutzmasken
aufzuklären. Dem "Mannheimer Morgen" sagte er: "Zum
Beispiel ein ehemaliges Mitglied des Verfassungsgerichts könnte mit
Akteneinsicht aufklären, ob bei den Beschaffungsvorhaben seit Beginn
der Pandemie alles mit rechten Dingen zugegangen ist." Ein
entsprechender Bericht könnte nach Lindners Worten noch vor der
Bundestagswahl im September alle Zweifel ausräumen. Ähnlich äußerte
sich Lindner in der "Heilbronner Stimme".
Unterdessen forderte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans eine
Verschärfung des von Union und SPD vereinbarten Lobbyregisters.
"Allen Demokraten muss daran gelegen sein, dass Raffgier und
Vetternwirtschaft in unseren Parlamenten keine Chance haben", sagte
Walter-Borjans den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er
rief die Parteichefs von CDU und CSU, Armin Laschet und Markus Söder,
dazu auf, gemeinsam mit der SPD "für wirksame Transparenz- und
Sanktionsregeln" einzutreten. Vor einer Woche hatten sich die
Regierungsfraktionen im Bundestag auf die Ausgestaltung des neuen
Registers geeinigt. Kritikern gehen die Pläne nicht weit genug.
Löbel habe mit Kontakten als Politiker geprahlt
Der Staatsrechtler Joachim Wieland sagte dem "Mannheimer Morgen", das Abgeordnetengesetz sei bislang eher zahnlos. "Die
Annahme von Zuwendungen ist nur dann verboten, wenn sie ohne
Gegenleistung erfolgt oder diese sich konkret auf das
Abstimmungsverhalten auswirkt." Löbel sei auf Firmen zugegangen und
habe mit seinen Kontakten als Politiker geprahlt. "Das verstößt aber
gegenwärtig nicht gegen Gesetze." Auf die Frage, ob man
Nebentätigkeiten von Politikern verbieten sollte, meinte er: "Das
Verfassungsrecht setzt da enge Grenzen. Ein generelles Verbot wäre
grundgesetzwidrig." Er fordere, dass Politiker die genaue Höhe ihrer
Bezüge aus Nebentätigkeiten offenlegen müssten.
(jab/dpa)
Mehr als zweieinhalb Jahre nach Wladimir Putins Ankündigung, Kiew innerhalb weniger Tage einzunehmen, setzt sich das Töten, Sterben und Verwunden an der ukrainischen Front ungebremst fort. Den gefährlichen Kampfeinsatz versüßt der russische Machthaber seinen Soldaten mit stetig steigenden Solden.