Ein Interview des ZDF mit dem AfD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Thüringen, Björn Höcke, ist in einem Eklat geendet. In dem Gespräch, das am Sonntagabend in der Sendung "Berlin direkt" ausgestrahlt wurde, ging es zunächst um die Sprache des Politikers vom rechtsnationalen Flügel und um NS-Begriffe.
Das ZDF betont, dass es laut Absprache nicht um Thüringen, sondern die bundespolitische Bedeutung Höckes gehen sollte. Einige Minuten später sagte Höcke: "Wir beenden das Interview.(...) Dann ist klar, dass es mit mir kein Interview mehr für Sie geben wird."
Auf die Frage, ob das eine Drohung sei, sagte Höcke: "Nein, das ist nur 'ne Aussage, weil auch ich nur ein Mensch bin." Auf die weitere Frage: "Was könnte kommen", antwortete Höcke: "Vielleicht werde ich mal 'ne interessante persönliche, politische Person in diesem Land. Könnte doch sein."
Höcke drohte dem Reporter mit "massiven Konsequenzen" – ohne genauer zu erklären, was damit gemeint sei.
Das Interview wurde am vergangenen Mittwoch in Erfurt geführt. Das ZDF hat das komplette Interview und den Wortlaut online gestellt.
Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Frank Überall, erklärte am Abend, es sei völlig richtig gewesen, dass sich der ZDF-Kollege nicht darauf eingelassen habe, das Interview in Höckes Sinne "weichzuspülen". "Björn Höcke hat ein weiteres dunkles Kapitel des gestörten Umgangs der AfD mit der Pressefreiheit im allgemeinen und kritischen Journalistinnen und Journalisten im besonderen aufgeschlagen", kritisierte Überall.
Am Ende der ZDF-Aufzeichnung fragte Höckes Mitarbeiter: "Aber das Interview wird jetzt nicht verwendet, oder?" Der ZDF-Redakteur: "Natürlich wird das Interview verwendet."
Zu Beginn des Interviews zeigte das ZDF einen Einspieler, in dem AfD-Politiker mit Höcke-Zitaten konfrontiert werden. "Ist das aus 'Mein Kampf' oder von Herrn Höcke?", will der Reporter wissen. Den befragten AfD-Politikern fällt es offenbar schwer, die Höcke-Zitate auch Höcke zuzuordnen. Der ZDF-Journalist wollte dann auch im Anschluss an den Einspieler von Björn Höcke wissen, warum selbst die eigenen Leute nicht sagen können, ob das noch Höcke oder schon Hitler sei. Und was das über Höckes Sprache aussage. Höcke antwortete, dass das vor allem zeige, dass "die meisten mein Buch gar nicht gelesen haben".
Höcke nennt Überschneidungen seiner Sprache mit der NS-Terminologie "abwegig". Für den AfD-Flügel-Mann gibt es gar keine eindeutige NS-Sprache. "Ich glaube nicht, dass es eine allgemein gültige Definition dessen gibt, was NS-Diktion, was NS-Sprache ist", erklärt der Geschichtslehrer.
Der Journalist nennt Beispiele. Begriffe, die Nationalsozialisten bewusst prägten und die auch Höcke in seinen Texten und Reden gebraucht: "Keimzelle des Volkes", "entartet", "Volksverderber". Und dann erinnert der ZDF-Journalist Höcke an ein Gutachten, dass die AfD selbst in Auftrag gegeben hatte und das in Höckes Sprache "Wesensverwandtschaften mit dem Nationalsozialismus" feststellte.
Höcke will davon nichts wissen und verweist auf die Biologie. Beispielsweise würde man in der Molekularbiologie auch mit dem Begriff der "Entartung" konfrontiert. Die Begriffe seien viel älter als der Nationalsozialismus. Die Höcke-Kritiker aus den eigenen Reihen nennt er "Feindzeugen".
Der ZDF-Journalist hakt nach und will wissen, warum Höcke bei einer Rede den Begriff "Lebensraum" benutzte, wo doch die Nationalsozialisten ihren Vernichtungsfeldzug auf eben jenem "Lebensraum im Osten" gründeten. Auch diesen Begriff hält Höcke für nicht eindeutig NS-belastet, verweist wieder auf die Biologie, spricht von Naturschutzräumen und Rotmilanen.
Als der ZDF-Reporter schließlich über Höckes Demokratieverständnis sprechen möchte, greift der Pressesprecher ein. Und Björn Höcke bricht das Interview schließlich ab.
(pb/dpa)