Ein Jahr nach dem Beschluss des Konjunkturpakets zur Linderung der Corona-Folgen hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eine positive Bilanz der Maßnahmen gezogen. Mit einem umfassenden Programm habe die Bundesregierung dafür gesorgt, "dass hunderttausende, vermutlich deutlich mehr als eine Million Arbeitsplätze, erhalten und gesichert werden konnten", sagte Altmaier am Donnerstag. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und der FDP-Fraktionsvize Christian Dürr zogen hingegen eine kritischere Bilanz.
Mit einem Umfang von rund 300 Milliarden Euro habe es sich um das "größte Konjunkturprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik" gehandelt, sagte Altmaier. Das vor einem Jahr verabschiedete Paket hatte einen Umfang von rund 130 Milliarden Euro. Mit den Maßnahmen sei es gelungen, "schweren und irreversiblen Schaden von der deutschen Wirtschaft abzuwenden".
Deutschland habe die Rezession besser überstanden, "als von fast allen erwartet wurde". Das Wachstum sei weniger stark eingebrochen als in anderen Ländern, Deutschland und seine Wirtschaft habe "das Schwerste Gott sei Dank hinter sich", sagte Altmaier. Er rechne im laufenden Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 3.5 Prozent, sogar vier Prozent halte er für möglich.
Für die kommenden Monate forderte Altmaier einen "verantwortlichen Mix von Instrumenten". Die Corona-Hilfen sollten über den 30. Juni hinaus verlängert werden, ob bis Ende des Jahres oder lediglich bis Ende September solle in der nächsten Woche beschlossen werden. Altmaier zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Bundesregierung auf eine entsprechende Regelung einigen könne. Voraussetzung für eine Inanspruchnahme der Hilfen für Unternehmen soll laut Altmaier ein dreißigprozentiger Umsatzrückgang sein.
Es gelte nun, ein "verantwortliches Phasing-Out" der Corona-Hilfen zu organisieren. "Wir sind eine soziale Marktwirtschaft und die Betonung liegt auf Markt", sagte der Wirtschaftsminister. Wer die Rückkehr zur Schuldenbremse und zu "jahrelanger solider Finanzpolitik" aussetzen wolle, der mache "einen schweren Fehler".
Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zog eine positive Bilanz der Konjunkturmaßnahmen. "Dadurch, dass wir dieses viele Geld eingesetzt haben, ist es gelungen, die Wirtschaft zu stabilisieren", sagte Scholz im ZDF-"Morgenmagazin" am Donnerstag. Er zeigte sich zugleich optimistisch, dass die Schulden ähnlich wie nach der Finanzkrise 2008/2009 nach zehn Jahren abgebaut werden könnten.
Vorwürfe, es seien vor allem große, börsennotierte Unternehmen gerettet worden und viele andere kleine nicht, wies Scholz zurück. Mit Blick auf Großunternehmen fügte er hinzu, es sei dafür gesorgt worden, dass bei staatlicher Unterstützung keine Boni gezahlt und keine Dividenden ausgeschüttet werden dürften.
Auf der anderen Seite seien laut Scholz durch die Kurzarbeiterregel mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze gerettet worden. Scholz räumte ein, einige Unternehmen hätten "wenig Sensibilität" gezeigt, als sie die rechtlichen Regelungen ausnutzten, "um hohe Gewinne auszuschütten". Trotzdem sei es richtig, "dass wir dieses viele Geld eingesetzt haben".
Der FDP-Fraktionsvize Dürr zeigte sich überrascht von der positiven Bilanz der Bundesminister. "Viele Unternehmer wissen noch nicht, ob sie die nächsten Monate überstehen", sagte Dürr der Nachrichtenagentur AFP. "Statt die Menschen zu entlasten, wurden Unmengen an Hilfszahlungen ins Schaufenster gestellt, die am Ende doch nicht angekommen sind". Von Maßnahmen wie der Mehrwertsteuersenkung hätten nicht die Bürger profitiert, "sondern Konzerne wie Amazon".
Das arbeitgebernahe IW zog eine durchwachsene Bilanz, das Konjunkturpaket hätte "weniger Wumms als versprochen" gehabt. Einzelne Maßnahmen des Pakets hätten zwar durchaus die erhoffte Wirkung gezeigt. Die Verlustverrechnung für Unternehmen hätte jedoch großzügiger ausgestaltet werden müssen, außerdem profitierten von der Senkung der Mehrwertsteuer Versandhändler deutlich stärker als der Einzelhandel.
(om/afp)