Er fordert eine bundesweit einheitliche Maskenpflicht: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.Bild: imago images / Sven Simon
Deutschland
19.10.2020, 15:1119.10.2020, 15:52
CSU-Chef Markus Söder hat unter dem Eindruck
rasant steigender Infektionszahlen eine bundesweit einheitliche
Maskenpflicht für Regionen mit vielen Corona-Fällen verlangt – in
Schulen, auf öffentlichen Plätzen und auch am Arbeitsplatz.
Grundsätzlich sprach sich der bayerische Ministerpräsident dafür aus,
dem Bund mehr Rechte beim Infektionsschutz einzuräumen. "Ich bin ein
überzeugter Föderalist, aber ich glaube, dass der Föderalismus
zunehmend an seine Grenze stößt", sagte er am Montag vor einer
Schaltkonferenz des CSU-Vorstands in Nürnberg.
Söder: Maskenpflicht auch am Arbeitsplatz, wenn Mindestabstand nicht eingehalten werden kann
"Wir brauchen eine allgemeine Maskenpflicht national", sagte
Söder. Bei mehr als 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen
sieben Tagen solle eine Maskenpflicht auf stark frequentierten
öffentlichen Plätzen und in Schulen gelten, in Grundschulen und
Horten ab der Marke 50. Und: Söder forderte bei einer
Sieben-Tage-Inzidenz von 35 eine bundesweite Maskenpflicht auch am
Arbeitsplatz, wenn Mindestabstände nicht eingehalten werden können.
Zudem solle der Rest der Länder dem bayerischen Beispiel folgen und
etwa auch die Sperrstunde für Lokale schon um 22.00 Uhr verhängen,
wenn eine 7-Tage-Inzidenz von 50 erreicht ist.
Die Ministerpräsidenten der Länder hatten sich mit Kanzlerin
Angela Merkel (CDU) zuletzt bereits auf eine schrittweise Ausweitung
der Maskenpflicht in Corona-Hotspots verständigt. Demnach soll
spätestens bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 35 "eine ergänzende
Maskenpflicht im öffentlichen Raum dort eingeführt werden, wo
Menschen dichter und/oder länger zusammenkommen". Bei einem Wert von
50 soll die Maskenpflicht nochmals erweitert werden. Wo und wie
genau, hatte der Beschluss aber offen gelassen, das müssen die Länder
regeln.
Söder spricht sich für mehr Entscheidungsrechte für Bund aus
Söder sprach sich auch dafür aus, mehr Rechte der Bundesländer
auf den Bund zu übertragen, um einen einheitlichen Rahmen im Kampf
gegen Corona zu ermöglichen. Dazu sei es weniger wichtig,
Ausnahme-Befugnisse zu verlängern, stattdessen müsse das
Infektionsschutzgesetz novelliert werden. "Wir können nicht auf Dauer
die gesamte Wirksamkeit der Corona-Maßnahmen nur der
Verwaltungsgerichtsbarkeit übergeben", sagte Söder. Er sei auch
bereit, über nationale Sperrstunden-Regelungen zu reden. Dies gehe
aber nicht in herkömmlichen parlamentarischen Debatten, sondern müsse
schneller erfolgen. Geschwindigkeit sei wichtig.
Bislang sei Deutschland ohne einen neuen Lockdown ausgekommen,
sagte Söder. Wenn dies so bleiben solle, müsse man nun "ernsthaft
gemeinschaftliche Maßnahmen ergreifen". "Entweder schaffen wir es, in
den nächsten vier Wochen wieder die Zahlen unter Kontrolle zu
bekommen - oder es wird sehr schwierig", sagte der Ministerpräsident
nach Teilnehmerangaben in der Schalte des CSU-Vorstands. "Dann wird
es ein einsames Weihnachten."
Söder warnt: Lockdown-Vorstufe schnell erreicht
Wenn es nicht gelinge, die Infektionszahlen zu drücken, könnten
Kontakte nicht mehr nachverfolgt werden. Und wenn Kontakte nicht mehr
nachverfolgt werden könnten, brauche es am Ende
Kontaktbeschränkungen. "Das ist dann die Vorstufe eines Lockdowns",
warnte er. Den wolle keiner. "Aber wir nähern uns dieser Situation
wieder mit großen Schritten in ganz Deutschland."
Um den Kampf gegen die Pandemie wirksam zu führen, brauche es
auch mehr Einheit der politischen Kräfte. Es gebe nicht nur die AfD,
sondern auch andere politische Kräfte, "die tagtäglich versuchen, die
gesamten Maßnahmen zu relativieren und die Bevölkerung nahezu
aufrufen, nicht mitzumachen", sagte Söder. Unter anderem hatte
zuletzt der FDP-Vorsitzende Christian Lindner erklärt, man solle die
Corona-Lage "nicht überdramatisieren".
Söder sieht dagegen eine extrem schwierige Situation auf
Deutschland zukommen. Die Lage sei ernster als im Frühjahr, unter
anderem, weil der Winter vor der Tür stehe und ein Ausweichen ins
Freie schwieriger sei. Politisch habe es bei der ersten Pandemiewelle
"viel mehr Einigkeit, viel mehr Rückendeckung" gegeben, sagte er.
"Der gesamte Erfolg der Corona-Pandemiewelle wird nicht definiert
durch Verordnungen oder Bußgelder, sondern ganz entscheidend von der
Bereitschaft der Bevölkerung, mitzumachen", sagte Söder. "Wir wollen
keinen zweiten Lockdown - aber ein zweiter Lockdown ist
denkbar."
(vdv/dpa)
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