SPD-Parteivize und Juso-Chef Kevin Kühnert war am Dienstagabend bei Markus Lanz zu Gast. zdf-screenshot
Deutschland
12.12.2019, 08:5711.04.2024, 12:10
Nachwuchspolitiker nennt ihn keiner mehr. Stattdessen vielmehr "Strippenzieher" oder "rote Eminenz". Nachdem es dem Juso-Chef und nun auch SPD-Parteivize Kevin Kühnert gelungen war, mit Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken ein neues Führungsduo im Willy-Brandt-Haus zu installieren, blickt nicht nur die SPD auf Kühnert.
Sondern auch die Union. Und Markus Lanz. Bei dem ZDF-Talker war Kühnert am Dienstagabend zu Gast. Kühnert kam mit ordentlich Rückenwind ins Studio. Seine Botschaft: Mit dem Ergebnis des Parteitags sei er sehr zufrieden, die Partei mit dem neuen Führungsduo auf einem gutem Weg.
Die "Rheinische Post"-Redakteurin Kristina Dunz attestierte Kühnert gleich einen "Machtpolitiker"-Habitus. Dem Juso-Chef sei es in den vergangenen Monaten gelungen, vor und hinter den Kulissen strategisch klug seine ganz persönlichen Ziele zu verfolgen. Auch Lanz fühlte sich zur Ferndiagnose bemüßigt.
Der ZDF-Talkmaster warf Kühnert vor: "Sie haben die ganze Partei vor sich her getrieben, wie das beispiellos war in der Geschichte der SPD."
Kühnert verteidigte in der Folge den Leitantrag des SPD-Parteitags vom Wochenende, der keinen direkten Abbruch der Großen Koalition vorsieht. Stattdessen wollen die Sozialdemokraten mit der Union neue Punkte für einen Fortbestand des von Kühnert so gehassten Regierungsbündnisses aushandeln.
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Und bei einem Scheitern der Verhandlungen? Kühnert bei Lanz: "Dann gehen wir halt raus." Sein Wunsch: Die Entscheidung über die Zukunft der GroKo soll im Frühjahr 2020 fallen. Mehr Inhalte, weniger Personen – dieser leicht geforderten, aber selten befolgten Talkshow-Idee schloss sich auch Kühnert im ZDF an – und schoss gegen Lanz: "Wir reden hier jetzt schon wieder eine Viertelstunde nur über Machtstrukturen von Politik..."
Kühnert kritisiert Lanz – der antwortet mit einem alten Clip
Der ZDF-Moderator sah sich auf den Schlips getreten: "Ne, ne, ne." Lanz konfrontierte Kühnert in der Folge mit dessen Rede vor der Abstimmung der Sozialdemokraten über den Eintritt in die Große Koalition im Jahr 2017. Damals hatte Kühnert gesagt: "Die Erneuerung der SPD wird außerhalb einer Großen Koalition sein oder sie wird nicht sein."
Sein nun diplomatischeres Vorgehen in der GroKo-Frage (erst verhandeln, bei Scheitern austreten) verteidigte Kühnert damit, dass die Äußerungen vom Parteitag in Bad Godesberg aus einer anderen Zeit stammten: Damals hätten die Sozialdemokraten die direkte Wahl über die GroKo gehabt, heute müsse man schauen, was im Sinne der Demokratie die beste Entscheidung sei.
Lanz ärgerte sich: "Sie sagen, Erneuerung geht nur außerhalb. Und sind jetzt Parteivize der SPD. Wie geht das zusammen?" Sie stehen jetzt genauso für die Große Koalition wie die anderen auch."
Kühnert konterte patzig: "Herr Lanz, wir wiederholen die Argumentation heute Abend - und auch schon beim letzten Mal – jetzt schon zum fünften Mal." Seine Wahl in den Parteivorstand stärke die "Vielschichtigkeit der Positionen" in der Parteispitze der SPD. Lanz sah Kühnerts "Vielschichtigkeit" ganz anders: Er beobachtete eine "Zementierung der Spaltung" in der SPD.
Lanz schoss gegen Kühnerts Partei: "Die SPD hat in den vergangenen Jahren echt alles ausgestrahlt – aber nicht Lust." Kühnert war sichtlich angefressen: Er nannte eine Reihe von Beschlüssen des SPD-Parteitags und befand: "Wenn wir darüber mal mehr sprechen würden, zwinker, zwinker, dann gäbe es vielleicht auch mal mehr Lust auf Sozialdemokratie."
Zum Ende des TV-Abends lächelte Kühnert Lanz nur noch säuerlich an. Er war wohl froh, gehen zu können.
(pb)
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