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Merkel mit emotionalem Corona-Appell: "Liebe Mitbürger, wir müssen reden"

German Chancellor Angela Merkel attends a session of the German lower house of parliament Bundestag, in Berlin, Germany, September 30, 2020. REUTERS/Hannibal Hanschke
Bild: reuters / HANNIBAL HANSCHKE
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Merkel mit emotionalem Corona-Appell: "Liebe Mitbürger, wir müssen miteinander reden"

30.09.2020, 10:58
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Mit einem zutiefst emotionalen Appell hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Bevölkerung zum Durchhalten in der Corona-Krise aufgefordert. "Liebe Mitbürger, wir müssen miteinander reden", sagte die Kanzlerin am Mittwoch im Bundestag. "Geben wir alle als Bürgerinnen und Bürger dieser Gesellschaft wieder mehr aufeinander acht", bat Merkel. Sie erlebe derzeit, dass die Vorsicht der Menschen nachlasse. "Wir riskieren gerade alles, was wir in den letzten Monaten erreicht haben", warnte Merkel.

Die steigenden Infektionszahlen seien ein Zeichen dafür, dass die Pandemie noch lange nicht vorbei sei. "Ich bin sicher: Das Leben, wie wir es kannten, wird zurückkehren. Die Familien werden wieder feiern, die Clubs und Theater und Fußballstadien wieder voll sein. Was für eine Freude wird das sein", betonte Merkel.

"Aber jetzt müssen wir zeigen, dass wir weiter geduldig und vernünftig handeln und so Leben retten können."

Dabei komme es auf jeden Einzelnen an.

Merkel machen die Corona-Zahlen Sorge

Merkel sprach in der Generaldebatte des Bundestags zum Haushalt für das Jahr 2021 - doch die Kanzlerin betonte, sie könne in dieser Situation keine Routine-Rede halten. Alle sehnten sich wieder nach Nähe, Berührungen und Gemeinsamkeit. "Das spüre ich selbst. Da geht es mir nicht anders als anderen". Doch klar sei: "Wir brauchen immer noch Abstand als Ausdruck von Fürsorge."

Merkel zeigte sich angesichts der zuletzt deutlich steigenden Corona-Zahlen ernsthaft besorgt. Sich jetzt an die Regeln zu halten, schütze nicht nur Ältere, sondern die offene und freie Gesellschaft als Ganze, betonte sie. Deutschland könne durch diese historische Herausforderung als Gemeinschaft wachsen. Merkel appellierte, die Menschen müssten miteinander reden, erklären, vermitteln.

Mit Herbst und Winter stehe eine schwierige Zeit bevor. Merkel verwies auch auf die von Bund und Ländern beschlossenen strengeren Vorgaben wie ein Bußgeld von mindestens 50 Euro, wenn Gäste falsche Angaben in Restaurant-Listen machen. Die Pandemie stelle die Welt, Europa und Deutschland vor eine "beispiellose Bewährungsprobe", sagte sie. Deutschland sei verhältnismäßig gut durch die Krise gekommen, auch dank außerordentlichen Verantwortungsbewusstseins der Bürger.

AfD spricht von "überzogenen Maßnahmen"

Merkel verteidigte die im Haushalt vorgesehene Neuverschuldung von 96 Milliarden Euro angesichts einer außergewöhnlichen Notsituation. Man könne nun "schnell und kraftvoll" auf die Krise reagieren, da es über Jahre Etats ohne Neuverschuldung gegeben habe. Um auch in künftigen Krisen handlungsfähig zu sein, gelte es so schnell wie möglich zu einer "verfassungsgerechten Haushaltsführung" zurückzukommen. Jetzt seien aber richtige Entscheidungen getroffen worden, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und zu investieren.

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel warf der Bundesregierung Versagen vor. "Ihre überzogenen Maßnahmen machen aus der Corona-Krise die schwerste Rezession in der Geschichte Deutschlands", sagte sie und verlangte: "Hören Sie auf, Panik zu schüren." Weidel kritisierte auch die Migrationspolitik und sprach von einer Regierung, "die in ihrer hypermoralischen Selbstgerechtigkeit blind die Fehler von 2015 wiederholt". Sie verwies unter anderem auf Straftaten durch Zuwanderer.

Kanzlerin Merkel dagegen warb dringlich für die vorgeschlagene Reform der europäischen Asylpolitik. Sie sei dankbar für die Vorschläge der Brüsseler EU-Kommission. "Die Frage, wie wir das umsetzten, ist ein Prüfstein auch für den Zusammenhalt Europas", betonte sie. "Wenn wir auf Dauer in der Frage der Migration keine gemeinsame Grundlage zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union finden, ist das eine schwere Bürde für die Handlungsfähigkeit Europas." Die nationalen Regierungen können sich seit Jahren nicht auf eine gemeinsame Linie einigen.

(hau/dpa)

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