Zwei Interviews. Zwei AfD-Spitzenpolitiker. Zwei Mal zeigen hohe AfD-Funktioniere, was sie von einer freien Presse halten.
Spoiler: Nicht allzu viel.
Der AfD-Fraktionschef und Bundessprecher Alexander Gauland stand zwar der ARD in einem Sommerinterview Rede und Antwort, den Fragen der Zuschauer im Anschluss aber wollte er sich nicht stellen. Während des Interviews fragte die Moderatorin Tina Hassel nach den Gründen. Und die Antwort ließ tief blicken. Gauland erklärte, er hätte gerne im Vorfeld die Fragen gewusst.
"Ich wollte gern wissen, was es für Fragen sind", sagte Gauland mit einer bemerkenswerten Selbstverständlichkeit. Und weiter: "Die wurden von ihnen beziehungsweise ihren Mitarbeitern nicht vorher gesagt. Und dann muss ich das nicht mitmachen."
Ein erstaunliches Verständnis. Denn: Dass Journalisten die Fragen Politikern im Vorfeld nicht mitteilen, ist eigentlich selbstverständlich. Offenbar nicht für den AfD-Politiker. Die ARD-Journalistin Tina Hassel weist Gauland dann auch darauf hin, dass keiner der anderen Sommerinterview-Teilnehmer die Fragen der Zuschauer vorher bekommen habe. Es sei also auch eine Frage der Gleichbehandlung.
Auch Gaulands Freund Björn Höcke gab den Kollegen vom ZDF ein Interview. Als der Journalist mit diesem über dessen Demokratieverständnis reden wollte, griff Höckes Pressesprecher plötzlich ein. Die Fragen über die Überschneidungen von Höckes Sprache mit NS-Terminologie hätten den thüringischen Spitzenkandidaten der AfD zu sehr emotionalisiert und deswegen müsse man das nochmal drehen.
Höckes Pressesprecher im Wortlaut: "Ich würde sagen, das sollten wir einfach wiederholen. Das geht so nicht. Das geht so nicht. Sie haben jetzt Herrn Höcke mit Fragen konfrontiert, die ihn stark emotionalisiert haben. Diese Emotionen, glaube ich, sollte man so nicht im Fernsehen bringen."
Höcke war nach eigenen Aussagen davon ausgegangen, dass es in erster Linie um den Landtagswahlkampf gehen würde. Eine Wiederholung lehnte der ZDF-Redakteur ab. Und die wäre auch absolut unüblich.
Zur Erinnerung: Es nennt sich freie Presse. Wenn Politikern die Fragen nicht passen, steht es ihnen frei, zu antworten – oder eben nicht.
Wie sich AfD-Politiker "echten" Journalismus vorstellen, lässt sich an einem Talk-Format mit Hans-Herrmann Gockel ablesen. Der war mal Journalist, erst bei Sat.1, dann bei N24 und macht regelmäßig den sogenannten Europa-Talk mit AfD-Chef Jörg Meuthen. Gockel tritt darin als wohlmeinender Stichwortgeber auf, AfD-Positionen werden unkritisch abgefragt, AfD-Thesen wiederholt oder gleich selbst aufgestellt. Zusammengefasst: Moderator und Meuthen sind sich im Grunde einig über den für ungut befunden Zustand der Demokratie. Ein Frage-Antwort-Ping-Pong, bei dem es um die Bestätigung der eigenen Sicht geht. So aber funktioniert kritischer Journalismus nicht.
Daran ist die AfD offenbar auch gar nicht interessiert. Das zeigen die zwei jüngsten Beispiele. Gauland und Höcke zeigen darin ihr sehr eigenwilliges Verständnis von freier Presse – und letztlich von Demokratie insgesamt.
(ts)