Für Höcke und Kalbitz kommt von oben gerade nur Kritik.Bild: imago/ Christian Ditsch
Deutschland
19.03.2020, 17:2419.03.2020, 18:57
Mehrere Spitzenfunktionäre
westlicher AfD-Landesverbände haben den Bundesvorstand der Partei
aufgefordert, dem vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften
"Flügel" Einhalt zu gebieten. Auch Ordnungsmaßnahmen gegen den
"Flügel"-Gründer und Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke und den
zweiten "Flügel"-Frontmann, Brandenburgs AfD-Chef Andreas Kalbitz,
sind im Gespräch. Der Landesvorstand der AfD in Nordrhein-Westfalen
dringt sogar auf eine vollständige Auflösung der informellen
Vereinigung, die nach Schätzungen des Verfassungsschutzes rund 7000
Anhänger hat.
Die Auflösung des "Flügels" und weitere Maßnahmen seien geeignet,
"wieder Ruhe in unsere Partei einkehren zu lassen und die bereits
begonnene Austrittswelle zu stoppen", heißt es in einem Brief, den
der NRW-Landesvorsitzende Rüdiger Lucassen am Mittwoch an die beiden
Parteichefs, Jörg Meuthen und Tino Chrupalla, schickte. Lucassen fordert zudem, die Protagonisten des "Flügels" hätten sich "vorbehaltlos in Diktion und Duktus den Zielen und der Programmatik der AfD unterzuordnen".
Der "Flügel" steht unter Beobachtung
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte den "Flügel" in der
vergangenen Woche zum Beobachtungsfall im Bereich Rechtsextremismus
erklärt. Die Mehrheit der AfD-Funktionäre ist zwar der Auffassung,
das Bundesamt für Verfassungsschutz werde "politisch
instrumentalisiert", um der AfD zu schaden. Dennoch wächst die Kritik
an Kalbitz und Höcke.
Der Bundesvorstand will sich am kommenden Freitag in Berlin treffen – ungeachtet der Coronavirus-Krise. Es heißt, auch der
Ehrenvorsitzende Alexander Gauland wolle kommen. Dann soll dem
Vernehmen nach darüber beraten werden, wie die Partei auf die jüngste
Entscheidung des Verfassungsschutzes reagieren sollte. Ob dann direkt
schon ein Beschluss gefasst wird, ist aber noch offen.
"Eine harte Ordnungsmaßnahme" für Höcke und Kalbitz
Der rheinland-pfälzische AfD-Fraktionschef Uwe Junge will, dass
dann auch eine Rede Höckes bei einem "Flügel"-Treffen in
Sachsen-Anhalt zur Sprache kommt. Außerdem thematisiert Junge in dem
Brief an die Parteivorsitzenden einen Bericht des "Spiegel" zu einer
früheren Mitgliedschaft von Kalbitz in der "Heimattreuen Deutschen
Jugend" (HDJ), die dieser bestreitet. Die Gruppierung war 2009
verboten worden. Das Bundesinnenministerium erklärte damals, die HDJ
versuche, Kindern und Jugendlichen in Ferienlagern nationalsozialistische und rassistische Ideen einzuimpfen. Die Gruppierung steht auf der sogenannten Unvereinbarkeitsliste der AfD. Das bedeutet: Wer dort Mitglied war, darf in der AfD nicht aufgenommen werden.
Junge in einem internen Parteischreiben:
"Ich erhalte aus allen Teilen des Landes empörte Meldungen und die unübersehbare Bereitschaft die Partei zu verlassen, wenn jetzt nicht entschlossen reagiert wird."
Er erwarte
"eine harte Ordnungsmaßnahme gegen Höcke und die Löschung der
Mitgliedschaft von Kalbitz wegen falscher bzw. lückenhafter Angaben
bei Eintritt". Die "herabwürdigenden Aussagen von Björn Höcke
gegenüber den innerparteilichen Kritikern" seien unerträglich.
Zuvor hatte in der AfD eine Videoaufnahme die Runde gemacht, die
eine Ansprache Höckes bei einem Treffen von "Flügel"-Mitgliedern aus
Sachsen-Anhalt am 6. März zeigt. Darin ist zu hören, wie er sagt:
"die nicht in der Lage sind, Disziplin zu leben. Die, die nicht in
der Lage sind, das Wichtigste zu leben, was wir zu leisten haben,
nämlich die Einheit, dass die allmählich auch mal ausgeschwitzt
werden sollten."
Höcke selbst hatte am Montag auf seiner Facebook-Seite erklärt:
"In bösartiger Art und Weise wird mir mit Hilfe eines kleinen
Filmausschnittes unterstellt, ich hätte Wortspiele mit einem
Vernichtungslager gemacht. Das ist infam."
AfD-Bundesvorstandsmitglied Alexander Wolf sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland über den "Flügel"-Frontmann Höcke: "Björn Höcke ist der
König der Eigentore. Allzu viele Äußerungen von ihm haben der Partei
in den vergangenen Jahren geschadet - und machen die Partei für viele
im Westen unwählbar."
(joey mit dpa)
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