Nach der Großrazzia in der Reichsbürger:innen-Szene im vergangenen Dezember ist die Situation jetzt bei einer weiteren Razzia im baden-württembergischen Reutlingen eskaliert. Die Razzia fand zeitgleich in acht deutschen Bundesländern und der Schweiz statt.
Ein Beamter eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) wurde dabei in Reutlingen angeschossen und am Arm verletzt. Der Schütze wurde festgenommen und ist in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen des Verdachts des mehrfachen versuchten Mordes.
Politiker:innen der Ampel-Parteien haben nun vor Bedrohungen durch die Szene gewarnt: "Wir haben es nicht mit harmlosen Spinnern zu tun, sondern mit gefährlichen Extremisten, die von gewaltsamen Umsturz-Fantasien getrieben sind und viele Waffen besitzen", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Auch eine neue Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) kommt zu dem Schluss, dass Personen aus dem Reichsbürger:innen-Milieu und deren Sympathisant:innen ein deutlich erhöhtes Gewaltpotenzial im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt hätten.
Und nicht nur das. Auch ein anderes Ergebnis der Studie ist alarmierend: Jede:r 20. Deutsche hat eine Nähe zu den Positionen der Reichsbürger:innen. Besonders die Anhängerschaft einer Partei sticht in der Gruppe der Sympathisant:innen hervor.
Dabei handelt es sich um die Wählerschaft der AfD – oder um Menschen, die mit der rechtsaußen Partei sympathisieren. Und nicht nur der Reichsbürger:innen-Szene stehen die Anhänger:innen der Partei überdurchschnittlich nahe. Auch andere Verschwörungsideologien verfangen sich laut Studienergebnissen in dieser Gruppe besonders.
Genauso wie die Zustimmung zu ausländerfeindlichen Einstellungen. "Damit unterscheiden sich die AfD-Anhängerinnen und -Anhänger deutlich von allen anderen Parteianhängerschaften", macht die KAS deutlich.
Bei der Razzia im vergangenen Dezember wurde eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete, Birgit Malsack-Winkemann, festgenommen. Auch der aktuelle Einsatz steht im Zusammenhang mit den Durchsuchungen und Festnahmen im vergangenen Jahr.
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft hat sie im Zuge dieser Ermittlungen neben den bisher 25 Hauptverdächtigen fünf neue Beschuldigte im Visier. Gegen sie bestehe der Verdacht der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, die das politische System in Deutschland stürzen wollte.
Die fünf neuen Beschuldigten kommen aus Bayern, Niedersachsen, Sachsen und der Schweiz. Daneben wurden am Mittwoch die Räumlichkeiten von 14 weiteren Personen durchsucht, die nicht als verdächtig gelten. Unter ihnen sind nach Informationen aus Sicherheitskreisen ein Polizist und ein Angehöriger der Bundeswehr. Weitere Festnahmen gab es laut Bundesanwaltschaft nicht.
Generalbundesanwalt Peter Frank sagte am Mittwoch, die Ermittlungen würden einige Zeit in Anspruch nehmen, in zwei, drei Monaten sei noch mit keiner Anklage zu rechnen.
(Mit Material der dpa)