Russland: Kreml erklärt Videospiel-Entwickler zum Feind
Der Kreml ist fleißig. Und zwar darin, Organisationen zu blacklisten. 276 ausländische und internationale Nichtregierungsorganisationen hat das Justizministerium bisher als "unerwünscht" eingestuft – ein Status, der de facto einem Verbot gleichkommt. Stiftungen und Menschenrechtsorganisationen sind beliebte Ziele. Prominente Betroffene sind etwa Human Rights Watch und Amnesty International.
Auf der aktuellen Liste unerwünschter ausländischer Organisationen findet sich nun aber eine kleine Überraschung: das Spielestudio GSC Gameworld, die Entwickler hinter der populären "Stalker"-Reihe. Für den Kreml ist das Studio ein politischer Gegner – aus mehreren Gründen.
Wenn Tschernobyl zum Videospielthema wird
1995 in Kiew gegründet, widmet sich GSC Gameworld unter anderem der Geschichte um die Nuklearkatastrophe in Tschernobyl. "Stalker" ist in diesem Szenario angesiedelt. Es ist ein Survival-Shooter in einer Welt, die durch das nukleare Ereignis verfallen ist. Spieler:innen navigieren durch eine tödliche Zone voller Mutationen, Anomalien und verfeindeter Fraktionen.
"Stalker 2" macht hier nicht viel anders. Die Entwicklung fiel jedoch in die Zeit des russischen Angriffs auf die Ukraine. Das Spiel ist entsprechend von den Ereignissen geprägt. So verlagerte das Studio die Entwicklung nach Prag, den einst für 2022 geplanten Release verschob es. Nach weiteren Verzögerungen und einem Brand am Prager Standort erschien es im November 2024.
In einem Interview sagte die leitende Entwicklerin Maria Grygorovych:
Für die Ukraine gilt "Stalker 2" längst als kulturelles Widerstandssymbol – nicht zuletzt, weil das Team trotz Bombardierungen weiterarbeitete und ein Mitarbeiter im Krieg fiel und weil es die russische Sprachausgabe entfernte. In der Folge bezeichnete der Kreml das Spiel als "anti-russischen" Inhalt und ein Verbot folgte direkt zur Veröffentlichung.
Schwere Vorwürfe?
Dass GSC Gameworld zum Feindbild erklärt wird, kommt also nicht überraschend. Die russische Generalstaatsanwaltschaft schreibt zur Listung als unerwünschte Organisation, das Studio stehe im Fokus, "der ukrainischen Armee finanzielle Unterstützung zu leisten und Russland als 'Aggressorstaat' darzustellen", wofür man auch "Materialien verbreite, die unser Land diskreditieren".
17 Millionen Dollar soll es an eine Stiftung für ukrainische Militärhilfe transferiert haben, um Drohnen, Fahrzeuge und weitere Ausrüstung zu finanzieren. Zudem sei "Stalker 2" ein Spiel, das ukrainische Narrative bewerbe und "russophobe Inhalte" enthalte. Das Studio selbst dürfte sich an der Einstufung nicht zu sehr stören, wenn sie nicht sogar einem Ritterschlag gleichkommt.
