Die Krawalle und Angriffe gegen Polizisten in Stuttgart dominieren weiterhin das Nachrichtengeschehen. Auch in den "Tagesthemen" der ARD ging es am Montagabend um die gewalttätigen Ausschreitungen von Samstagnacht. Ein Kommentar eines Redakteurs sorgte für zahlreiche Reaktionen in den sozialen Netzwerken.
Zunächst hieß es in einem Beitrag der Nachrichtensendung: Gewalttaten und feindliche Einstellungen gegen Polizisten nähmen immer weiter zu.
Doch Rafael Behr von der Akademie der Polizei Hamburg widersprach dieser Aussage im Gespräch mit Moderatorin Caren Miosga. Die Gewalt nehme nicht in dem Maße zu, wie es die Politik behaupte, so der ehemalige Polizist. Die Gewalttaten gegen Polizisten seien formell auch deshalb angestiegen, weil Angriffe auf Einsatzkräfte erst seit wenigen Jahren als Straftat in der Statistik gezählt würden. Außerdem sei nicht alles, was die Polizei als Gewalttaten verzeichne, mit körperlicher Beschädigung verbunden. Das müsse man "runterkochen und nüchtern betrachten".
Rassismus in der Polizei seien dagegen "keine Einzelfälle", es gebe eine "systemische Grundlage", so der Polizeiwissenschaftler. Er wolle nicht behaupten, dass es einen strukturellen Rassismus in der Polizei gebe, aber das Problem sei, dass es auch keine Strukturen gebe, die Rassismus verhindern.
Die Aussagen Behrs schienen selbst Moderatorin Caren Miosga zu überraschen. Vor allem aber standen sie im Kontrast zu dem anschließenden Kommentar, der von NDR-Journalist Thomas Berbner vorgetragen wurde.
Die Gewalt in Stuttgart sei das Ergebnis einer "immer weiter sinkenden Hemmschwelle", argumentierte Berbner. Polizisten hätten berichtet, dass sich bei jungen Einwanderern eine gefährliche Haltung gegen die Polizei etabliere. Körperliche Angriffe auf die Polizei seien "in der linksextremistischen Szene" längst etabliert, so Berbner.
Doch es gebe auch geistige Brandstifter. Als Beispiel nannte er die Kolumne einer "Taz"-Journalistin, die Polizeibeamte auf eine Stufe mit Müll setze. Es sei nicht der erste Versuch der "Taz", "linksextremistisches Gedankengut salonfähig zu machen." Die Äußerungen der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken zum "latenten Rassismus in der deutschen Polizei" nannte Berbner in seinem Kommentar eine "verbale Entgleisung."
Der Kommentar sorgte vor allem in den sozialen Medien für Wirbel. Viele begrüßten die Meinung Berbners und zeigten sich von dessen Worten überrascht. Andere wiederum kritisierten, er würde ein überspitztes Bild der "bösen Migranten" und "bösen Linken" zeichnen und sich somit auf AfD-Niveau begeben.
Weitere User bezeichneten den Kommentar als "populistisch" und kritisierten, dass der Polizeiwissenschaftler die Darstellungen des Journalisten zuvor widerlegt habe.
Die Debatte um die Polizei geht unterdessen weiter. Während die eine Seite rassistische Strukturen und rechtsextreme Tendenzen innerhalb der Polizei als größtes Problem sieht, kritisieren vor allem konservative Politiker die steigenden körperlichen und verbalen Angriffe auf Polizisten. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stefan Müller hatte etwa auf Twitter geschrieben: "Wir haben in Deutschland ein Problem mit Migranten, die keinerlei Respekt vor der Polizei haben." Sie seien angestachelt "von den Rassismus-Diskussionen der letzten Wochen".
Viele prominente Twitter-Nutzer wie Satiriker Michky Beisenherz widersprachen.
Die Polizei in Stuttgart selbst schloss eine politische Motivation aus.
(lau)