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AfD: André Poggenburg will eine Bewegung von rechts – die könnte bereits an einer Blume scheitern

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André Poggenburg. Bild: imago/nailiaschwarz/watson-montage
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Poggenburg will eine Bewegung von rechts – sie könnte an einer Blume scheitern

01.09.2019, 11:3402.09.2019, 11:33
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"Was ihn aber mit voller Macht anzog, war eine hohe lichtblaue Blume, die […] ihn mit ihren breiten, glänzenden Blättern berührte. Rund um sie her standen unzählige Blumen von allen Farben, und der köstliche Geruch erfüllte die Luft. Er sah nichts als die blaue Blume, und betrachtete sie lange mit unnennbarer Zärtlichkeit" (aus: Heinrich von Ofterdingen, Novalis)

Es ist Sonntagnachmittag, als André Poggenburg und sein sächsischer Partei-Landeschef Egbert Ermer das Podium des Parteitags betreten und ihren "Zukunftsantrag" verlesen. Poggenburg fordert darin nicht weniger als die sofortige Auflösung der eigenen Partei.

Die heißt AdP, "Aufbruch deutscher Patrioten", und arbeitet seit Monaten auf den Wahltagsonntag in Sachsen hin. Ihr Leitspruch: "Deutsch und frei". Sie strebt eine "deutsche Volksgemeinschaft in ihrer positivsten Form" an, will aus der EU raus, ist "gegen eine weitere Islamisierung in Sachsen", fordert eine Liberalisierung des Waffenrechts und wirbt für eine Volksabstimmung zum Thema Wolfsansiedlung.

Poggenburg gründete die AdP, nachdem er die AfD Anfang des Jahres im Streit verlassen hatte. Zuvor war er neben Björn Höcke das Gesicht der AfD-Ost. Als AfD-Chef in Sachsen-Anhalt führte er die Partei 2016 mit 24,3 Prozent in den sächsischen-Landtag. 2015 war er neben Björn Höcke Mitinitiator der "Erfurter Resolution", das Gründungsdokument des völkisch-nationalistischen "Flügels". Mit Sprüchen über linke Studenten, die er im Magdeburger Landtag mal "Wucherungen am deutschen Volkskörper" nannte, die man loswerden müsse, sicherte er sich eine Bekanntheit über Sachsen-Anhalt hinaus.

Poggenburgs Diktat-Frieden

Mit der AdP wollte Poggenburg eigentlich seinen alten AfD-Kameraden das Fürchten lehren. Bis zu besagtem Sonntagnachmittag, als er genau drei Wochen vor den Landtagswahlen auf einem außerordentlichen Parteitag die Auflösung forderte – zugunsten der AfD.

"Das kam für uns ganz plötzlich", sagt Benjamin Przybylla gegenüber watson. Der Mann mit dem Amish-Backenbart führt nun kommissarisch die André-Poggenburg-Partei – ohne Poggenburg. Die Stimmung sei sehr emotional gewesen. "Da war richtig Wut im Raum", sagt er.

Fünf Punkte umfasste Poggenburgs "Zukunftsantrag", der sich wie ein Zukunftsdiktat liest (eine Fotografie des Antrags liegt watson vor.) Darin forderte er:

  1. Den Landtagswahlkampf einzustellen,
  2. sich "öffentlich zugunsten der AfD zu erklären",
  3. die Partei "umgehend" und insgesamt "aufzulösen",
  4. die Partei in eine politische Bewegung zu über- und als Symbol die Kornblume weiterzuführen,
  5. das "Parteivermögen sowie alle weiteren Ressourcen und Werte" auf die neue Organisation zu übertragen, deren Chef dann selbstverständlich Poggenburg selbst ist.

Doch Poggenburg hatte seinen Zukunftsplan offenbar ohne seine Kameraden gemacht. Auf dem Parteitag lehnt eine große Mehrheit das Auflösungsdiktat ab. Poggenburgs Antrag erhält gerade einmal drei Stimmen. Die Folge: Poggenburg tritt vom Parteivorsitz zurück und aus der AdP aus. Ebenso der sächsische AdP-Landeschef. "Und dann haben sie relativ schnell den Saal verlassen", erzählt Przybylla.

"Für uns als Partei war das alles nicht nachvollziehbar", sagt Übergangsparteiführer Przybylla. Mit seinem Auflösungsversuch habe Poggenburg "die ganze Arbeit mit Füßen getreten und sabotiert. Das hat ihm keiner verziehen".

Poggenburg hat einen Plan

Einen Tag später sitzt Poggenburg dann auf der Couch bei Jürgen Elsässer. Der hat den Horst-Mahler-Weg von ganz links nach ganz rechts bestritten und liefert mit seinem "Compact"-Magazin quasi das neurechte Begleitheft zur AfD. Bei seinem Duz-Freund Elsässer rechtfertigt Poggenburg seinen Auflösungsversuch damit, dass es um etwas viel Größeres gehe. Jetzt, da dieses Land vor Schicksalswahlen stehe, müsse man die patriotischen Kräfte zusammenführen – und die AfD wählen.

Insofern ist Poggenburgs AdP-Ausstieg und AfD-Aufruf ein Zeichen dafür, wohin die Reise der AfD geht. Sie ist ihm wieder rechts genug. Gerade die AfD-Ost mit den Spitzenkandidaten Jörg Urban (Sachsen), Andreas Kalbitz (Brandenburg) und Björn Höcke (Thüringen) ist für Poggenburg offenbar auf dem richtigen Weg. Alle drei sind entweder Teil des völkisch-nationalistischen "Flügels" oder stehen wie im Falle Urbans dem Flügel nahe. Und nach einem erfolgreichen Wahlausgang dürften die Flügelleute dann mit Blick auf den AfD-Parteitag im November Ansprüche stellen.

Poggenburg selbst will die "patriotischen Kräfte", wie er es nennt, in einer Bewegung zusammenführen. Helfen, die regionalen Pegida-Ableger bundesweit zu bündeln. Dafür müsste er sich zwar erst wieder mit dem Pegida-Gründer Lutz Bachmann und auch mit Björn Höcke versöhnen. Aber das sei alles machbar. Ausgerechnet Poggenburg also, der doppelte Spalter, will zusammenführen und Scharnier sein.

Für Benjamin Przybylla ist Poggenburgs Rechtfertigung vorgeschoben und "lächerlich". "Diese Anbiederungsversuche nimmt ihm keiner mehr ab", sagt er. Poggenburg sei bei vielen unten durch. "Seine Glaubwürdigkeit ist zerstört."

Streitobjekt Blume

Beim Couchgespräch mit Elsässer verrät Poggenburg auch, welches Symbol er für seine patriotische Bewegung nutzen will: Die Kornblume.

Sie war für die Nazibewegung in Österreich, die Anfang der 30er Jahre kurzeitig verboten war, eine Art Erkennungssymbol. Heute stecken sich vor allem FPÖ-Politiker das Blümchen ans Revers. Rechte Kornblumenverfechter rechtfertigen das Tragen der Blume damit, dass schon die deutschen Romantiker eine blaue Blume als Symbol verwendet hätten. Außerdem sei sie ein Zeichen für Patriotismus und Vaterlandsliebe, dabei berufen sie sich auf den Kornblumenliebhaber der ersten Stunde: Kaiser Wilhelm. Die deutsche Kornblume stammt im Übrigen ursprünglich aus dem südöstlichen Mittelmeergebiet.

Das Verwenden der Blume könnte aber aus einem ganz anderen Grund für Blumenfreund Poggenburg zum Problem werden. Denn: Sie ziert noch das Parteilogo der Partei, die er ja gerade verlassen hat – das der AdP.

Poggenburg-Nachfolger Przybylla sagt sagt auf watson-Nachfrage: "Ich glaube nicht, dass er das Parteilogo nutzen kann. Die Rechte sind da eindeutig bei der Partei."

Doch Poggenburg hat nicht nur angekündigt, die Blume nutzen zu wollen, er tut es bereits. In einer Videobotschaft, in der er alle Patrioten aufruft, die AfD zu wählen, taucht die Kornblume bereits im neuen Logo auf.

Kommt es also zu einem handfesten Kornblumenstreit in der Neuen Rechten? "Klar ist", sagt Przybylla, "wir haben das Patent auf die Blume." Ob man rechtliche Schritte einlege, müsse man mal sehen. Erstmal wollen sie den Wahlkampf zu Ende führen. "Nach der Wahl müssen wir dann die Partei neu aufstellen", sagt er. Es stehe ja auch noch eine Übergabe aus – mit Poggenburg. Kontakt zum Aussteiger gebe es derzeit allerdings nicht. Man habe aber auch zurzeit "keinen Bedarf".

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