Bundeskanzlerin Angela Merkel wendet sich mit einer wichtigen Bitte an alle Bürgerinnen und Bürger.Bild: reuters / HANNIBAL HANSCHKE
Deutschland
17.10.2020, 12:2417.10.2020, 14:32
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angesichts
weiter steigender Corona-Infektionszahlen in Deutschland eindringlich
an die Bürger appelliert, zur Eindämmung der Pandemie beizutragen.
"Wir müssen jetzt alles tun, damit das Virus sich nicht
unkontrolliert ausbreitet. Dabei zählt jetzt jeder Tag", sagte die
CDU-Politikerin in ihrem am Samstag veröffentlichten wöchentlichen
Podcast.
"Ich bitte Sie: Verzichten Sie auf jede Reise, die nicht wirklich zwingend notwendig ist, auf jede Feier, die nicht wirklich zwingend notwendig ist. Bitte bleiben Sie, wenn immer möglich, zu Hause, an Ihrem Wohnort."
Deutschland befinde sich in einer "sehr ernsten Phase", sagte
Merkel. "Tag für Tag steigt die Zahl der Neuinfektionen sprunghaft."
Die Pandemie breite sich wieder rapide aus, schneller noch als zu
Beginn vor mehr als einem halben Jahr.
"Der vergleichsweise entspannte Sommer ist vorbei, jetzt stehen uns schwierige Monate bevor. Wie der Winter wird, wie unser Weihnachten wird, das entscheidet sich in diesen kommenden Tagen und Wochen. Das entscheiden wir alle durch unser Handeln."
Die Gesundheitsämter in Deutschland haben zuletzt 7830 neue
Corona-Infektionen innerhalb eines Tages gemeldet, mehr als je zuvor
seit Beginn der Pandemie. Das geht aus Daten des Robert
Koch-Instituts (RKI) vom Samstagmorgen hervor. Am Vortag war mit 7334
neuen Fällen der bis dato höchste Wert registriert worden.
Ansteckungsketten unterbrechen
Damit sich das Virus sich nicht unkontrolliert ausbreite, müssten
die Kontaktpersonen jedes infizierten Menschen benachrichtigt werden,
um die Ansteckungsketten zu unterbrechen, sagte Merkel. "Die
Gesundheitsämter leisten dabei Großartiges, aber wo die Zahl der
Infizierten zu hoch wird, da kommen sie nicht mehr hinterher."
Merkel fragte: "Was kann jede und jeder von uns also dazu
beitragen, dass die Zahlen wieder heruntergehen? Sehr viel, das
Allermeiste schon einfach dadurch, dass jede und jeder Einzelne
konsequent den Mindestabstand wahrt, den Mund-Nasen-Schutz trägt, die
Hygieneregeln einhält."
Die Wissenschaft sage klar, die Ausbreitung des Virus hänge
direkt an der Zahl der Kontakte und der Begegnungen, die jeder habe.
"Wenn jeder von uns seine Begegnungen außerhalb der eigenen Familie
jetzt eine Zeitlang deutlich verringert, dann kann es gelingen, den
Trend zu immer mehr Infektionen zu stoppen und umzukehren", so
Merkel:
"Genau das ist heute mein Appell an Sie: Treffen Sie sich mit deutlich weniger Menschen, ob außerhalb oder zu Hause."
Sie wisse, das klinge nicht nur hart, das sei im Einzelfall auch
ein schwerer Verzicht, sagte die Kanzlerin. "Aber wir müssen ihn nur
zeitweilig leisten und wir leisten ihn letztlich für uns selbst: Für
die eigene Gesundheit und die all derer, denen wir eine Erkrankung
ersparen können. Dafür, dass unser Gesundheitswesen nicht überfordert
wird, dass die Schulen und Kitas unserer Kinder geöffnet bleiben. Für
unsere Wirtschaft und unsere Arbeitsplätze."
Regeln einhalten
Deutschland sei deswegen so vergleichsweise gut durch das erste
halbe Jahr der Pandemie gekommen, weil "wir zusammengestanden" und
die Regeln eingehalten hätten.
"Das ist das wirksamste Mittel, das wir zurzeit gegen die Pandemie haben. Jetzt ist es nötiger denn je."
Bund und Länder hatten am vergangenen Mittwoch die Maßnahmen zur
Eindämmung des Virus in Corona-Hotspots verschärft. Beim umstrittenen
Beherbergungsverbot für Urlauber aus Risikogebieten aber gab es keine
einheitliche Linie. In mehreren Ländern haben Gerichte das
Beherbergungsverbot inzwischen gestoppt.
Merkel hatte sich in den Beratungen mit den Ministerpräsidenten
im Kanzleramt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur
unzufrieden mit den Beschlüssen gezeigt. "Die Ansagen von uns sind
nicht hart genug, um das Unheil von uns abzuwenden", sagte die
CDU-Politikerin nach übereinstimmenden Angaben von Teilnehmern. "Es
reicht einfach nicht, was wir hier machen."
(om/dpa)
Rolf Mützenich ist der Fraktionschef der SPD. In zahlreichen Debatten spricht er für seine Partei im Bundestag. Mützenich ist bekannt für seine Friedenspolitik, gleichzeitig half er aber auch bei der Durchsetzung des Sondervermögens für die Bundeswehr.