"Entscheidungswahl". Dieses Wort verwenden Politiker gerade gerne, um die kommende Abstimmung im Mai in Europa zu umschreiben.
Was sie damit sagen wollen: Bei dieser Wahl stehen Parteien zur Auswahl, die die Europäische Union vertiefen – oder die sie schwächen wollen.
Natürlich bedeutet jede Wahl auch eine Entscheidung. Was wir aber jetzt schon wissen: Bei der Europawahl gibt es bereits zu diesem Zeitpunkt Verlierer. Sie lächeln derzeit bemüht von den Plakaten auf uns herab.
Hier unsere Galerie des Grauens.
Die in Umfragen schwächelnden Sozialdemokraten werben mit dem Hashtag "Europa ist die Antwort". Was die Frage ist, wollen sie uns nicht mitteilen.
Auf den Plakaten stehen auch keine Forderungen, wer beschäftigt sich schon mit Inhalten. "Klimaschutz", "Miteinander", "Zusammenhalt", das will die SPD also. Aha, danke!
Dazu kommen die Plakate mit Spitzenkandidatin Katarina Barley, die schon Vergleiche mit der Werbung von Nivea provozierten ("Welt").
Die CDU probiert es über "Inhalte". "Sicherheit ist nicht selbstverständlich", steht auf einem Plakat, das sich dem Thema Cyber-Sicherheit annimmt.
Für die Union ganz selbstverständlich ist dabei offenbar, dass Hacker vor ihrem PC immer im Pulli mit übergezogener Kapuze sitzen. Hacker leben in zugigen Wohnungen und haben Angst vor Schnupfen, so lautet unsere Theorie.
Am 26. Mai ist nicht nur Europawahl, sondern auch Kommunalwahl in einigen Bundesländern. Beispielsweise in Oyten in Niedersachsen. Diese Politikerin will den Männerladen CDU aufmischen und Bürgermeisterin werden. Oder doch Bürgermeister? Ihr Poster sorgt für Verwirrung.
Hier erfahrt ihr die Geschichte hinter dem Plakat.
Die Grünen, nicht nur in Deutschland, können bei der Europawahl mit einem ordentlichen Zuwachs an Sitzen in Straßburg rechnen. Ob das dann auch an den Plakaten mit dem kumpelig-pathetischen Slogan "Kommt, wir bauen das neue Europa!" liegt, werden wir nicht erfahren.
Klar ist aber: Die Grünen versuchen es mit viel Wortwitz. "Klimaschutz kennt keine Grenzen" steht auf einem Plakat etwa. Poster aber haben Grenzen. Was zu einem Designfail wie diesem führen kann:
Die FDP probiert es dieses Mal ohne Unterhemd. Aber immer noch mit knalligen Farben. So ganz fresh und stimmig wirken die Plakate mit der Spitzenkandidaten Nicola Beer allerdings nicht.
Dafür hat die FDP noch dieses Plakat in Petto. Na denn, cheers!
... und die sind natürlich rot, wie bei dieser Kandidatin bei den Kommunalwahlen in Dresden.
Wer glaubt, dass die kleineren Parteien kreativeren Wahlkampf machen würden, irrt. Wie diese Poster zeigen.
Die ÖDP, eine grüne Kleinpartei, will ihre Abgeordneten zurück ins EU-Parlament bringen. Und sagt das auch:
Die Freien Wähler in Mainz mögen keinen Käse. Ihre Forderung: Jetzt ist Schluss mit festen Milcherzeugnissen.
So weit die lustigen Wahl-Plakate. Aber es gibt auch schlimme Poster, deren Wirkung man nicht unterschätzen sollte.
Die schärfsten Forderungen bietet bei diesem Wahlkampf vielleicht die AfD, die in ihrem Programm zur Europawahl auch für die Abschaffung des Europaparlaments ist, sollte es keine Reform der EU im Sinne der Partei geben.
Inspiration für den Europa-Wahlkampf der AfD war wohl jeder Stammtisch zwischen Alpen und Nordsee. "Heimat bewahren!", "Brüssel ist doof", "Freibier für alle!" So die Richtung.
Besonders perfide ist dieses Motiv der Berliner AfD. Das Gemälde "Der Sklavenmarkt" des französischen Malers Jean-Léon Gérôme aus dem Jahr 1866 muss herhalten, um Ängste vor einer feindlichen Übernahme Europas zu schüren.
Böse Araber, nackte Haut. Das sind wohl die Zutaten für die "AfD-Serie" "Aus Europas Geschichte lernen", wie oben rechts auf dem Plakat zu lesen ist.
(ll)