Das Anti-Folter-Komitee des Europarats (CPT) hat kritisiert, dass Abschiebungen aus Deutschland den Betroffenen häufig zu kurzfristig angekündigt werden. Es sei unerlässlich, dass den Menschen rechtzeitig mitgeteilt werde, dass sie Deutschland verlassen müssten, erklärte das CPT in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht.
In dem Papier hieß es, deutsche Behörden benachrichtigten die Betroffenen in Abschiebehaft erst spät oder in letzter Minute über ihre bevorstehende Abschiebung. Auch in Fällen, bei welchen die Betroffenen nicht in Haft waren, war die Benachrichtigung nach Darstellung des Komitees nicht immer eine Woche vor dem Ausweisungsdatum erfolgt.
Die CPT-Experten machten ihre Beobachtungen bei der Begleitung einer Abschiebung von München in die afghanische Hauptstadt Kabul im August vergangenen Jahres. Der Ablauf der Ausweisung sei generell gut vorbereitet und professionell gewesen, erklärte das Komitee.
Einige der Menschen gaben nach Darstellung im Bericht aber an, dass ihnen nicht genügend Zeit gegeben wurde, um sich auf ihre Abschiebung vorzubereiten. Sie seien erst kurz zuvor von der Polizei abgeholt worden, teilweise nachts, und hätten auch nicht ausreichend Zeit gehabt, alle ihre Habseligkeiten zusammenzupacken.
In dem Bericht schildert das Gremium zudem die Bedingungen, unter denen 46 Afghanen in der Nacht zum 15. August 2018 mit einem Charterflugzeug von München nach Kabul abgeschoben worden waren. Zur Überwachung der Migranten waren rund hundert Polizisten an Bord des Flugzeuges. Auch drei Mitglieder des Anti-Folter-Komitees nahmen an dem Flug teil.
Ihrem Bericht zufolge wurden die Afghanen aus verschiedenen Bundesländern nach München gebracht. Viele von ihnen befanden sich zuvor in Gefängnissen in Abschiebehaft. Die meisten Migranten hätten sich auf dem Weg zum Flughafen und beim Besteigen des Flugzeuges ruhig verhalten, stellte die Delegation fest.
Zwei Männer hätten sich jedoch heftig zur Wehr gesetzt. Sie seien mit Hand- und Fußschellen sowie Klebeband gefesselt und von mehreren Polizisten gewaltsam in die Maschine befördert worden. Ein Migrant setzte demnach auch im Flugzeug seinen Widerstand fort – unter anderem, indem er seinen Kopf gegen den Sitz schlug.
Der Mann sei von sechs Polizisten festgehalten worden, heißt es in dem Bericht. Ein Beamter habe ihm einen Arm gegen den Hals gedrückt, was seine Atemfähigkeit eingeschränkt habe. Ein anderer Polizist habe dem am ganzen Körper mit Klebeband Gefesselten mehrmals für längere Zeit die Genitalien gequetscht.
Diese Methode "zielt eindeutig darauf ab, durch Zufügung starker Schmerzen kooperatives Verhalten zu erreichen", kritisierten die Experten des Europarates. Ein solches Vorgehen sei "unverhältnismäßig und unangemessen". Deutschland müsse "sofort Maßnahmen ergreifen", um die Anwendung dieser Techniken zu unterbinden.
Aus der Antwort des Bundesjustizministeriums auf den Report ging hervor, dass die Abschiebung in der Regel eine Woche vor dem Termin angekündigt werden soll – auch den in Haft sitzenden Betroffenen.
Bayern vertrete jedoch die Auffassung, dass den Menschen in Abschiebehaft nicht das genaue Datum genannt werden müsse. Da sie sich in Abschiebehaft befänden, seien sie dadurch über ihre anstehende Ausweisung bereits informiert, hieß es in der Antwort.
Das Anti-Folter-Komitee, das Haftbedingungen in Europa überprüft, bemängelte zudem die Einrichtung des besuchten Abschiebegefängnisses in Eichstätt. Das Wachpersonal dort sei nicht speziell geschult, außerdem würden die dort untergebrachten Männer mehr wie Strafgefangene behandelt.
In ihrer Antwort erklärte das Ministerium, dass die Männer in Abschiebehaft meist nicht genügend eigene Kleidung besäßen, um diese regelmäßig zu wechseln – deshalb werde auf Kleidung der Haftanstalt zurückgegriffen.
Die in Eichstätt eingerichtete Freizeithalle könne zudem erst länger geöffnet werden, wenn es für die zusätzliche Zeit Sicherheitspersonal gebe. Dass ein direkter Arztbesuch für die Insassen nicht möglich sei, wies das Justizministerium zurück.
Die Delegation forderte in ihrem Bericht, dass an Abschiebungen beteiligte Polizisten eine Kennzeichnung tragen müssen. Bei der begleiteten Ausweisung aus Bayern sei das nicht der Fall gewesen.
(hd/dpa)