Björn Höcke, der Rechteste der Rechten.Bild: Getty Images Europe
Deutschland
In Umfragen steht die AfD recht gut da. Aber im Inneren droht die Partei zu zerreißen. Es dreht sich meist um den Rechtsaußen Höcke. Die Zeichen stehen auf Konfrontation.
Brandenburg, Sachsen, Thüringen – im Osten stehen
drei Landtagswahlen an. Der Rechtsaußen Björn Höcke ruft zur
"friedlichen Revolution an der Wahlurne" auf. Derweil fliegen in der
Partei vielerorts die Fetzen. Zwar dominiert der rechtsnationale
"Flügel", den der Verfassungsschutz als Verdachtsfall für
rechtsextremistische Bestrebungen einstuft, weite Teile des Ostens.
Aber in vielen Westländern toben erbitterte Machtkämpfe zwischen
gemäßigten Kräften und "Flügel"-Anhängern.
AfD-Vize Kay Gottschalk
spricht von einer "Schneise der Verwüstung" in den West-Ländern. Am
Freitag kommt gar der Vorschlag einer Arbeitsteilung der AfD in Ost
und West auf, der den Konflikt entschärfen könnte. Doch die
Parteispitze tut ihn rasch ab. Parteichef Jörg Meuthen spricht von
einer "Schnapsidee". Ein Überblick über die Lage in den westdeutschen
Ländern:
BADEN-WÜRTTEMBERG
Der "Flügel" ist stark vertreten im Südwesten.
Durch den Landesverband geht schon lange ein Riss. Es geht um den
Umgang mit flügelnahen Mitgliedern wie den Abgeordneten Stefan
Räpple, der mit Rechtsextremen in Chemnitz marschiert oder sich nach
Zwischenrufen von der Polizei aus dem Landtag führen lässt. Der
Landesvorstand will ihn loswerden, aber er genießt noch Rückhalt in
der Fraktion. Oder um Wolfgang Gedeon – Antisemitismusvorwürfe gegen
ihn hatten 2016 vorübergehend zur Spaltung der AfD-Fraktion im
Landtag geführt. Die AfD-Splittergruppe "Stuttgarter Aufruf" um die
flügelaffine Abgeordnete Christina Baum forderte 2018 trotz der
drohenden Beobachtung durch den Verfassungsschutz einen radikaleren
Kurs. Im Vorstand liefern sich indes Landeschef Bernd Gögel, der als
gemäßigt gilt, und Co-Sprecher Dirk Spaniel eine Schlammschlacht. Im
Herbst dürfte es auf einem Sonderparteitag zur Machtprobe kommen.
SCHLESWIG-HOLSTEIN
Beim Landesparteitag Ende Juni wurde überraschend
Doris von Sayn-Wittgenstein in einer Kampfkandidatur erneut zur
Landesvorsitzenden gewählt – obwohl gegen sie ein
Parteiausschlussverfahren des Bundesvorstands läuft. Die 64-Jährige
hatte einen rechtsextremen Verein unterstützt, der auf der
Unvereinbarkeitsliste der AfD steht. Sayn-Wittgenstein gilt als
politisch weit rechts und dem "Flügel" zumindest nahestehend – mehrfach besuchte sie das "Kyffhäusertreffen". Die
AfD-Landtagsfraktion in Kiel schloss sie im vergangenen Dezember aus.
Seitdem ist sie fraktionslose Abgeordnete. Die verbliebene
vierköpfige Landtagsfraktion lehnt jede Zusammenarbeit mit ihr ab.
Der Landesverband hat nach eigenen Angaben etwa 1100 Mitglieder. Beim
jüngsten Landesparteitag, zu dem etwa 250 Mitglieder kamen, setzten
sich bei mehreren Abstimmungen die Anhänger Sayn-Wittgensteins durch.
NORDRHEIN-WESTFALEN
Bei einem Chaos-Parteitag Anfang Juli in Warburg
an der Grenze zu Hessen hatte sich die Doppelspitze der NRW-AfD
mitsamt Vorstandsmitgliedern buchstäblich zerlegt. Übrig blieben
zunächst die Rechtsnationalen um den Co-Landeschef Thomas Röckemann,
der als Sympathisant Höckes gilt. Der als gemäßigt eingeschätzte
Vorsitzende Helmut Seifen trat mit acht Vorstandsmitgliedern zurück.
Nun kommt es im größten AfD-Landesverband zur Machtprobe. Röckemann
und zwei seiner Anhänger weigern sich bislang, auch zurückzutreten,
um den Weg für einen Neuanfang an der Landesspitze frei zu machen.
Bis zum 6. Oktober muss auf einem Parteitag der Vorstand neu gewählt
werden. Beobachter gehen allerdings davon aus, dass Röckemann dann
keine Chance mehr haben wird. In der AfD-Landtagsfraktion gilt
Röckemann außerdem isoliert und ist in Plenardebatten kaum präsent.
BAYERN
Die bayerische AfD ist tief gespalten: zwischen Anhängern des
"Flügels", darunter Landtagsfraktionschefin Katrin Ebner-Steiner, und
eher gemäßigten Kräften. Und diese tiefen Gräben ziehen sich auch
durch den Landesvorstand und die Landtagsfraktion. In der Fraktion
gibt es quasi ein Patt zwischen beiden Gruppen. Ebner-Steiner hat nur
noch die Hälfte der Fraktion hinter sich, zwei Abgeordnete sind aus
Protest gegen ihren Rechtskurs ausgetreten. Für eine Abwahl haben
ihre Gegner, die zuletzt sogar eine Anzeige gegen sie wegen der
Veröffentlichung privater E-Mails ankündigten, aber nicht die dafür
nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. Im Herbst aber muss neu gewählt werden
- sowohl der Landesvorstand als auch die Spitze der Fraktion. Dann
wird sich jeweils zeigen, welche Gruppe die Oberhand hat.
SAARLAND
Um den Landesvorsitzenden Josef Dörr schwelt seit längerem
ein innerparteilicher Konflikt. Im Mittelpunkt steht der Führungsstil
des 81-Jährigen, der seit vier Jahren im Amt ist und im Februar als
Parteichef bestätigt wurde. Der Vorwurf der Kritiker: Die Demokratie
im Landesverband werde ausgehebelt. So blieben bei einem Parteitag im
Juni Delegierte von drei Kreisverbänden nach einem Boykottaufruf
fern. Deren Kreisvorstände hatten den Rücktritt Dörrs und des
Landesvorstandes gefordert. Dörr, der Landtagsabgeordneter ist, hat
auch vorherige Rücktrittsforderungen stets zurückgewiesen. Er habe
die große Mehrheit der Partei hinter sich, sagt er. Vorwürfe wegen
Kontakten zur rechtsextremen NPD hat Dörr immer bestritten.
RHEINLAND-PFALZ
Der AfD-Landesvorsitzende und Fraktionschef Uwe
Junge macht wiederholt mit scharfen Äußerungen über Geflüchtete auf
sich aufmerksam, hat sich aber gegen den "Flügel" positioniert. Nach
Berichten über Kontakte des AfD-Landtagsabgeordneten Jens Ahnemüller
mit der rechtsextremen Szene führte Junge im September 2018 den
Ausschluss von Ahnemüller aus der Fraktion herbei und strebt auch
einen Parteiausschluss an. Einen tiefen Zwist gibt es mit der
Landtagsabgeordneten Gabriele Bublies-Leifert, die als Vorsitzende
des Kreisverbands Birkenfeld des Amts enthoben wurde. Nach einer
Twitter-Äußerung Junges über einen "Aufstand der Generale" forderte
Bublies-Leifert dessen Rücktritt vom Fraktionsvorsitz.
(mbi/dpa)
Als wäre der russische Angriffskrieg in der Ukraine nicht schon genug, eskaliert der Konflikt weiter. Nach russischen Angaben hat das Land am Donnerstagmorgen mit einer neu entwickelten Mittelstreckenrakete die ukrainische Großstadt Dnipro beschossen, eine "Hyperschall-Rakete". Sechs Sprengköpfe schlugen dort ein. Der russische Präsident Putin sagte, es seien keine Atomsprengköpfe gewesen.