Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer steht auf der Beliebtheitsskala des scheidenden ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk offenbar weit unten. Nachdem Melnyk den Politiker kürzlich sogar von einem Ukraine-Besuch ausgeladen hat, schießt er jetzt erneut gegen Kretschmer.
Der Grund: Der CDU-Politiker hatte wiederholt gefordert, den Krieg in der Ukraine einzufrieren. Mit Maßnahmen, die auf Unmut stoßen.
Auch Melnyk treiben die Forderungen offenbar zur Weißglut.
Nach dem Auftritt Kretschmers in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz vom Mittwoch, riss Melnyk offenbar endgültig der Geduldsfaden. Dort hatte der CDU-Politiker seine Forderungen wiederholt: Es sei richtig, dass Russland den Krieg nicht gewinnen dürfe, sagte er.
Aber: Kretschmer fordert mehr Diplomatie. Diese biete die Möglichkeit, im Gespräch zu bleiben, auch "wenn man komplett unterschiedliche Meinungen hat, wenn man verfeindet ist". Konkret fordert er Verhandlungen und eine Waffenruhe.
Beinahe unerträgliche Aussagen für Melnyk.
Der scheidende ukrainische Botschafter hatte den sächsischen Ministerpräsidenten daraufhin zur unerwünschten Person erklärt und von einem Ukraine-Besuch ausgeladen. "Mit Ihrer absurden Rhetorik über das Einfrieren des Krieges spielen Sie in Putins Hände und befeuern Russlands Aggression", schrieb Melnyk bei Twitter. Er habe den CDU-Politiker einst in die Ukraine eingeladen. "Diese Einladung ist annulliert. Sie sind UNERWÜNSCHT. Punkt", schrieb er.
Nun wettert Melnyk erneut gegen den Politiker. Am Montagmorgen reagiert er auf einen Meinungsbeitrag in der "Süddeutschen Zeitung".
Dort schlussfolgerte der Autor Stefan Kornelius, dass es besser sei, wenn Kretschmer sich die zerstörten Städte der Ukraine mit eigenen Augen anschaue. Der Autor zeigt sich überzeugt: "Melnyks Erziehungsversuch ist (...) überflüssig und wird, nebenbei gesagt, exakt das gegenteilige Ziel erreichen. Indem er Kretschmer zur 'unerwünschten Person' erklärt, verstärkt er nur die Solidarisierung mancher mit dem Ministerpräsidenten."
Blödsinn – findet zumindest Melnyk. Er nimmt den Beitrag zum Anlass, um erneut gegen Kretschmer zu wettern.
Den Politiker in die Ukraine einzuladen, habe wenig Sinn. Melnyk begründet seine Meinung so: "Leider ist Herr Kretschmer ein lost case." Kein Besuch in Butscha oder Irpin "würde dem sächsischen Ministerpräsidenten und dem CDU-Vizeparteichef helfen, seine rosarote Russland-Brille abzulegen." Und: "No chance", schreibt er, direkt an den Autor der "Süddeutschen Zeitung" gerichtet.
Der Beitrag holte innerhalb kürzester Zeit Tausende Reaktionen ein. Die Meinungen der Twitter-User:innen fallen jedoch unterschiedlich aus. So schreibt einer: "Ich denke auch, dass Michael Kretschmer zu verblendet ist, um aus einem Besuch in der Ukraine etwas zu lernen."
Konträrer Meinung ist der Verfasser eines anderen Kommentars unter dem Tweet. Er schreibt, an Melnyk gerichtet: "Ich teile Ihren Unmut über die naiv-einfältigen Äußerungen von Kretschmer und kann verstehen, wenn er in Ihrem Land derzeit kein gern gesehener Gast ist." Dennoch glaube er, dass Kretschmer mit eigenen Augen sehen müsse, was in der Ukraine vor sich geht.