Julia Klöckner findet: "Dorfkinder sind zur Stelle. Da, wo man sie braucht." Zumindest tweetete die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft das am Sonntagabend und löste damit eine Lawine von Tweets aus, die die neue Kampagne von Klöckners Ministerium nach Strich und Faden zerlegten.
Unter dem Hashtag #Dorfkinder möchten Klöckner und ihr Ministerium das Leben auf dem Dorf promoten. "#Dorfkinder lenkt den Blick auf die Menschen, die Tag für Tag daran mitwirken, die Dörfer und Landgemeinden voranzubringen – mit Engagement, Ideen, Leidenschaft", heißt es auf der Internetseite des Landwirtschaft-Ministeriums. Man wolle zeigen: "Wir haben allen Grund stolz zu sein auf unserer ländlichen Regionen."
Dumm nur: Die Kampagne kommt mit lauter Allgemeinplätzen daher, dass sich Stadtkinder unwillkürlich fragen müssen: Sind wir nicht auch zur Stelle? Da, wo man uns braucht? Haben wir nicht auch "den Dreh raus" und bringen "neues Leben in alte Mauern"?
So erntete Deutschlands oberste Landwirtin am Montag mit ihrer Kampagne vor allem Spott und Häme.
Hier eine Auswahl der besten #dorfkinder-Reaktionen:
Viele Userinnen und User nahmen die Kampagne auch zum Anlass, um auf Sorgen der Landbevölkerung hinzuweisen. Besonders großen Raum nahmen hier Tweets ein, die Zwangsumsiedlungen erwähnen, wenn mal wieder ein Dorf dem Braunkohletagebau zum Opfer fällt.
Weil wir im 21. Jahrhundert noch mit Kohle Strom erzeugen.
Den Dorfkindern, den ihr Zuhause nicht "weggebaggert" wird, fiel zur Kampagne ein, dass es ja mal ganz nett wäre, wenn ein Bus nicht nur zweimal am Tag führe (oder überhaupt ein Bus käme). Oder (siehe oben) das Internet tatsächlich schnell wäre. Oder Krankenhäuser nicht geschlossen würden.
Dorfkinder geben sich mit 4G zufrieden.
Ob sich Julia Klöckner das so vorgestellt hatte? Offenbar schon, denn sowohl sie als auch ihr Ministerium reagierten am Montagabend auf die Kritik.
Frei nach dem Motto: Jede Presse ist gute Presse.
DIe Kampagne #dorfkinder spaltet
Besonders interessant ist an dieser Stelle, was das Ministerium twitterte. Man wolle nicht Stadt und Dorf gegeneinander ausspielen. Das ist, es lässt sich nicht anders sagen, gründlich misslungen.
Denn wie gesagt: keiner der Claims aus der Kampagne beschreibt Eigenschaften, die nur Dorfkinder haben. Andersherum formuliert: Indem Klöckner und ihr Ministerium Dorfkindern etwa bescheinigen, sie hätten "den Dreh raus", nehmen sie die Eigenschaft den Stadtkindern weg.
Und mehr noch, es häufen sich nun Tweets, in denen Menschen auf ihre negativen Erfahrungen mit der Landbevölkerung hinweisen. Von Nazis ist da die Rede, von Mobbing und Ausgrenzung.
Dieses Bild, das da auf Twitter entsteht, bestätigt jeden, der auf dem Land groß geworden ist (und keine Hakenkreuzflagge in der Scheune hängen hat) doch vor allem darin, das Gefühl haben zu müssen, irgendwie als Bürgerin oder Bürger zweiter Klasse aufgewachsen zu sein.
Diese Menschen werden jetzt unter einem Hashtag in einen Topf geworfen mit dem Teil der Landbevölkerung, der mit einer anderen Hautfarbe oder Religion ein Problem hat. Statt zusammenzuführen, spaltet diese Kampagne weiter.
Am Ende hat Julia Klöckner als genau das erreicht, was sie eigentlich nicht wollte. Wie heißt es bei Tocotronic so schön?
Das späte Echo des MeToo-Skandals bei der Linken: Gericht verhängt Urteil
Anmerkung der Redaktion inklusive Richtigstellung: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir behauptet, der hier formulierte Urteilsspruch würde eine Frau betreffen, die sich gegenüber Medien als Betroffene zum MeToo-Skandal bei der Linken geäußert hatte. Das war inhaltlich falsch. Wir bedauern den Fehler und haben die entsprechenden Passagen korrigiert bzw. entfernt. Richtig ist: Verurteilt wurde eine Frau, die sich als Reaktion auf die damaligen Medienberichte auf Social Media zu dem Fall äußerte.