Im Zuge der Corona-Pandemie wollen die Ministerpräsidenten der Länder laut Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) während einer Konferenz Mitte Juni über das weitere Vorgehen beraten. Die einzelnen Bundesländer entwickeln sich nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Maßnahmen sehr unterschiedlich. Aus diesem Grund sei ein weiterer Austausch wichtig. Ramelow gab übrigens keine weitere Auskunft darüber, dass er die Corona-Beschränkungen weitgehend aufheben wolle.
Angela Merkel will die Folgen der Corona-Pandemie auf europäischer Ebene vorantreiben. Am Mittwoch sagte sie bei einer Diskussion der Konrad-Adenauer-Stiftung: "Europa kann aus der Krise stärker hervorgehen, als es in sie hineingegangen ist." Zudem gab sie an, dass die Corona-Krise alles auf den Kopf gestellt habe und die Verantwortung nicht an nationalstaatlichen Grenzen halt machen dürfe.
Am Mittwochabend diskutierte Markus Lanz darüber, was aus der Krise gelernt werden kann, welche Rolle die Bundeskanzlerin dabei spielt und wie sich China seit der Pandemie verändert hat. Mit Lanz sprachen darüber Politiker Gerhart Baum (FDP), Journalistin Christiane Hoffmann, Journalist Ulf Röller, Politiker Omid Nouripour (Grüne) und Unternehmer Ralf Dümmel. Zentrales Thema waren besonders die Supermächte China und USA sowie die jeweiligen Beziehungen zu Deutschland innerhalb der Krise.
Zunächst stellte Gerhart Baum (FDP) fest, dass er aufgrund der Pandemie nicht von Angst erfüllt sei und nicht das Gefühl hätte, sich in einer Todeszone zu bewegen. Er sei Rentner und hätte demzufolge keine Kita-Probleme. Wichtig sei für ihn: "Wir haben uns im Rahmen des Grundgesetzes und im geltenden Recht bewegt und abgewogen. Wir haben immer wieder geprüft, ob die Maßnahmen noch verhältnismäßig sind." Besonders hätte ihn Markus Söder beeindruckt, der genauso wie Armin Laschet einen resoluten Eindruck machen würde.
Im Gegensatz dazu richtete er mahnende Worte an die eigene Partei: "Ich bin irritiert über die Sprunghaftigkeit der FDP. Wie wollen wir morgen in Freiheit leben? Es muss eine Perspektive sein, die ich verstehe. Es muss das Lebensgefühl der Menschen erreicht werden. Darauf muss man eingehen." Die ganzen Angriffe auf die Wissenschaft würde er zudem nicht verstehen. Er hätte hohen Respekt vor deren Arbeit. Doch laut Baum bleibt die Frage: "Was schleppen wir in die Zeit nach Corona?"
Die Antwort darauf konnte auch Omid Nouripour (Grüne) nicht liefern. Ralf Dümmel meinte: "Die Perspektiven fehlen, wo Leute wirklich verzweifelt sind. Das ist wie mit der Schulsituation." Nouripour entgegnete:
"Spiegel"-Journalistin Christiane Hoffmann sah genau darin das Problem und mahnte an:
Unternehmer Dümmel hat 400 Mitarbeiter. Zu seiner derzeitigen Lage sagte er: "Da hat man schon schlaflose Nächte, weil man nicht weiß, wie es weitergeht." Dennoch würde er sich in einer glücklichen Position befinden und er sei der Letzte, der sich beschwere. Seine Strategie war nämlich folgende:
Baum hätte sich so eine Diskussion bereits gerne zur Flüchtlingskrise 2015 gewünscht. Er begrüße den Prozess des Nachdenkens und der Kontroverse. Doch Lanz machte klar, dass es den Anschein erweckt habe, als sei die Kanzlerin ebenfalls mit ihrem Latein am Ende. Hoffmann kritisierte scharf: "In einer Krise, wo sie sagt, das ist die größte Krise seit des Zweiten Weltkriegs, kann das Zentrum der Macht in Deutschland nicht den Kopf in den Sand stecken. Es geht ganz stark um die Kommunikation."
Der FDP-Politiker zeigte sich positiv gestimmt, da die Menschen verantwortungsbewusster und freiheitsbewusster seien. Er würde beobachten, dass sie Rücksicht nehmen würden. Die Journalistin erklärte dazu: "Wir haben nach wie vor eine hohe Zustimmung bei den Maßnahmen. Es gibt diese Eigenverantwortung. Ich glaube, dass Ramelow nicht auf dem falschen Weg ist." Dennoch warf Lanz kritisch ein: "Haben wir einen Fehler gemacht und einen zu hohen Preis gezahlt? Wir haben jetzt zehn Millionen Menschen in Kurzarbeit." Hoffmanns Antwort folgte prompt:
Unsere Rezession hätte ganz viel damit zu tun, was in den USA und in China passiere. Im Moment hätten wir eine politische Stabilität, aber diese sei extrem fragil, so Hoffmann. Der Grünen-Politiker sah genau darin einen wichtigen Punkt:
Zugeschaltet wurde Journalist Ulf Röller aus Peking. Er schilderte seine Eindrücke, die er derzeit im Land wahrnimmt. Auf die Frage, ob es neue Lockdowns in anderen Ecken des Landes geben würde, antwortete er: "Man hört nichts, weil die Politik sehr rigide ist. Man konnte in dem Land nicht mehr reisen, man kann nicht zu den Orten fahren. Es wird massiv kontrolliert. Wenn die Gesundheits-App nicht grün ist, kann man sich nicht bewegen."
All diese chaotischen Bilder, die man im Netz gesehen hätte, wurden unterbunden. Die Mehrheit sei allerdings sehr loyal gegenüber der kommunistischen Partei. Die öffentliche Meinung werde hingegen komplett kontrolliert. Beim Maskenhandel hätte China in der Pandemie den Wettbewerb ausgerufen, so Nouripour. Und weiter: "Wenn wir diesen Wettbewerb bestehen wollen, dann müssen wir ansprechen, was in China alles schiefläuft."
Lanz fügte hinzu, dass wir wirtschaftlich von den Chinesen abhängig seien: "Im Grunde wird ein deutscher Wohlstand in China erwirtschaftet. Ohne diesen Markt sind wir erledigt." Dennoch merkte Röller kritisch an: "Die Kontrolle wird massiver." Corona würde irgendwann vorbei sein, aber die Kontrollen werden bleiben.
Ein Drittel der Industrieprodukte würde in China entstehen, sodass Deutschland massiv von dem Land abhängig sei. Auch Dümmel sei stark auf den Markt angewiesen, auch wenn er es gerne anders hätte. Das Land wäre jedoch nicht nur günstiger, sondern vor allem auch schneller in der Produktion. Sein drastisches Fazit: "Würden wir alles in Deutschland produzieren, wären wir nicht lebensfähig." Nouripour stellte schließlich fest, dass wir den Wettbewerb annehmen müssten. Baum ergänzte besonders im Hinblick auf die kommenden Strategien: "Die freie Welt muss stärker zusammenhalten."
(iger)