Das Coronavirus hat in Deutschland vieles zum Stillstand gebracht. Aber Politiker arbeiten dafür umso mehr, um die Pandemie zu bekämpfen.
Besonders umtriebig in diesen Zeiten ist Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Er steht im engen Austausch mit der Bundeskanzlerin und ist sehr medienpräsent. Der Großteil der Bevölkerung befürwortet Umfragen zufolge sein aktives Handeln. Doch es gibt auch Stimmen, die dem Politiker kritisch gegenüber stehen.
Spahn gerät derzeit etwa wegen seiner Pläne für eine Reform des Infektionsschutzgesetzes in die Kritik. Der Deutsche Landkreistag warf Spahn vor, sich im Zuge der Coronavirus-Krise weitgehende Kompetenzen im Bereich der Länder und Kommunen beim Infektionsschutz sichern zu wollen.
Präsident Reinhard Sager sagte am Sonntag in Berlin, Landkreise und Länder gäben ihr Bestes, in der schwierigen Lage abgestimmt und konsequent zu handeln. Die dezentralen Strukturen funktionierten. "Eine Änderung von Zuständigkeiten würde in der Krisensituation eher verunsichern, weil sich neue Abläufe erst einspielen müssen." Der Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite soll am Montag Teil der Krisenbeschlüsse des Bundeskabinetts sein.
Unter anderem sollen dabei Befugnisse des Bundes zulasten von Ländern und Kommunen ausgeweitet werden. Den Gesundheitsbehörden soll nach Spahns Vorlage auch die Befugnis eingeräumt werden, Kontaktpersonen von Erkrankten anhand von Handy-Standortdaten zu ermitteln.
Nach massiver Kritik von Kliniken hat Spahn zudem mehrere Änderungen an dem Entwurf eines Krankenhaus-Gesetzes angekündigt. "Die Krankenhäuser verdienen in dieser Zeit bestmögliche Unterstützung. An dem Entwurf zum Krankenhaus-Gesetz gab es Kritik. Diese nehmen wir ernst und haben soeben in einer Schalte mit den Gesundheitsministern der Länder einmütig mehrere Änderungen vereinbart", twitterte der CDU-Politiker am Samstagabend.
Den aktualisierten Entwurf wolle man am Sonntag vorstellen. Am Samstag waren erste Details des Gesetzentwurfs bekannt geworden. Das Hilfspaket für Kliniken, Ärzte und Pfleger des Bundes sollte in diesem Jahr voraussichtlich rund 3,3 Milliarden Euro umfassen. Ausgeglichen werden sollten Einnahmeeinbußen für Krankenhäuser, weil sie Intensivbetten für Coronavirus-Patienten frei machen.
Die Ausfälle durch Verschiebung oder Aussetzung planbarer Aufnahmen, Eingriffe oder Operationen sollten durch Pauschalbeträge ausgeglichen werden. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisierte, Spahn breche das Versprechen der Kanzlerin zu einem umfassenden Schutzschirm für die Krankenhäuser. Diese würden im Stich gelassen. Kein Euro solle für die hohen Mehrkosten für Schutzausrüstung fließen, so DKG-Präsident Gerald Gaß. "Die finanziellen Hilfen zur Schaffung der (...) zusätzlichen Intensivplätze sind viel zu niedrig angesetzt."
Wie dringend eine Änderung des Gesetz-Entwurfs ist, erklärt Professor Matthias Keller, Leiter der Kinderklinik Passau, in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Spahn.
Er schreibt darin, dass man sich vor Ort so effizient wie möglich auf den bevorstehenden Ansturm auf die Krankenhäuser vorbereitet habe. Er sagt aber auch, dass der Entwurf von Jens Spahn nicht im Ansatz ausreichend sei.
"Es bedeutet, dass die Schutzausrüstung nicht finanziert ist. Es bedeutet, dass die Intensivbetten nicht außen ausreichend finanziert sind. Es bedeutet, dass wir das zusätzliche Personal nicht ausreichend bezahlen können. Es bedeutet letztendlich, dass die laufenden Gelder fehlen und wir im Juni pleite wären und keine Gehälter mehr zahlen können."
Weiter schreibt er: "Zusätzlich bedeutet die Bürokratie, die nun gefordert wird, eine enorme Bindung von Verwaltungskapazitäten, die wir aber dringend in den Kliniken brauchen. Wer organisiert uns denn die Schutzmäntel, die Schutzmasken das Desinfektionsmittel, wer kümmert sich um die Beschaffung von dringenden Materialien, wenn wir die Intensivbetten verdoppeln wollen?"
In seinem Brief wendet er sich direkt an Jens Spahn. "Lieber Herr Spahn, Sie wollen ein Macher sein, dann machen Sie auch das Richtige! Verzichten Sie auf bürokratische Hürden! Jetzt gilt es, anzupacken und pragmatisch zu sein, genauso wie wir es nun in den Kliniken tun müssen."
Ob der eindringliche Appell zu den Entscheidungsträgern durchgedrungen ist?
(vdv/dpa)