Nach den Umfragen liegt der Demokrat Joe Biden bei den US-Präsidentschaftswahlen vorne. Doch chancenlos ist Donald Trump noch nicht, was eine zweite Amtszeit angeht. Doch Amerika ist vor dieser Wahl wohl so gespalten wie selten zuvor.
Der "Tagesthemen"-Moderator Ingo Zamperoni hat in Amerika studiert, hat eine Amerikanerin geheiratet, war dort ARD-Korrespondent und hat nun die Dokumentation "Trump, meine amerikanische Familie und ich" gedreht, die direkt vor Frank Plasbergs "Hart aber fair" zu sehen war. Zamperoni ist zugeschaltet, wenn die Gäste im Studio über die Wahlen in Amerika diskutieren. Zu Gast bei Frank Plasberg sind:
Ingo Zamperoni ist aus Amerika zugeschaltet, wo er für die ARD auch schon im Vorfeld über die Wahlen berichtet. Zamperonis Frau ist Amerikanerin, ihr Vater wählt Trump, sie die Demokraten. Wenn Tochter und Vater aufeinander Treffen ist Politik immer ein Thema: "Da den Dompteur zu spielen ist nicht ganz leicht", gibt Zamperoni zu. Aber er tröstet sich:
Die drei sahen zusammen das erste TV-Duell zwischen Donald Trump und Joe Biden. Selbst der Schwiegervater ruft Trump vor dem Fernseher mehrfach zu, er solle doch den Mund halten. Die Republikaner wählt er trotzdem, die Partei, und nicht unbedingt Trump. "Ich halte mir die Nase zu und wähle ihn", fasst er seine Haltung zusammen. "Es gibt für Trump-Wähler Gründe, ihn zu wählen. Für die muss man kein Verständnis haben, aber man muss verstehen, warum Menschen so entscheiden", sagt Zamperoni.
Sollte Trump es in eine zweite und somit letzte Amtszeit schaffen, sieht der CDU-Abgeordnete und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen, die letzte hemmende Schranke für Trump gefallen: Er könne tun was er wolle, weil er keine Rücksichten mehr wegen einer Wiederwahl nehmen müsse.
Für den Amerikaner George Weinberg, Aufsichtsratsmitglied der "Republicans Overseas Germany", gibt es "überhaupt keine Zweifel", dass Trump die Wahl gewinnt. Damit ist er in der Runde ziemlich allein.
Frank Plasberg zeigt einen Einspieler, in dem ein evangelikaler Prediger den US-Präsidenten in dessen Anwesenheit huldigt und Gott für Trump dankt. Es sind skurrile Szenen.
Röttgen äußert sich anschließend kritisch über die Evangelikalen und ihre Allianz mit Trump. "Abstoßend unvernünftig" sei das, was man dort sehe. "Wie zynisch Trump grinst und wie zynisch innerlich der Prediger gegrinst hat. Das ist ein Pakt mit dem Teufel, von dem er auch weiß", sagt Röttgen.
Als Plasberg ihn fragt, ob es richtig sei, sich über diese Menschen zu erheben und sich über sie lustig zu machen, sagt Röttgen. "Die Instrumentalisierung der eigenen Meinung im politischen Meinungskampf mit göttlicher Weisheit und göttlichem Willen finde ich abstoßend und unaufklärerisch."
Daraufhin stutzt Weinberg ihn zurecht. "Herr Dr. Röttgen, bei allem Respekt", beginnt er sein Plädoyer. Es sei doch sehr seltsam, dass sich ein Politiker der Christlich Demokratischen Union gegen Religion und Christentum stelle. "Das verwundert mich", sagt Weinberg.
"Haben Sie das Memorandum der Demokraten, 110 Seiten, in Originalsprache gelesen?", fragt er Röttgen. Schließlich wisse er, dass Röttgens Englisch perfekt sei. Er findet, das Programm von Biden sei "sozialistisch".
Röttgen kontert. Er lebe selbst christiliche "Ich respektiere den Glauben jedes einzelnen Menschen. Was ich kritisiere, ist die Gleichsetzung einer Meinung mit göttlichem Willen. Das ist etwas, was zurückgewiesen werden muss", sagt Röttgen.
Die Fangfrage nach dem Demokraten-Programm lässt er abprallen: "Ich habe nicht 110 Seiten gelesen, aber ich habe mich informiert über das Programm in der Originalsprache."
Als Amerika-Kenner Zamperoni erklärt hat, dass Amerikaner unter dem Schlagwort Sozialismus wohl sowas wie Verantwortung an den Staat abgeben sehen würden, legt Weinberg nach. Das demokratische Wahlprogramm sei für ihn "sozialistisch, vielleicht marxistisch". Irgendwie erinnert Weinbergs Benehmen immer mehr an Donald Trump und eine Diskussion mit Argumenten ist mit ihm genauso schlecht möglich wie mit seinem Präsidenten.
Wo er denn lieber krank sei, in Deutschland oder Amerika, piekst Plasberg seinen streitlustigen Gast an. Aber Weinberg lässt ihn abprallen. Er sei "vollversichert" im Amerika und Deutschland. "Ich sehe kein Unterschied zwischen den beiden Systemen." Als Ingo Zamperoni sich zu Wort meldet, versucht ihn Weinberg niederzureden, Plasberg kann ihn nur mühsam bändigen, indem er laut wird.
Der Höhepunkt ist erreicht, als es um einen Angriff von Trump-Anhängern geht, die beinahe einen Wahlkampfbus von Biden gerammt haben. Weinberg sagt, da hätten nur "ein paar Jungs einen Bus eskortiert" nachdem er zuvor behauptet hat, die Ausschreitungen in Seattle, Minneapolis und Atlanta nach Polizeigewalt gegen schwarze Amerikaner seien von Wählern der Demokraten begangen worden.
Zu guter Letzt weist er noch Norbert Röttgen zurecht. "Mein Eindruck ist, dass wir es mit einer generellen Krise der westlichen Demokratien zu tun haben", findet der CDU-Abgeordnete beim Blick auf Länder wie Amerika, Polen und England. Und Weinberg giftet ihn an. "Sie haben genug zu tun bezüglich Demokratie in dem Land, wo wir beide gerade leben."
Weinberg wird immer eingeladen, wenn es darum geht, einen deutschsprachigen Trump-Fan zu haben, der gern ausgteilt. Auch bei Frank Plasberg war er schon mehrfach. Und doch war er bei dieser Sendung in Hochform. Bei Twitter äußerten sich die Zuschauer sauer.
Gegen Weinberg bleibt seine demokratische Gegenspielerin Candice Kerestan, Vorsitzende "Democrats Abroad Germany", ziemlich blass. Sie habe keine Angst, dass Joe Biden verliert, "weil ich weiß, wie viele hinter Biden stehen". Er habe den Wahlkampf richtig gemacht, "vielleicht hätte er etwas aggressiver sein können".
Diesen Wunsch hat Christiane Lemke, Professorin für Politikwissenschaft, bei Trump nicht.
Trump missachte den Kongress und die öffentliche Meinung und er greife Journalisten an. Trump drohten, sollte er nicht mehr Präsident und damit praktisch immun sein, "eine ganze Reihe von Klagen", u.a. wegen Steuerhinterziehung und Verleumdung. Auch darum klammere sich Trump an sein Amt und es gebe die Spekulationen, dass Trump vor Amtsende die Geschäfte an seinen Vize Mike Pence übergibt, der ihn dann begnadigt, bevor es zu unangenehmen Prozessen kommt.
Das glaubt Matthew Karnitschnig, Europa-Korrespondent des US-amerikanischen Online-Nachrichtenportals "Politico" nicht. "Sobald deutlich ist, dass er verloren hat, werden ihn die anderen Republikaner fallen lassen und werden nichts mehr mit ihm zu tun haben."
Karnitschnig spricht breites Österreichisch, das er von seinem Vater hat, ist aber Amerikaner und zeigt ein . Aber Trump habe viele Versprechen eingehalten und die Steuern gesenkt. "Es gibt viel vernünftige Menschen, die trotzdem zu dem Entschluss gekommen sind: 'Ich muss diesen Menschen unterstützen'", obwohl sie ihn nicht mögen, aber weil seine Politik ihnen Vorteile bringe. Den manchmal dräuend heraufspekulierten Bürgerkrieg bei einer knappen Trump-Niederlage sieht er allerdings nicht. Österreichisch-Trocken bemerkt er: