Eine Frau mit ihrem Kind auf Lesbos: Die Menschen dort müssen weiter warten, bis Europa sich zu einer Lösung durchgerungen hat. Bild: imago images / ANE Edition
Deutschland
05.03.2020, 06:4705.03.2020, 10:09
Die große Koalition hat im Bundestag gegen die
Aufnahme von 5000 schutzbedürftigen Flüchtlingen aus Griechenland
gestimmt – obwohl zahlreiche Sozialdemokraten einen entsprechenden
Antrag der Grünen inhaltlich eigentlich weitgehend befürworten.
- Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl erklärte bei der Plenardebatte am Mittwochabend, in dem Antrag stehe "viel Richtiges", er helfe jedoch in der jetzigen Situation nicht weiter. Notwendig sei stattdessen eine europäische Lösung.
- Die Grünen hatten unter anderem gefordert, dass Deutschland 5000 unbegleitete Kinder, Schwangere, alleinreisende Frauen oder schwer Traumatisierte aus den griechischen Flüchtlingslagern aufnimmt. Außerdem sollten die griechischen Behörden humanitär und auch finanziell unterstützt werden.
- Bei einer namentlichen Abstimmung unterstützten nur 117 Abgeordnete diese Forderung, 495 Parlamentarier stimmten dagegen.
So erklärt die SPD die Ablehnung:
Viele SPD-Abgeordneten gaben jedoch eine persönliche Erklärung
ab, in der sie betonten: "Ich bin für die Aufnahme von Geflüchteten
im Rahmen einer europäischen Koalition der Vernunft." Nur so könne
den Betroffenen umfassend geholfen werden. "Eine Zustimmung zum
Antrag der Grünen würde dies nicht erreichen."
Damit vermieden die
Sozialdemokraten auch eine mögliche Koalitionskrise. Der
Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD schreibt nämlich ein
einheitliches Abstimmungsverhalten im Bundestag vor.
Bei der Union stießen die Forderungen der Grünen auf deutliche
Ablehnung. Der CDU-Abgeordnete Alexander Throm warnte, ein deutscher
Alleingang würde die Bemühungen um ein gemeinsames europäisches
Asylsystem konterkarieren. Widerstand signalisierten auch AfD und
FDP: Während das Vorhaben für den FDP-Parlamentarier Benjamin
Strasser nur "ein Tropfen auf den heißen Stein" wäre, behauptete Marc
Bernhard von der AfD, der Zustrom weiterer Flüchtlinge hätte negative
Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt.
Seehofer: Erst Ordnung, dann Hilfe
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte nach dem Treffen der EU-Innenminister am Mittwoch: Über eine Umverteilung von Flüchtlingen sei nicht gesprochen worden. "Nein, das war heute nicht auf der Tagesordnung", sagte Seehofer, doch werde der Ministerrat "zeitnah dieses Thema angehen".
Erst müsse dort Ordnung geschaffen werden, dann könne man über humanitäre Hilfen für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge auf den griechischen Inseln sprechen.
Seit die Türkei am Wochenende die Grenzen zur EU für offen erklärt hatte, ist der Druck auf die griechischen Grenzen deutlich gestiegen. Nach UN-Angaben harren Tausende Migranten auf der türkischen Grenzseite aus. Die griechische Polizei hindert sie mit Gewalt an der Einreise. Griechenland hat außerdem erklärt, das Menschenrecht auf Asyl für einen Monat auszusetzen.
(ll/dpa)
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