Cem Özdemirbild: screenshot ard
Deutschland
Norbert Röttgen sagt, er sei überrascht gewesen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete sitzt am Montagabend in der Runde von "Hart aber fair" und spricht über das Ereignis des Tages: den Verzicht von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer auf die Kanzlerkandidatur und ihren angekündigten Rückzug vom Parteivorsitz.
"Ich selber war vollkommen überrascht und ich habe in Berlin auch keinen getroffen, der nicht völlig überrascht war", sagt Röttgen.
Die Gäste in der Talkshow versuchen, das Ereignis zu analysieren.
Der Parteienforscher Karl-Rudolf Korte stellt eine erste These auf: AKK sei nur eine Übergangschefin gewesen.
Der Politikwissenschaftler zählt die zurückliegenden Parteichefs der CDU auf. Helmut Kohl: lange Regentschaft. Wolfgang Schäuble: kurze Regentschaft. Angela Merkel: lange Regentschaft. AKK: kurze Regenschaft. "Für jeden sei das sehr schwer gewesen", sagt Korte über AKK.
"Hart aber fair": AKKs Fehler vor Monaten
Kristina Dunz, Korrespondentin bei der "Rheinischen Post", sieht den Fehler von Kramp-Karrenbauer, der ihr letztlich das Amt gekostet hat, schon einige Monate zurückliegen: "Ein Fehler, den Frau Kramp-Karrenbauer davor gemacht, der ist ja schon bei dem Parteitag geschehen. "Damals, im November 2019, hatte AKK indirekt die Vertrauensfrage gestellt.
Nachdem sie vor dem Parteitag schon heftig kritisiert worden war, wagte Kramp-Karrenbauer so die Flucht in die Offensive. Sollte die Partei ihr nicht folgen wollen, "dann lasst es uns heute auch beenden, hier und jetzt und heute", sagte sie. Ihre internen Kritiker waren überrumpelt, niemand forderte die Vorsitzende an diesem Tag heraus.
Aber Dunz kritisiert bei "Hart aber fair": AKK habe die Vertrauensfrage "ohne Not" gestellt.
"Das war überflüssig. Sie wäre an diesem Tag von niemandem gestürzt worden."
Kristina Dunz über AKK
Das Problem für AKK: "Wenn man einmal eine Vertrauensfrage gestellt hat, ist das Pulver verschossen." Nach einer Vertrauensfrage komme nur noch der Rücktritt.
Nach dem Chaos in Thüringen habe etwa FDP-Chef Christian Lindner noch diese Chance gehabt, sich erneut des Rückhalts in der Partei zu versichern. AKK nicht mehr, so die These von Dunz, die auch das AKK-Buch "Ich kann, ich will und ich werde" geschrieben hat.
Dann geht es um einen möglichen Nachfolger für AKK: Armin Laschet. Der CDU-Politiker ist Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen und Chef des größten Landesverbandes der CDU.
Özdemir weist "Hart aber fair"-Moderator Plasberg zurecht
SPD-Politiker Thomas Oppermann hatte sich am Montag für Laschet ausgesprochen. "Hart aber fair"-Moderator Frank Plasberg weist Oppermann darauf hin, dass Laschet mit seiner Tätigkeit als Integrationsminister in NRW den Spitznamen "Türken-Armin" bekommen habe. Kann Laschet die Erzkonservativen in der Union abholen? Oppermann antwortet auf diese Frage nicht.
"Wäre Laschet ihr Wunschpartner?", fragt Plasberg dann den Grünen-Politiker Cem Özdemir. Das entscheide die Union, antwortet der. Er habe den Wunsch, dass die Union in der Mitte bleibt. "Alle werden zusammenarbeiten müssen, dass die Union am Ende stark genug ist."
Kristina Dunz stellt bei "Hart aber fair" die These auf, dass AKKs Verhalten auf dem Parteitag im November entscheidend für ihr Schicksal war. Bild: screenshot ard
Dann weist Özdemir Plasberg zurecht. "Ich würde auch den Begriff des Türken-Armin zurückweisen. Das ist ein Kampfbegriff von rechts, das sollten wir als Demokraten nicht unterstützen", erklärt der Grünen-Mann. "Wir brauchen jemanden, der Brücken bauen kann."
Plasberg erwidert nur kurz zwischen den Ausführungen Özdemirs: "Das, was ich gesagt habe." Und meint damit wohl, dass er den Spitznamen für Laschet nur anführen wollte als Zeichen, wie dieser beim rechten Flügel der CDU ankommt.
"Hart aber fair": Wie lange dauert die Suche nach einem Parteichef?
Eine langwierige Hängepartie muss vermieden werden bei der Suche nach einem Nachfolger für AKK, da sind sich die Gäste einig. Bemerkenswert ist da ein Satz von Norbert Röttgen.
Der CDU-Politiker stellt klar: "Diese Frage muss deutlich vor der Sommerpause entschieden werden. Wir müssen das zügig angehen und keinen langen Kaugummi daraus ziehen."
AKK möchte am bisherigen Zeitplan festhalten und die Kanzlerkandidatur erst bei einem Parteitag im Dezember entscheiden.
Aber auch Oppermann, der als SPD-Politiker so seine Erfahrung mit langwierigen Parteichef-Castings hat, empfiehlt: "Die Union sollte möglichst schnell diesen Prozess klären."
(ll)
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