Politiker aus der Opposition fordern Konsequenzen. Journalistenverbände warnen vor drohender Gefahr für die Redefreiheit. Wütende Bürger fühlen sich ungerecht behandelt.
Man kann es recht einfach auf den Punkt bringen: Am Wochenende sind Journalisten, Polizisten und Pegida-Demonstranten heftig aneinandergeraten. Seitdem stehen die Zeichen auf Konfrontation.
Dresden ist nicht der erste Fall, in dem das so gelaufen ist. Dahinter könnte das Kalkül einer schrumpfenden Bewegung stecken.
Aber Schritt für Schritt:
Ein Streit vor der Kamera
Angela Merkel war am Wochenende zu Besuch in Sachsen – und dort warteten etwa 300 Anhänger der noch immer existierenden Pegida-Bewegung vor dem Landtag in Dresden auf die Kanzlerin. Nicht weiter verwunderlich.
Dann passierte aber das hier:
Der Mann mit dem Mikro ist Arndt Ginzel, ein freier Journalist, der zu rechten Bewegungen in Deutschland recherchiert. Er hat das Video sofort nach dem Vorfall veröffentlicht.
Ginzel und sein Kameramann seien anschließend über 45 Minuten lang kontrolliert und somit an der Arbeit gehindert worden, berichtet er. Dazu kommt eine Anzeige gegen ihn wegen angeblicher Beleidigung eines Demonstranten. Ginzel verneint diese.
Der Streit nach der Kamera
Der Zwischenfall erreichte umgehend die regionale Politik, auch weil der sächsische Innenminister sich noch am Wochenende hinter seine Polizisten stellte und damit indirekt die Journalisten und Demonstranten auf eine Stufe stellte.
Er schrieb:
Seitdem reien sich die Vorwürfe auf, nach denen sich die sächsische Polizei von Pegida instrumentalisieren lasse.
Etwa durch den Innenpolitischen Sprecher der Grünen:
Gegenüber der Süddeutschen Zeitung warf auch Enrico Stange, innenpolitischer Sprecher der Linken im sächsischen
Landtag, der Polizei vor, als Handlanger von Pegida aufzutreten.
So reagierte das Innenministerium
Die Linke im Bundestag hat übrigens ebenfalls bereits eine Anfrage an die Regierung gestellt, die sich auf den Fall in Dresden bezieht. Darin zählt die Partei mehrere Vorkomnnisse ähnlicher Natur aus den vergangenen drei Monaten auf:
Demnach attackierten Neonazis Journalisten im April mit Baseballschläger und Schraubenschlüssel.
Bei einem Konzert griffen Szene-Mitglieder einen Fotografen an und verletzten ihn.
"Polizisten, die Pöbeleien und tätliche Übergriffe auf Journalisten
zufällig nicht sehen, obwohl sie daneben stehen. Polizisten, die die
Berichterstatter auffordern, ihr Bildmaterial zu löschen, damit sich die
Lage beruhigt. Polizisten, die darauf drängen, dass sich die
Journalisten schnellstmöglich entfernen, damit Ruhe einkehrt."
Fragt man bei den Journalistenverbänden nach, bekommt man dennoch eine überraschende Antwort:
Ein Sprecher des DJV sagt:
"Bei aller Verärgerung über den aktuellen Fall, er bleibt die Ausnahme"
watson
Stattdessen sei eine andere Entwicklung auffällig. Zwar würden die massenhaften Rufe über die "Lügenpresse" auf den Pegida-Demos zurückgehen, genauso wie deren Zulauf zurückgeht.
Stattdessen aber träten zusehends professionell agierende Scharfmacher in den Vordergrund.
Das gibt auch der Chefredakteur der "taz" zu bedenken:
"Aufmerken
lässt das Vokabular des Mannes mit dem Deutschlandhut: „Strafbar“,
„polizeilich“, „Frontalaufnahme“. Das klingt geschult. Der Mann sagte
sogar, er wolle den Kameramann vorläufig festsetzen. Die Rechten als
Rechtspfleger, Pegidisten als Hilfspolizisten – das darf nicht Schule
machen. Wenn sie damit Erfolg haben, dann werden sie mehr und mehr
versuchen, die Polizei zu involvieren."
Für die "Schulungs"-These spricht, dass Dresden nicht der erste Fall ist, in dem Pegida-Demonstranten die Polizei dazu aufforderte Journalisten zu kontrollieren.
Auch dort wurden Journalisten an der Arbeit gehindert, weil Pegida-Demonstranten sie auf ihr Recht am eigenen Bild hinwiesen und die Polizei diesem Gesuch offenbar sofort nachkam.
Dabei sind Bilder auf Demos eigentlich klar geregelt:
Im Paragraph 23 des Kunsturhebergesetzes heißt es, dass "Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben" veröffentlicht werden dürfen, ohne die abgebildeten Personen zu fragen. Das Gesetz wird jedoch häufig so ausgelegt, dass die Erlaubnis nicht für Porträtfotos von einzelnen Demo-Teilnehmern gilt.
Der Sprecher des DJV sagt gegenüber watson: Man könne nur vermuten, dass die gezielte Ansprache von Polizisten dazu dienen soll, Skandale zu produzieren. Vielleicht könne nur so ein wichtiges Feindbild für die Pegida-Bewegung am Leben gehalten und öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt werden.
Vielleicht, so sagt er weiter, könne das Feindbild der Lügenpresse am Leben zu halten. Wie die Fälle München und Dresden zeigen, funktionert das auch ziemlich gut.
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