Auf Twitter berichtet eine junge transgeschlechtliche Frau, wie sie für eine simple Verwaltungsgebühr eine neue Geburtsurkunde bekam und so eine staatlich anerkannte Frau wurde. Das ist eine kleine Sensation.
Transgeschlechtliche Menschen müssen damit leben, dass ihnen ein Geschlecht in die Geburtsurkunde eingetragen wurde, mit dem sie sich nicht identifizieren. Verfahren, damit sie ihr Geschlecht offiziell korrekt eintragen lassen können, sind oft langwierig, teuer und mit viel Stress verbunden. Betroffene müssen sich mit Therapeuten zusammensetzen, die ihnen intimste Fragen stellen dürfen. Zwei Gutachten sind nötig, ein Gericht muss dem Antrag anschließend zustimmen.
Auf Twitter berichten betroffene User, dass die Gutachter außerdem eine Hormontherapie und operative Eingriffe an den Intimorganen als Voraussetzung sehen, um Transgeschlechtlichkeit anzuerkennen. Die Kosten für Therapie, Gerichtsverfahren, Hormonbehandlung und Operationen der Intimorgane liegen bei mehreren tausend Euro. Diese Summe macht die rechtliche Geschlechtsangleichung für viele Betroffene unzugänglich.
Auch für Laura (33) aus Neuss waren das abschreckende Gründe, ihre Namens- und Personenstandsänderung anzugehen.
Doch ein Tweet machte sie auf den Ratgeber des Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) aufmerksam. Darin erfuhr sie vom §45b des Personenstandsgesetzes. Dieser gestattet seit dem 22. Dezember 2018, dass intergeschlechtliche Menschen bei fehlerhafter Eintragung des Geschlechtes ihren Namen und Personenstand unkompliziert korrigieren lassen können:
(1) Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung können gegenüber dem Standesamt erklären, dass die Angabe zu ihrem Geschlecht in einem deutschen Personenstandseintrag durch eine andere in § 22 Absatz 3 vorgesehene Bezeichnung ersetzt oder gestrichen werden soll.
Personenstandgesetz, §45, Abschnitt: Erklärung zur Geschlechtsangabe und Vornamensführung bei Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung
Definitionen von geschlechtlichen Identitäten
Transgeschlechtliche Menschen identifizieren sich nicht mit dem bei der Geburt zugordneten Geschlecht. Intergeschlechtliche Menschen werden mit Variationen von Intimorganen (Penis, Vagina, Uterus, Hoden, etc.) geboren. Für sie ist die dritte Option "divers" beim Geschlecht vorgesehen. Nicht binäre Personen können sich weder dem männlichen noch mit dem weiblichen Geschlecht identifizieren.
Viele transgeschlechtliche und nicht binäre Menschen kritisieren das Gesetz zusammen mit intergeschlechtlichen Menschen, weil es zum einen intergeschlechtliche Personen immer noch als krank bewertet, zum anderen nicht ihre geschlechtliche Selbstbestimmung einbezieht. Das Transsexuellengesetz gilt noch immer.
Wer mit Variationen von Intimorganen geboren wurde, konnte sich als "divers" eintragen – das war die übliche Lesart des Gesetzes.
Auch Laura teilt diese Kritik. Doch mit Hilfe eines Hausarztes konnte sie das Gesetz auch als transgeschlechtliche Person für sich nutzen, um endlich das für sie Richtige im Pass stehen zu haben.
Ihre Ärztin hat ihr die "Variante der Geschlechtsentwicklung" ohne weitere Begründung attestiert. Heißt: Auch transgeschlechtliche Menschen können von dem Gesetz profitieren, weil nicht genau festgelegt ist, was unter einer "Variante der Geschlechtsentwicklung" gemeint ist.
Gegenüber watson schreibt Laura: "Meine Ärztin hat dieses Schreiben, ohne mit der Wimper zu zucken, ausgestellt. Mit dem Attest konnte ich eine Woche später einen Termin beim Standesamt wahrnehmen. Die Beamtin war extrem aufgeschlossen, stellte keine weiteren Fragen und freute sich über das neue Formular, wie sich nur Beamte über neue Formulare freuen können. Eine Unterschrift und ein Stempel später war die Sache erledigt."
Lauras Gang zur Behörde war relativ unkompliziert. bild: privat
Durch eine einfache Verwaltungsgebühr von 23 Euro wurde Laura zu einer staatlich anerkannten Frau. Auf Twitter teilte sie ihren Erfolg und die Community feiert mit ihr:
Als nächstes wird Laura die neue Geburtsurkunde nutzen, um Personalausweis, Krankenkarte und Führerschein zu ändern. Die Zeit wird zeigen, ob sich das auch für andere Dokumente, wie zum Beispiel Zeugnisse, rückwirkend anwenden lässt.
"Ich bin sehr gespannt, wie es danach weiter geht", schreibt uns Laura. "Für so einen Prozess gibt es ja noch keine Erfahrungswerte, jedoch werde ich versuchen alles zu dokumentieren (wahrscheinlich auf meinem Twitter-Profil), damit es andere Menschen noch einfacher haben und wissen, was sie als nächstes tun können."
Laura will so viele Leute wie möglich auf die unkonventionelle Nutzung des Paragrafen aufmerksam machen: "Ich halte das Gesetz für die Dritte Option immer noch für falsch, jedoch bedeutet es für trans und nichtbinäre Menschen eine wahnsinnige Erleichterung in dem ganzen Prozess. Wenn so Menschen geholfen werden kann, warum nicht?"
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