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Deutschland
12.10.2019, 05:0912.10.2019, 13:18
Gegen den ausdrücklichen Willen von CDU-Chefin Annegret
Kramp-Karrenbauer stimmt die Junge Union für mehr Mitsprache der
Partei bei der Suche nach einem künftigen Kanzlerkandidaten.
- Was war passiert? Am Freitagabend stimmte die Junge Union bei ihrem Deutschlandtag einem Antrag zu, der vorsieht, dass es in der Parteienfamilie von CDU und CSU eine Urwahl für die nächste Kanzlerkandidatur geben soll.
- Ein Affront für Parteichefin Kramp-Karrenbauer, denn in der Union ist man es gewohnt, dass derjenige an der Spitze der Partei auch als erster nach der Kanzlerkandidatur greifen darf. Die Idee einer Urwahl stellt AKKs Machtanspruch infrage.
Der Antrag erhielt bei dem Treffen in Saarbrücken mit 170 von 277 gültigen Stimmen
eine klare Mehrheit von gut 60 Prozent. 107 Delegierte stimmten mit
Nein. Parteichefin Kramp-Karrenbauer hatte sich klar gegen eine Urwahl gestellt.
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Zuvor hatte Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) die Union im
Urwahlstreit auf dem JU-Kongress zum Zusammenhalt aufgerufen und sein
weiteres Engagement für die CDU angekündigt. Die Delegierten feierten
ihn dafür fast wie einen Popstar. Für etliche unter ihnen gilt er
offenbar weiterhin als großer Hoffnungsträger der Union.
Warum es nun nicht unbedingt zu einer Urwahl in der Union kommen muss
Die Entscheidung der JU für eine Urwahl bedeutet noch nicht, dass ein
solches Verfahren Wirklichkeit wird. Zum einen ist neben CDU-Chefin
Kramp-Karrenbauer auch der CSU-Vorsitzende Markus Söder dagegen.
Zum
anderen ist unklar, wie der CDU-Parteitag Ende November über einen
entsprechenden Antrag entscheiden würde. Nach dem Votum der JU dürfte
aber klar sein, dass sich der Parteitag in Leipzig am 22. und 23.
November mit dem Thema befassen muss.
Merz rief den JU-Delegierten zu, er habe Kramp-Karrenbauer nach deren
Wahl zur CDU-Chefin im Dezember 2018 "aus fester und tiefer
Überzeugung" zugesagt, ihr "bei dieser schwierigen Aufgabe (...) zu
helfen und sie zu unterstützen". "Und zu dieser Zusage stehe ich
uneingeschränkt." Es sei klar gewesen, dass Kramp-Karrenbauer auch
Fehler machen werde. Auch er hätte im Falle einer Wahl Fehler
gemacht, sagte Merz – "wie jeder andere in diesem Amt auch". Auf den
Zwischenruf aus den Reihen der Delegierte, dass dies nicht der Fall
gewesen wäre, antwortet Merz eindringlich: "Doch, doch."
Die CDU werde in ihrer ganzen Breite und Tiefe gebraucht, mahnte
Merz, der vom Unionsnachwuchs mit großem Beifall empfangen worden
war. "Und da müssen wir alle mithelfen." Vielleicht werde es
irgendwann am Jahreswechsel, Anfang 2020, Ende 2020 aber spätestens
Ende 2021 eine Bundestagswahl geben. "Bei dieser Bundestagswahl kommt
es darauf an, dass die Union mit spannenden inhaltlichen Aussagen,
mit einem überzeugenden Team sich der Verantwortung dem Wähler
gegenüber stellt und um die Mehrheit in Deutschland ringt", rief
Merz. "Und dazu muss jeder von uns an jedem Platz beitragen."
Merz lässt sich in Saarbrücken feiern
Merz war kurzfristig auf die Rednerliste in Saarbrücken gesetzt
worden. Zum Ende seiner Rede rief der Sauerländer den Delegierten zu:
"Wie freiheitlich und wie menschlich wir die Zukunft unseres Landes
und der EU gestalten, diese Verantwortung liegt auf Deutschland und
in Deutschland auf CDU und CSU. Wir werden die politische
Auseinandersetzung darum führen müssen. Und wenn Sie wollen, dass ich
dabei bin, dann bin ich dabei." Die Delegierten reagierten mit lang
anhaltendem Applaus und "Friedrich, Friedrich"-Rufen. Sie sangen:
"Oh, wie ist das schön. Sowas hat man lange nicht gesehen."
JU-Chef Tilman Kuban sagte: "Wir danken Ihnen, dass Sie zurück sind
auf der CDU-Bühne." Merz sei ein kluger Kopf, den die CDU brauche und
der der Partei gut tue.
Kramp-Karrenbauer hatte ihre Partei zuvor bei einer Auslandsreise als
Verteidigungsministerin angesichts der Urwahl-Debatte vor lähmender
Selbstbeschäftigung und Personaldebatten gewarnt. "Ich selbst bin
eine wirklich tiefe, überzeugte Verfechterin des repräsentativen
Systems", sagte sie in der lettischen Hauptstadt Riga. Ihre Ablehnung
gelte "für das Parlament, das gilt aber auch für die Entscheidungen
in meiner eigenen Partei. Das war so und das ist auch so."
Es stehe der JU frei, ihren Beschluss beim CDU-Bundesparteitag Ende
November in Leipzig einzubringen, sagte Kramp-Karrenbauer. Im
"Tagesspiegel" sagte sie ergänzend: "Im Übrigen habe ich im letzten
Jahr gezeigt, dass ich vor keinem demokratischen Auswahlverfahren
Angst haben muss." Im Kampf um den CDU-Vorsitz hatte sie sich gegen
Friedrich Merz und Jens Spahn durchgesetzt.
Union: AKK erhält Rückendeckung aus Bayern
Rückendeckung erhielt Kramp-Karrenbauer von CSU-Chef Markus Söder,
der sich im "Spiegel" ebenfalls gegen eine Urwahl aussprach. "Sie
verstößt gegen die Idee einer gemeinsamen Entscheidung von CDU und
CSU." Es könne nicht sein, "dass eine Unionsschwester per Urwahl
einen Kanzlerkandidaten bestimmt und die andere das nur noch abnicken
kann". Zu seinen eigenen Ambitionen auf eine mögliche
Kanzlerkandidatur hält sich Söder laut "Spiegel" bedeckt.
Den JU-Delegierten lagen ursprünglich mehrere Anträge zur Urwahl vor.
Einer forderte etwa mehr Mitsprache der Basis, ein weiterer sprach
sich für die Urwahl bei der Kanzlerkandidatur aus, und ein anderer
Antrag wollte sowohl den Parteivorsitz wie auch die Kanzlerkandidatur
über eine Urwahl bestimmen. Die Antragskommission des
JU-Deutschlandtages, die sich aus Abgesandten aller Landesverbände
zusammensetzt, hatte sich für eine Ablehnung aller entsprechenden
Anträge ausgesprochen.
(pb/dpa)
Triggerwarnung: Im folgenden Text werden Gewalthandlungen geschildert, die belastend und retraumatisierend sein können.