Geht es nach der Wohnungswirtschaft und einem Kommunalverband, sollte bei einem Gasmangel die Mindesttemperatur in Wohnungen gesenkt werden können. Aber auch eine Bundesbehörde schlägt dies vor. Die Reaktion der Bauministerin auf den Vorstoß ist eindeutig.
In der Debatte um mögliche Gasengpässe in Deutschland hat sich Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) gegen niedrigere Mindesttemperaturen für Wohnungen ausgesprochen. "Gesetzlich verordnetes Frieren halte ich für unsinnig", sagte Geywitz der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schließt als Konsequenz auf gesenkte Gaslieferungen durch Russland auch gesetzliche Maßnahmen zu Energie-Einsparungen nicht aus. "Wenn die Speichermengen nicht zunehmen, dann werden wir weitere Maßnahmen zur Einsparung, zur Not auch gesetzlich, vornehmen müssen", sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag in den ARD-"Tagesthemen".
Auf die Frage, ob das auch die Herabsetzung der vorgeschriebenen Mindesttemperatur in Wohnungen sein könne, antwortete Habeck, "damit haben wir uns noch nicht intensiv auseinandergesetzt. Wir werden uns alle Gesetze, die dort einen Beitrag leisten, anschauen". Neben der Bundesnetzagentur haben die Wohnungswirtschaft sowie der Städte- und Gemeindebund niedrigere Vorgaben zu Mindesttemperaturen in Wohnungen gefordert, um auf Engpässe reagieren und Gas sparen zu können.
Der russische Energieriese Gazprom hat seine Gaslieferungen nach Deutschland durch die wichtige Ostseepipeline Nord Stream 1 deutlich reduziert. Damit vor dem Hintergrund des russischen Kriegs in der Ukraine Gas möglichst in großem Umfang gespart werden kann, hatte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, auch die Absenkung von Vorgaben zum Heizen vorgeschlagen. Vermieter sollten die Heizungsanlage während der Heizperiode nicht mehr auf mindestens 20 bis 22 Grad hochstellen müssen, sondern die Vorgaben könnten zeitweise sinken, so Müllers Vorschlag.
Geywitz erwiderte: "In der Rechtsprechung sind 20 Grad Minimum festgelegt." Alles darunter könne sogar gesundheitsgefährdend sein und sei auch gebäudetechnisch zu kurz gedacht. Die Debatte führe ins Leere, weil mit einer Novellierung der Heizkostenverordnung Anfang Januar bereits monatliche Informationen über den Verbrauch an die Mieter gehen würden. "Sie können ihren Verbrauch also regelmäßig überprüfen und tun das allein auf Grund der Preise doch schon zunehmend", sagte Geywitz.
Mehr Sinn als eine sinkende Mindesttemperatur machten die bereits bestehenden praktischen Informationen von Verbraucherzentralen und Bundesregierung. "Zum anderen müssen wir auch bei denen an die Tür klopfen, die die Heizungsanlagen im Blick haben, also zum Beispiel Hausmeister", sagte Geywitz. Die Ministerin kündigte an: "Da werden wir gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft etwas bereitstellen."
Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) forderte bei einem Gasmangel eine Absenkung der Mindesttemperatur in den Wohnungen um bis zu sechs Grad Celsius: "Sollten die Gaslieferungen nach Deutschland künftig weiter deutlich eingeschränkt werden und es zu einer Mangelsituation kommen, sollte der Rechtsrahmen so angepasst werden, dass weitere Absenkungen der Mindesttemperatur auf eine maximale Untergrenze von 18 Grad tagsüber und 16 Grad nachts möglich werden", hatte GdW-Präsident Axel Gedaschko den Zeitungen der Funke-Mediengruppe gesagt.
Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen, um als Konsequenz aus gedrosselten russischen Gaslieferungen die Einsparung von Energie zu erleichtern. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg wies in der "Rheinischen Post" (Freitag) darauf hin, dass Vermieter verpflichtet seien, eine Temperatur von mindestens 20 Grad zu gewährleisten. "Das muss geändert werden. Auch eine Wohnung mit 18 oder 19 Grad kann noch gut bewohnt werden, und dieses vergleichsweise kleine Opfer sollten alle mittragen können", sagte Landsberg.
Wenn die Lage sich weiter zuspitze, was nicht auszuschließen sei, sollten in den Kommunen "konkrete Einsparpläne" entwickelt werden, forderte Landsberg. Konkret nannte er etwa die Absenkung der Temperaturen in den Verwaltungsgebäuden, die Reduzierung der Temperatur in Schwimmbädern, möglicherweise auch die zeitweise Schließung einzelner Einrichtungen. Umgekehrt müsse auch festgelegt sein, wo eine Temperaturabsenkung nicht möglich sei, etwa in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.
Landsberg forderte, die Anstrengungen auch regelmäßig an die Bürger zu kommunizieren: "Wir kommen nur gemeinsam durch die Krise, das heißt die Menschen müssen das Mittragen." Habeck sagte, derzeit seien die Gasspeicher zu 56 Prozent gefüllt. Das sei überdurchschnittlich gut, reiche aber nicht. "Wir können nicht mit 56 Prozent in den Winter gehen. Da müssen die voll sein. Sonst sind wir wirklich offen", sagte der Minister. Die Lage sei ernst, die Versorgungssicherheit aktuell aber gewährleistet.
Habeck appellierte erneut an Unternehmen und Bürger, Energie und Gas zu sparen. Mit Blick auf die russischen Lieferkürzungen sprach Habeck von einem Muster, das über die vergangenen Wochen erkennbar sei. So agierten Diktatoren und Despoten, sagte er. Dies sei eine Kraftprobe zwischen westlichen Alliierten und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
(dpa/fw)